Sonntag, 5. November 2017

Buchreview "Under Fire" T. Clancy, G. Blackwood

Grant Blackwood statt Tom Clancy. STAATSSTREICH FÜR DIE DEMOKRATIE! Jack Ryan jr. befindet sich gerade in Teheran, als sein ältester Freund Seth, der angeblich als Berater für Ölförderanlagen arbeitet, plötzlich verschwindet. Die Spur führt Jack in die russische Republik Dagestan. Dabei gerät er immer tiefer in ein Verwirrspiel zwischen CIA, MI6 und russischem Geheimdienst. Muss Jack sein Land verraten, um seinen Freund zu retten? Der neue große Fall für Jack Ryan.

Jack Ryan jr. gammelt im Auftrag der US-Regierung und des Campus in einem Straßen-Cafe in Teheran herum und schaut sich die Umgebung an. Sein Job scheint nicht schwer, soll er doch nur live und in Farbe sehen, wie sich die neue und gemäßigte Führung des Iran im Alltag bemerkbar macht. Scheint alles zu passen, wenn man bedenkt, dass er die Zeit findet, einige unverschleierte junge Damen im Auge zu behalten. Völlig unerwartet setzt sich dann Seth zu ihm, der wie gewohnt einen verabredeten Zeitpunktzu einem Treffen bestenfalls für einen nebensächlichen Vorschlag hält. Nach etwas Geplänkel macht er auf mysteriös, erzählt etwas von einer Wohnung und der Kühltruhe und verschwindet. Dann findet Jack jr. neben seiner Tasse einen Schlüssel für eine Wohnung, die sein Kumpel im Gespräch erwähnt hatte. Also begibt er sich dahin, wird von irgendwelchen Typen einkassiert, von einer Frau - Ysabel - befreit und in eine Sache hineingezogen, die weit größer ist, als er bei seinem Besuch in Teheran erwartet hat. Plötzlich hat er eine Freundin und Kollegin von Seth am Hals, der weiterhin verschwunden bleibt, muss sich mit gemeinsam aktiven Agenten Englands und Amerikas herumärgern, während in Schottland vier undurchsichtige Figuren eine Studentin entführen wollen. Erst erwischen sie die falsche Frau, doch den Fehler korrigieren sie bald. Und während Jack jr. nun mit den Agenten am Hacken nach Seth sucht und dabei immer weiter Richtung Russland reist, weist sich auch, wie diese Entführung mit seiner Mission zusammenhängt.

Hab ich zuletzt auf Massenwarenanbieter David Baldacci rumgehackt, ist jetzt leider auch dieses Buch fällig. Tom Clancy hat zwar auch schon zu Lebezeiten, als die Gesundheit nachließ und die leichte Arbeit an Ideen für diverse Reihen, die andere Autoren dann schreiben sollten, mit Co-Schreibern gewerkelt, aber in den letzten Jahren wird die "Marke Clancy", wie der Verlag das bezeichnet, ebenso verhunzt, wie das berühmte "Made in Germany". In beiden Fällen kann man sich hier auf Qualität nicht mehr verlassen. Leser der ersten Stunde weden hier gleich zweimal veräppelt: 1. ist es kein Clancy und 2. auch kein Jack Ryan, wie auf dem Buchrücken vermerkt, was an den früheren Helden erinnern soll, sondern nur die Allerweltsfigur Jack Ryan jr., der wohl dazu dient, die Reihe unbeschadet fortzuführen und noch weiter Kohle zu machen, indem man sich jüngeren Lesergenerationen anbiedert und die Ausarbeitung und schriftstellerischen Anforderungen heutigen (Bildungs-)Standards anpasst. Mal abgesehen davon, dass dieser Staatsstreich selbst im Clancy-Universum nicht gerade neu ist, wird hier wieder das typische amerikanische Verständnis von Demokratie zelebriert. Mit List, Tücke und auch Gewalt werden unliebsame Nationen und deren Führer demokratisiert. Afrika und Südamerika, Mittelamerika oder Irak können ein Lied davon singen, wie das vonstatten geht. Da werden Aufstände organisiert, Rebellengruppen unterstützt, um dann einen Despoten an die Macht zu bringen, der Amerika dann zwar hörig ist, aber so demokratiekundig ist wie ich mit Einsteins Erkenntnissen. So werden dann auch die Figuren gezeichnet. Hier die netten Amis, deren freundliche Verbündeten und dort die bösen Feinde. Abgrundtief hässliche und rücksichtslose Figuren. Der russische Präsident heißt hier Worodin, ist aber klar erkennbar Putin nachempfunden - dem Putin, wie Amerika ihn sieht. Dass der sich mittlerweile gegen die immer enger werdende Schlinge der kommerzialisierten äh demokratisierten Ex-Republiken und die damit einhergehende Demütigung um und für sein Land wehrt, ist klar. Sieht nur niemand so. Figuren und auch Inhalt sowie Dialoge lassen immer wieder Erinnerungen an die früher als Groschenhefte (davon sind sie ja jetzt auch weit weg) bezeichneten leichten Lektüren der Heftromane aufblitzen. Wenn es dann mal wieder heißt "Jack hat auch schon getötet, aber nicht gerne, ihm wurde immer über dabei....", weiß man, wo man gelandet ist. Ein halbes Buch später wird dann schnell mal auf die Verwundeten geschossen, um ihnen endgültig den Garaus zu machen. Billige Anti-Russland-Kampagne auf recht hohem Verblödungsniveau, das den ganzen Quatsch zum Bodensatz der Reihe macht. Grant Blackwood hat zu Beginn des neuen Jahrtausnds mal eine Trilogie um die figur des Briggs Tanner geschrieben, die den Weg nach Deutschland nie fand, und ist seitdem als Co-Autor aktiv. Zu seinen Auftraggebern zählen neben Clancy auch Clive Cussler, James Rollins und James Patterson. Über seine eigenständige Arbeit kann ich leider wenig sagen, die Werke für die Cussler und Rollins hab ich hier, aber ungelesen. Was er aber hier über rund 560 Seiten abliefert ist unterirdisch. Sein Kollege Mark Greaney ist zwar auch in dieses Clancy-Korsett gezwängt, hat aber auch eine eigene Reihe am Start und die ist im Vergleich zu seinen Auftragsromanen echte Actionkost. Natürlich auch America First, aber wenigstens unterhaltsam. Aber von "Under fire" sollte man auf jeden Fall die finger lassen, auch wenn es günsitger als Taschenbuch erscheint oder man die e-Book-Variante wählt. Es taugt einfach nichts.

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