Sonntag, 22. Oktober 2017

Buchreview "Der 47. Samurai" S. Hunter

Stephen Hunter. Der Japaner Philip Yano sucht nach dem Schwert, mit dem sein Vater 1945 in der Schlacht um die Insel Iwojima einen amerikanischen Soldaten erstach. Die Spur führt ihn in die USA zu Bob Lee Swagger - dessen eigener Vater an der blutigen Schlacht beteiligt war. Tatsächlich findet Swagger das Schwert und fliegt nach Tokio, um es dem rechtmäßigen Besitzer zu übergeben. Dabei stellt sich heraus, dass die Waffe von historischer Bedeutung ist. Schnell wird die von Yakuza beherrschte Unterwelt Tokios aufmerksam. Nachdem Swagger die hohe Kampfkunst der Samurai erlernt hat, kommt es zu seinem bisher blutigsten Kampf.

Nach einer Rückblende in den Kampf der Amerikaner um die Insel Iwo Jima, auf der sich die Japaner gut befestigt eingegraben haben und bis zum bitteren Ende kämpfen wollen. Bobs Vater Earl war einer der Marines, die das Gemetzel überlebten - und der von dort ein Schwert mitbrachte, das eine Menge Blut vergossen hatte. In der Gegenwart taucht dann ein Japaner bei Bob und seiner Familie auf, der nach eben diesem Schwert sucht und es erwerben möchte, da es ein wichtiges Erbstück der Familie ist. Bob Lee hat keine Ahnung, wo das Werkzeug eines Kriegers abgeblieben sein könnte, verspricht dem Mann aber, danach zu suchen und es ihm dann zukommen zu lassen, falls er es findet. Nach einigen wenig aufwendigen Recherchen kann er es tatsächlich ausfindig machen und reist damit nach Japan, um sein Versprechen einzulösen. Er freundet sich sogar mit den Leuten an, doch als er abreisen will, sieht er am Flughafen im TV, wie in den Nachrichten verbreitet wird, dass das Haus der Gastgeber abgebrannt sei und niemand überlebt habe. Bis auf das Mädchen Miko, das ihn den Blechmann nannte. Jetzt will Swagger die freundlichen Leute rächen und gleichzeitig dafür sorgen, dass das Kind in sichere Obhut kommt. Durch diesen Entschluss lernt Bob Lee Japan besser und blutiger kennen, als er sich je erträumt hat. 

Wer bisher die Romane um Bob Lee Swagger als feinste Sniper-Action in freudiger Erinnerung hatte, muss sich nun gewaltig umstellen. Keine Lehrstunde mehr über Minution, Entfernung, Windgeschwindigkeit, Tarnen und Schießen. Swagger wird weit aus seiner gewohnten Welt geholt und muss sich in einem fremden Land mit anderen Sitten und Bräuchen zurechtfinden. Daher wird es nach dem gewalttätigen, extrem blutigen und actionreichen Prolog auf Iwo Jima für längere Zeit sehr ruhig und gediegen. Stephen Hunter hat sich zudem recht gut in die Geschichte und Besonderheiten der japanischen Gesellschaft eingearbeitet und kann sich mit den Kenntnissen durchaus mit Eric van Lustbader und seinen Ninja-Romanen messen, bevor dieser zum Lohnschreiber für die Ludlum-Erben wurde. Von den pornographischen Mangas über geduldiges Verhalten und ehrenvolle Anreden bis hin zur Kampfkunst erfährt der Leser zusammen mit Swagger so recht viel Wissenswertes (plus einiges an Fiktion natürlich). Als man Swagger dann eine Kampfausbildung im Schnellverfahren angedeihen lässt, erinnert man sich durchaus schmunzelnd an Scott Glenn in "Wenn er in die Hölle will, lass ihn gehen aka The challenge" und einen Teil seiner Bildung bezieht auch Swagger aus Filmen z. B. die Geschichte der 47 Samurai. Und wie Scott Glenn wird er schwer rangenommen, lernt die Präzision der Schläge von links oben schräg nach rechts unten zwecks Körperteilung, wird mit ihm ungewohnten Übungen fit gemacht, soweit das bei einem 60-Jährigen noch geht. Dieser Teil ist zwar interessant, aber weitgehend actionfrei und mit den gewohnten Aufgaben des Snipers hat es absolut gar nichts zu tun. Dennoch ist "Der 47. Samurai" ein guter Thriller, der stellenweise so richtig das Blut fließen lässt, dass unter den toten Körpern wahre Bäche davon langsam im Frost gerinnen. Und wirklich so ganz nebenbei darf sich Tom Cruise rühmen von Stephen Hunters Bob Lee Swagger wegen seines Versuchs sich mit "The last Samurai" seinen Oscar im Stile eines "..der mit dem Wolf tanzt" zu ergattern als Missetäter an der japanischen Kultur bezeichnet zu werden. Die Unterschiede der Kulturen und vielleicht auch der Versuch, einen Swagger mal abseits der gewohnten Pfade agieren zu lassen, wobei man sich möglicherweise auch an "Yakuza" mit Robert Mitchum und Brian Keith erinnert, waren vermutlich der Grund für dieses Buch - dieses trotz ungewohntem Setting verdammt gelungenem Buch mit rund 505 Seiten. Mehr von Stephen Hunter wird beim FESTA-Verlag kommen.

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