Donnerstag, 21. September 2017

Buchreview "Let the corpses tan aka Lasst die Kadaver bräunen!" J.-P. Manchette und J.-P. Bastide

Jean-Pierre Manchette und Jean-Patrick Bastide. Luce, exzentrische Malerin und Anarchistin, hat einen illustren Kreis in ihrem halbverfallenen Weiler im Süden Frankreichs um sich versammelt. Dazu gesellen sich auch drei Gangster, die in der Nähe einen gepanzerten Geldtransporter überfallen haben und den Weiler für das ideale Versteck für sich und ihre Beute halten. Als dann eher zufällig zwei Dorf-Gendarmen vorbeikommen, kommt es unter der glühend heißen Sonne zu einem irrwitzigen Show-down.

Abgelegen hausen die Malerin und ihr Max in einer eher als Reste-Ruine zu bezeichnenden Hüttenansammlung im trockenen Süden Frankreichs. Dieses sogenannte Dorf hat sich die Malerin nach und nach gekauft und haust dort jetzt mit dem autor Max und ihrem derzeitigen Stechling Brisorgueil, einem Anwalt. Auf dessen Einladung sind drei weitere Männer in diesem schattigen Weiler zugegen. Eines Morgens machen die sich auf, um in der Stadt einzukaufen. Daraus wird dan aber ein brutaler Raubüberfall auf einen Geldtransport. Auf dem Weg zurück zu ihren Gastgebern nehmen sie zwei Frauen und ein Kleinkind mit. Alles scheint wie geplant zu laufen, bis dann zwei Gendarmen auf ihren Motorrädern auftauchen. Und von einem Moment auf den anderen ist die Hölle los. Die eine der Frauen ist die Geliebte von Max und das Kind hat sie bei der Flucht vor ihrem Gatten einfach mitgenommen. Sie wird wegen Entführung gesucht und einer der Gendarmen hat sie erkannt. Aus dem einfachen Fall wird für die Polizisten nun ein Überlebenskampf.

Hardboiled Made in France. Dem Umfang von 190 Seiten merkt man an, dass die Autoren keinen Bedarf hatten, ihr Buch mit irgendwelchen unwesentlichen Mätzchen oder Gefühlsduseleien unnötig aufzupumpen. Der erste Schuss fällt auch schon auf der ersten Seite der Story, ist aber wirklich nicht tödlich. Dann wechselt es schnell zum Überfall und danach wird der Leser mit knappen und kurzen Sätzen in die Welt der Figuren eingeladen. Deren Leben ist genauso karg wie die Umgebung, in die sie sich zurückgezogen haben. Max, Teilzeit-Geliebter der schwer gealterten Künstlerin Luce, die von früheren Zeiten träumt, als sie mit ihrer Kunst, Drogen und wilden Spielen noch auf jeder Party die Größte war, lebt nur noch den Suff der damaligen Abenteuer nach und ist meist zu nix zu gebrauchen. Der Anwalt ist das, was man sich unter einem Schmierlappen vorstellt, aber was anderes wird die Künstlerin nicht mehr abkriegen. Also lässt sie sich immer wieder auf lebensgefährliche Spielchen ein. Die drei Gangster Gros, Jeannot und Rhino sind ein solches. Genau richtig für eine abgetakelte Fregatte im Mid-Winter des Lebens. Und daraus entwickelt sich zusammen mit den hinzugekommen Frauen und Kind sowie den Gendarmen ein grausames Stück hemmungsloser Gewalt, in der jeder gegen jeden kämpft und man einen strahlenden Helden oder eine positive Identifikationsfigur vergeblich sucht. Dafür findet man etliche Pseudo-Intellektuelle, die sich später dann als absolute Nullen erweisen, also etwas, das man in der heutigen Zeit im Überfluss geboten bekommt und die Gier der kapitalistischen Elite mit ihrer Korruption um Polizei und Politik. Letztere werden hier nicht zum Grundthema sondern nur kurz gestreift, ziehen sich aber durchs gesamte Werk von Jean-Patrick Manchette wie man auch in "Position: Anschlag liegend" (verfilmt mit Sean Penn) lesen kann. "Lasst die Kadaver bräunen!" ist ein "Polar", ein Roman, in dem die Figuren, denen eh schon freundliche und einnehmende Züge fehlen in die Falle tappen und nach zunehmender Härte und kompromisslosem Druck ein nicht wirklich freundliches Ende nehmen. Und dieser "Polar" zieht sich durch alle Werke des Jean-Patrick Manchette. Das Buch wird übrigens bald unter dem Titel "Let the corpses tan" in die Kinos kommen.                  

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