Dienstag, 12. September 2017

Buchreview "The Gray Man - Unter Beschuss" M. Greaney

Mark Greaney. Vor vier Jahren wurde Court Gentry, der Gray Man, von seinen Kontaktleuten bei der CIA verraten - seitdem schlägt er sich als privater Auftragskiller durch. Doch die jüngste Mission stellt ihn vor eine schwierige Aufgabe: Sein Kunde, ein russischer Waffenhändler, fordert den Kopf des sudanesischen Präsidenten Abbud, der für die Völkermorde in Darfur verantwortlich ist. Seine früheren Chefs setzen Gentry dagegen unter Druck, den Politiker an den Internationalen Gerichtshof auszuliefern. Gentrys Gewissenskonflikt muss warten, als ein Gegner aus der Vergangenheit auftaucht und sein Leben bedroht.

Nachdem sich Court Gentry mit Sir Donald Fitzroy überworfen hatte, ist er nun auf dem freien Markt tätig. Dass er sich dabei noch nicht von den zuletzt erlittenen Verletzungen erholt hat, hindert ihn nicht daran. So bekommt er ein Angebot des Russen "Sid" Sidorenko und hat ihm seine Bedingungen diktiert. Die Jobs müssen moralisch "vertretbar" sein. Das bringt ihm eine Reise nach Dublin ein, wo er einen Mann aus dem Verkehr ziehen soll, der in Kneipen als Drummer einer Band aktiv ist. Dort angekommen inspiziert er die Umgebung und legt sich dann einen Plan zurecht, den er ausführen will. Und macht prompt einen Fehler. Das Zielobjekt entdeckt ihn nicht nur, sondern hetzt ihm gleich zwei Schläger auf den Hals. Er räumt sie aus dem Weg und findet den Mann dann bei dem zu Hause. Nach kurzem Kampf fällt die Entscheidung - bis der Mann etwas mitteilt, womit Gentry nicht gerechnet hat. Zurück aus Dublin erhält er den Auftrag, den Präsidenten von Sudan erledigen, der den Völkermord dort aktiv unterstützt. Scheint moralisch vertretbar zu sein, auch wenn es im zweiten Punkt darum geht, den Russen ein riesiges Ölfeld bei Darfur zu sichern, das der Präsident den Chinesen verkauft hat. Zudem wird er von den Amis mal kurz überwältiugt und aufgefordert, den Präsidenten nach Europa vor den Internationalen Gerichtshof zu bringen. Nun sitzt er zwischen zwei Stühlen. Schon der Plan, Gentry ins Land zu bringen, wird bald auf eine harte Probe gestellt. Denn seine Transportmaschine und er fallen einer Anwältin der Europäer auf, die dann auch noch all seine Vorbereitungen sabotiert. Aus der einfachen Reise zu seinem Ziel wird eine Abenteuerfahrt mit Hilfstruppen aus aller Welt durch das karge Land des Sudan. Überfälle und Explosionen können ihn aber nicht daran hindern, sich um seinen Job zu kümmern.

Das zweite Buch um Court Gentry geht nicht so direkt in die Vollen wie der Vorgänger und lässt den Leser er einmal dessen verzwickte Situation kennenlernen, wodurch "The Gray Man - Unter Beschuss" zuerst einen starken Thrilleranteil aufweist, der sich danach zu einem Wüstenabenteuer in einem Land, das unter Kriegszuständen und Völkermord leidet, entwickelt. Und schon hier zeigt Mark Greaney erste Anzeichen von Kritik an den handelnden Nationen und Figuren. Da sind die vielen Hilfsorganisationen, die im Prinzip gar nichts ausrichten können, um das Morden und die Not im Land zu beenden, da sind auch die Weltmächte, denen das Elend absolut nichts bedeutet und die stattdessen hinter den Bodenschätzen her sind. Und dann ist da die europäische Anwältin, die Gentry in Wortgefechte um Moral verstrickt und dabei teilweise richtig liegt, aber auch erkennen muss, dass manches nicht mit einem lächeln und einem Gang vor ein Gericht zu lösen ist und sie der Gesamtsituation doch eher naiv gegenüber steht. Klingt jetzt als wäre das Buch bis dahin dialoglastig - ist es aber nicht. Da stehen der sudanesische Geheimdienst NISS und arabische Stammesgruppen im Weg, die ihm und den Gefährten der Reise nach dem Leben trachten. Und da zeigt Gentry, welch harter Hund er ist und dass er wenig davon hält, Feinde lebendig zurückzulassen. Diese Einfachheit und Kälte, mit der er tötet, stößt die Anwältin natürlich ab. Sie droht damit, ihn auch vors Gericht zu bringen. Als er dann endlich Sawakin erreicht und sich mit den anderen Amerikanern trifft, ist es Zeit für die Action, die dann auch fulminant rüberkommt. Aber das Szenario ist nicht nur in Action unterteilt, es hat auch viel von Büchern, Filmen und realen Ereignissen, die man speziell aus den 60-er und 70-er Jahren her kennt (als Film sei "Die Wildgänse kommen" genannt) als Afrika noch gut dazu war, dort die Stellvertreterkriege zwischen den USA und Russland zu führen und man die dortigen Länder skrupellos ausbeutete und sich immer dem jeweiligen Despoten andiente, der seine Landsleute ermorden ließ, um an der Macht zu bleiben. Menschenrechte und Moral gab es damals nicht - auch nicht vom Westen. Dazu sind die afrikanischen Nationen auch immer wieder gebeutelt durch innere Konflikte, Rebellengruppen, Korruption und Massenmord. Und wenn der eine Politiker seine Schuldigkeit getan hatte, einigte man sich eben mit dem anderen. Und die eigene Söldnertruppe oder der eigene Killer wurden dann halt auch mal schnell verkauft und zum Abschuss durch sein ehemaliges Ziel freigegeben. Wirtschaftsinteressen und Machtspiele kennen keine Rücksicht. Das ist heute nicht anders - nur dass die erstarkten Chinesen jetzt auch mitmischen. Das geht in dem Bleihagel des letzten Drittels des Buches beinahe unter und die Leute um Gentry haben denn auch kaum Zeit, sich um die Versäumnisse der Regierungen und Geheimdienste zu kümmern, sie kämpfen um ihr Leben. Und hier zeigt sich, dass Gentry trotz gewisser sympathischer Züge als Protagonist dennoch auch eiskalt und ohne Gnade jeden tötet, der ihm und seinem Ziel im Weg ist. Dieser Wandel vom Sympathieträger mit etwas Gewissen zum brutalen und seelenlosen Killer vollzieht sich mehrfach innerhalb von wenigen Momenten. Neben dem genannten Anspruch, der zwar oberflächlich ist, aber immerhin vorhanden, entwickelt sich das Buch von einem Nailbiter zu einem wahren white-knuckle-ride voller sich ständig steigerndem Tempo, Gewalt und Spannung hin zu einem Ende, das schon begierig auf den nächsten Titel macht, auch wenn das vorliegende Buch leicht schwächer ist als "The Gray Man- Unter Killern". Kaufempfehlung wird aber ausgesprochen.

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