Mittwoch, 30. August 2017

Buchreview "Niederschlag" G. Disher

Garry Disher. Nach kurzer Liaison mit der Polizistin Liz Redding will Wyatt schnellstens untertauchen. Doch er trifft seinen Neffen Raymond wieder, der ihm den Raub einer Kunstsammlung schmackhaft machen kann. Doch Wyatt ahnt nicht, dass sein Neffe auch andere Deals am Laufen hat. In der Meerenge vor Tasmanien will er mit zwielichtigen Abenteurern eine versunkene Barke voll spanischer Goldmünzen bergen und nebenbei auch noch einen Klienten seines Anwalts aus der Untersuchungshaft befreien. Ist Wyatt bei der Einschätzung der unbekannten Faktoren diesmal ein fataler Fehler unterlaufen? 

 Kleinstädte im Hinterland zittern vor dem Buschbanditen. Ein Räuber, der schnell und clever vorgeht, beim geringsten Anzeichen von Schwierigkeiten auch mal einen Coup abbricht, bevor es Ärger geben kann. Zudem kan nman sich nie sicher sein, was oder wen er überfällt. Zu seinen bevorzugten Zielen zählen zwar Banken, aber auch kleine Läden, Restaurants oder Geldtransportehaben sich schon seiner Aufmerksamkeit erfreuen können. Mit dem Geld zieht er in Casinos an die Spieltische und mimt den reichen Burschen aus gutem Hause. So fällt er auch Vallance und der Braut Allie auf. Die wollen ihn unbedingt als Finanzier und Teilhaber für eine Bergung eines Goldschatzes von einem gesunkenen Schiff der spanischen Armada. Da er aber sein Geld aus dem letzten Coup schon verspielt hat, muss er den Fluchtwagenfahrer bei einem Gefängnisausbruch markieren und sich für einen weiteren Bruch einen Partner suchen, der etwas von Kunst versteht. Da kommt ihm Wyatt gerade recht. Der ist wieder zurück von seiner Bootstour und benötigt dringend Kohle. Also holt er ihn an Bord, als sie sich zufällig treffen. Und Wyatt sieht die Chance, seinem etwas hitzköpfigen und trotz allen Misstrauens auch naiven und leichtsinnigen Neffen etwas von seinem Erfahrungsschatz weiterzugeben. Was ihn mehr stört, sind dessen beiden Kumpane und der Typ Steer, der aus dem Gefängnis geholt wurde, denn der hat mit Wyatt noch etwas zu klären. 

Auf der Buchrückseite heißt es, dies wäre das Finale der Wyatt-Saga. Ich petz mal schon und verrate, dass mit "Dirty Old Town" ein weiteres Werk im Jahr 2010 nachgelegt wurde und dass hierzulande Ende dieses Jahres oder zumindest dann anfang 2018 mit "Hitze" dann schon Buch Nummer 8 erscheinen soll. Aber jetzt erst einmal zu "Niederschlag". Es ist nicht wirklich neu, dass man dem Personal der Romane mit Skepsis gegenübersteht, da sie eigentlich alle irgendwie Dreck am Stecken haben und Gauner ohne Ehre und Moral sind. Ehrlichkeit hat hier sehr enge Grenzen gesetzt bekommen. Und unter sich betrügen sich die Verbrecher selbstverständlich ebenfalls. Deshalb arbeitet Wyatt gerne allein oder wenn es schon sein muss, nur mit zuverlässigen Leuten, die er kennt. Doch alte Kumpane und Hehler sterben ihm langsam weg, die Zeiten, wo so ein Bruch leicht erledigt wurde, sind vorbei. Zuviele Neuerungen zur Strafverfolgung setzen ihm zu, er wird alt und lässt den Leser hier bei ein oder zwei Rekapitulationen seines Lebens weitere Einblicke in seine Vergangenheit erhaschen. Dazu gehört dann auch sein Neffe Raymond. Er weiß zwar von ihm, aber sie hatten nie wirklich viel miteinander zu tun. Dessen Dad war auch ein Gangster, aber auch ein Säufer, der seine Familie regelmäßig verdroschen hat, bis er irgendwann die Treppe runterstürzte und isch seinen betrunkenen Kopf endgültig aufgeschlagen hatte. Doch von einem lukrativen Coup lässt sich ein Wyatt nicht abhalten, zudem er die Kohle benötigt. Aus verschiedenen Perspektiven wird hier ein spannender Hardboild-Thriller konzipiert, der nicht an düsterer Atmosphäre um die knappen Dialoge herum spart. Auf diesem Weg führt Garry Disher seine Figuren zu einem Finale, das einige nicht lebend überstehen werden. Rund 260 Seiten aus dem Sumpf des Verbrechens, der so gar nichts mit der überall propagierten Romantik und Schönheit im Bereich der Gentleman-Gauner zu tun hat und mehr mit Überlebenskampf und dunklen Ecken bei immerwährender Gefahr durch Polizei und eigene Freunde und Kumpane auftrumpft, während er den politische Korrektheit-Zwang der neuen Generationen völlig außen vor lässt. Gut so.

Keine Kommentare: