Donnerstag, 22. Dezember 2016

Buchreview "Sunblind" M. McBride

Michael McBride. Als der Agent des US Grenzschutz Christian Rivera mitten in der riesigen Sonora Wüste auf die Leiche einer toten Einwanderin stößt, beginnt die verzweifelte Suche nach einer weiteren Gruppe von 25 Frauen und Männern, die auf unerklärliche Weise in der Wüste verschwunden ist. Mit der Unterstützung zwei der besten Spurenleser der Agency verfolgt Rivera die Spur der Frau bis tief in das Innere einer der heißesten und unversöhnlichsten Landschaften auf diesem Planeten. Nachdem weitere Leichen auftauchen, erkennt Rivera langsam, dass es einen weit tödlicheren Feind als die Wüste gibt: einen unsichtbaren Gegner, der vor nichts Halt macht.
Etwas mystisches Böses beobachtet sie sehr genau, und ihre einzige Hoffnung auf Überleben scheint in der Lösung des Rätsels rund um das Verschwinden der Gruppe zu liegen, und das, bevor es zu spät ist. Wenn es das nicht bereits ist …


Der La Migra-Cop Rivera findet in der Wüste eine fast tote Frau, die etwas in die Haut eingeritzt hat und dringend Hilfe braucht. Sie ist eine von 25 Personen, die von einem Kojoten auf einer abgelegenen Route durch die Sonora ins gelobte Land USA geführt werden sollte. Er folgt ihren Spuren, muss aber bald Verstärkung durch Fährtenleser anfordern, da es für ihn trotz seiner Kenntnisse zu schwierig wird. Und dazu die Kamera, die ziemlich unwirkliche und grauenhafte Bilder zeigt. Während sie mit Mühen den Ausgangspunkt der schrecklichen Vorgänge zu finden versuchen, wird die Frau ins Krankenhaus gebracht und man erfährt, welche Mühen sie und ihre Mit-Wetbacks auf sich genommen haben, um aus ihrem Elend zu fliehen. In überfüllten Kastenwagen wurden sie von ihren Sammelpunkten zur letzten Etappe der Reise gebracht - dem Weg zu Fuß durch unwirtliches Gelände auf die andere Seite der Grenze. Die Umstände sind hart, die Führer - Kojoten genannt - haben wenig Mitleid mit ihren Schützlingen. Wer vor Durst oder Erschöpfung nicht mehr kann, wird entweder zurückgelassen oder gleich erschossen, bevor er zu einer Belastung wird. Doch das ist nicht das Schlimmste: nach und nach verschwinden Mitglieder der Gruppe. Anfangs sucht man noch eine rationale Erklärung zu finden. Doch bald ist das nicht mehr möglich und man befürchtet, dass es den in verschiedenen Sagen immer wieder als fürchterlichen Feind beschriebenen Chupacabra wirklich gibt und er sich hier seine Opfer holt. Die Zahl der Personen verringert sich immer mehr, bis sie auf eine Höhle stoßen. Doch in Sicherheit sind die Leute dort nicht - absolut nicht. Das müssen sie schneller feststellen, als ihnen lieb ist. Und genau dieser Höhle nähern sich auch die Detectives auf der Suche nach der Herkunft der Frau. Sie ahnen nicht, was sie dort erwartet.

Nach der Entdeckung der Frau durch Rivera wird die Geschichte der Migration erzählt. Die Menschen nehmen etliche Mühen auf sich um von Mittel- und Südamerika nach Mexiko zu kommen und von dort dann in die USA. Sie verkaufen Hab und Gut, um die Schleuser bezahlen zu können, die nicht selten nur Betrüger sind oder die Kojoten genannten Führer anweisen, die Wetbacks (so nannte man früher die Leute, die den Rio Grande überquerten und pitschenass in den Staaten ankamen) in der Wüste einfach im Stich zu lassen. Verdurstete können nichts ausplaudern und zudem ist das Geld leichter verdient. Und auch viele Mexikaner haben gute Gründe, ihre Heimat zu verlassen. Neben dem erhofften besseren Leben in den Estados Unidos ist es auch die Kapitulation vor der Macht der Kartelle, die Politik und Polizei in der Tasche haben und das Land immer brutaler knechten. Entführung, Folter, Mord sind an der Tagesordnung. Dass sie ihr Leben gerade in die Hände von Leuten des Kartells legen, ist ihnen schon bewusst, aber um wegzukommen, würden sie alles tun. Auch die Nachrichten von den vielen Vermissten und den Gräueltaten der Führer können niemanden abhalten. Diesen kurzen Einblick in den Hintergrund der Flüchtlinge aus Verzweiflung gibt Michael McBride vor, um dann die extremen Umstände eines solchen Weges in seine Erzählung einzubauen. Die gnadenlose Hitze, die gleißende Sonne, der Wassermangel, die barsch auftretenden Führer, die immer zur Eile treiben und die Angst, dass man nicht mithalten kann und zurückgelassen wird. Und die natürlichen Gefahren der Wüste durch Trockenheit, Kälte in der Nacht und die Tierwelt. Da dies den Wetbacks bekannt ist, bleiben die Gründe für das Verschwinden einiger Kameraden auch lange im Dunkel - und somit auch der Leser. Wer oder was hinter der Sache steckt, wird erst spät ans Tageslicht gelassen. Bis dahin ist reine Spannung angesagt. Ich habe schon recht früh damit begonnen, das Buch wie einen Film vor Augen zu haben - und so könnte es ein astreiner und überaus spannender Horrorfilm werden, der durchaus dazu geeignet wäre, den einen oder anderen Zuschauer in seinem Sessel zusammenzucken zu lassen (Klapperschlange im Kaktus, Höhlenszenarien). Dunkle Höhlen, gespenstische Geräusche, seltsame Spuren - alles, was ein Film braucht, der nicht auf das plakative Gemetzel eines Zombie-Szenarios setzt, sondern sich langsam aufbaut, an den Nerven zehrt und erst dann einige durchaus bluttriefende Bilder einzusetzen. Die Figurenzeichnung beschränkt sich hauptsächlich auf die Frau Mayra, deren Leidensweg in der Wüste intensiv und ausführlich und direkt aus ihrer Sicht geschildert wird, während der Detective Rivera nur in kurzen Abschnitten während seiner Bewegung in Richtung Martyrium der Marya geschildert wird. Spannung, Thrill, Horror, Grusel und später auch Blutvergießen durch????? Wird nicht verraten. Rund 370 Seiten, die sich ohne Hast und sehr bildhaft Richtung Finale bewegen, das es auch noch einmal in sich haben wird. Der Epilog selbst hat mich auch an einige Szenarien aus diversen Filmen erinnert. Würde ich  jedem Leser empfehlen, der jetzt nicht sofort auf die totale Blutgier von den ersten Seiten an setzt, sondern einen langsamen Aufbau der Spannung und des Grauens setzt. 8,5/10 sind bei mir da drin.

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