Samstag, 31. Dezember 2016

Buchreview "Nacht der Rache" T. Miller

Tim Miller. Einst war Colt Stillman der Sheriff in Peace. Bis man sein Leben zerstörte: Man beschuldigte ihn, eine Frau ermordet zu haben. Colt konnte seine Unschuld nicht beweisen und kam für 20 Jahre ins Gefängnis. 20 Jahre sind vergangen. In Colt brennt ein grenzenloser Hass. Um den Plan seiner Rache zu vollziehen, verbündet er sich mit der Biker-Gang seines Bruders. Gemeinsam zelebrieren die Männer die Nacht der Rache: Jeder Mann und jede Frau der Stadt wird büßen – und zwar mit Leib und Seele.

Colt Stillman war der Gesetzeshüter in Peace, Texas. Eher ein ruhiger Job in dem 2000-Seelen-Kaff, viel war nicht los in Sachen Verbrechen. Genug Zeit für den Sheriff, sich Gedanken über eine andere Karriere zu machen. Ihn lockt die Politik. Er sieht seine Chance gekommen als der Bürgermeister seine eigene Frau kaltmacht. Statt ihn der wohlverdienten Gerechtigkeit zuzuführen, hilft er dem dabei, die Leiche verschwinden zu lassen. Und dann muss er erfahren, dass der Herr Bürgermeister ein wahrer Meister des politischen Spiels ist - die ficken ihre Wähler ja auch, wo sie nur können -, weil der dann schlicht und einfach dem Sheriff die Schuld in die Schuhe schiebt. Und da er immer noch für einen honorigen Mann gehalten wird, geht es mit dem Urteil gegen den damals noch jungen Polizisten recht schnell: zwanzig Jahre Bau. Doch irgendwann sind die um. Dafür hat Colt schon einen Plan. Mit seinem Bruder Clay, dem Anführer einer Biker-Gang mit starker Mitgliederzahl, will er in Peace den Stadtnamen ad absurdum führen. Und bald schon reiten sie auf ihren Bikes in der Kleinstadt ein, die mittlerweile auf zehntausend Einwohner angewachsen ist, was Colt aber nicht weiter anficht, da es für ihn einfach nur mehr und länger Spaß bedeutet. Und was er und Clays Biker darunter verstehen, bekommen die Einwohner sehr bald überdeutlich zu spüren. Einige Anwohner sehen bei der Gelegenheit auch die Chance gekommen, schlicht und einfach zu randalieren und zu plündern oder sich für erlittene Schmach mit ihrer angestauten Wut zu revanchieren. Blut wird fließen, beaucoup Blut. 

"Nacht der Rache" ist eine in sher einfachem Stil verfasste Geschichte, die sicher keinen großen Preis für Originalität erwartet hat. Das Szenario, dass ein freigelassener Verbrecher mit einer Bande zurückkehrt in die Stadt seiner größten Schmach, um sich bitter zu rächen, ist schon in etlichen Variationen in Western und Krimis abgehandelt worden. Um etwas Abwechslung ins Spiel zu bringen, hätte Tim Miller ja die Frauen töten und die männlichen Einwohner die Haustiere vergewaltigen lassen können. Hat er aber nicht. Figuren zum Mitfiebern gibt es nur tendenziell, aber auch das ändert sich im Laufe der Nacht. Mitleid mit den Bewohnern, die in die Handlung eingebunden werden und nicht nahezu anonym als Leichen dienen, hält sich schwer in Grenzen. Es gibt mehr als genug, die sich jetzt ebenfalls auf den Pfad der Rache begeben und gleichzeitig einige Rechnungen begleichen wollen. Jugendliche, die unter Spaß das Terrorisieren ihrer Nachbarn verstehen, machen die Gegend ziemlich brutal unsicher. Bis sie an die Falschen geraten. Zwanzig Jahre hinter Gittern, als ehemaliger Gesetzeshüter immer in Gefahr, haben in Colt mit jedem Jahr mehr Hass aufgebaut, ihn mehr Varianten seiner Rache fantasieren lassen, dass er erst zufrieden sein wird, wenn sie alle tot sind und die Stadt komplett vernichtet ist. Ungefähr zwei Drittel der Geschichte sind zwar actionreich, aber man wird nicht mit überbordender Härte oder ausufernden Vergewaltigungsbeschreibungen traktiert (Verglichen mit anderen Werken aus dem Festa-Verlag, die sich ja mit dem Überschreiten von Grenzen beschäftigen und das zumeist auch sehr gut machen.), sondern erfährt seinen Teil über die Abgründe der menschlichen Seele, wenn nicht allein die als Gangster skizzierten Gangmitglieder die Stadt zerlegen und die Bewohner killen, Teile dieses "Jobs" von ehedem angesehenen Gemeindemitgliedern (Okay, Chad lassen wir mal da raus) erledigt werden. Groß auf die Psyche der handelnden Personen wird nicht eingegangen. Colt glüht vor Rache, einige Biker sind zu blöd, ein Haus zu sprengen, ohne selbst dabei draufzugehen, Feiglinge aus dem Ort versuchen zu fliehen - und Melissa tut alles, um zu überleben. Szenen wie die mit dem Pommes-Öl hat man in diversen Filmen schon gesehen (zuletzt in "K-Shop") oder die Übernahme einer Stadt durch feindliche Gruppen ("Vigilante Force" - bevor die dortigen Bürger zurückschlugen) und Biker-Gangs, über die man in den 60-ern und 70-ern etliche Filme drehte. Zu Beginn des letzten Drittels lässt Tim Miller aber die Bremse der Gewaltspirale los und schon bald müssen einige Bürger ihre Gedärme fressen. So wird "Nacht der Rache" zwar als stilistisches Leichtgewicht im Regal stehen, aber durchweg von Beginn an mit Tempo und massenhaft Action versehen. Die etwas über 150 Seiten hat man schnell inhaliert und haut es so als Snack zwischendurch weg. Und genau für diesen Zweck ist die Unterhaltung, die geboten wird, schon nahezu perfekt. Wer eine etwas ausführlichere und konkreter aufgebaute Story lesen will, findet die dann in der Crime-Reihe und auch die Horror-Reihe hat da ganz andere Kaliber zu bieten. 8/10 weil viel zu schnell zu Ende und mir auch der Epilog irgendwie gegen den Strich ging.

Keine Kommentare: