Montag, 5. Dezember 2016

Buchreview "Helix" M. Elsberg

Marc Elsberg. Der US-Außenminister stirbt bei einem Staatsbesuch in München. Während der Obduktion wird auf seinem Herzen ein seltsames Zeichen gefunden – von Bakterien verursacht? In Brasilien, Tansania und Indien entdecken Mitarbeiter eines internationalen Chemiekonzerns Nutzpflanzen und – tiere, die es eigentlich nicht geben kann. Zur gleichen Zeit wenden sich Helen und Greg, ein Paar Ende dreißig, die auf natürlichem Weg keine Kinder zeugen können, an eine Kinderwunschklinik in Kalifornien. Der Arzt macht ihnen Hoffnung, erklärt sogar, er könne die genetischen Anlagen ihres Kindes deutlich verbessern. Er erzählt ihnen von einem – noch inoffiziellen – privaten Forschungsprogramm, das bereits an die hundert solcher »sonderbegabter« Kinder hervorgebracht hat, und natürlich wollen Helen und Greg ihrem Kind die besten Voraussetzungen mitgeben, oder? Doch dann verschwindet eines dieser Kinder, und alles deutet auf einen Zusammenhang mit sonderbaren Ereignissen hin – nicht nur in München, sondern überall auf der Welt.

Der Tod des Amerikaners war kein wohl Attentat und auch eine dennoch angesetzte intensive Suche nach eventuellen Feinden bringt kein Ergebnis. Aber sicherheitshalber werden alle Personen, die direkt mit dem Außenminister Kontakt hatten unter Quarantäen gestellt. Dies erweist sich alsbald als überflüssig, denn bei der Obduktion stellt man entsetzt fest, dass der Mann von einem personifizierten Virus dahingerafft wurde, der sogar noch so etwas wie eine Nachricht hinterlassen hat. Jessica Roberts wird sofort mit einigen Spezialisten auf den Fall angesetzt - sie war ja auch von Beginn an unfreiwillig involviert. Andernorts finden Wissenschaftler das Phänomen vor, dass trotz Trockenheit und Armyworm-Befall einzelne Felder in der afrikanischen Region dennoch Früchte tragen, die sogar besser sind als die bisherigen Ernten. In Indien findet man Ziegen mit Merkmalen, die eigentlich unmöglich sind. Und in Amerika gibt es unter der Führung von Stanley Winthorpe eine neue Firma, die Paaren den Kinderwunsch erfüllen kann. Doch nicht einfach nur simple Kiddies. Die neuen Kinder werden über Genmanipulation sämtliche Eigenschaftern haben, die sie von anderen Kindern unterscheiden werden. Perfekte Kinder. Genies, gutaussehend, stark, mutig und mit Führerqualitäten ausgestattet. Doch was passiert, wenn dies in die falschen Hände gerät? Niemand bezweifelt auch, dass dahinter ein finanzieller Gedanke steckt und nicht der reine Gutmensch. Und dann ist da noch das Problem, dass eines der Kinder namens Jill veschwunden ist. Sie hat sich abgesetzt und wird nun verzweifelt gesucht. Zurückgeblieben bei den anderen ihrer Art ist Eugene - und der hat trotz seines Alters schon eigene Ziele und Strategien, die sich mit denen seiner Schöpfer absolut nicht decken.  

Marc Elsberg greift auch hier wieder ein aktuelles und brisantes Thema auf und zeigt den Menschen die Gefahren des Fortschritts. Es geht nicht nur um die Entscheidungsträger, die sicher nicht aus reiner Menschenfreundlichkeit agieren oder was sich aus den neuen Errungenschaften erwachsen kann, mit dem niemand gerechnet hat. Also gibt es auf  jeden Fall einige Denkanstöße, die sich jeder mal zu Herzen nehmen sollte. Doch dass sich das Szenario bald hauptsächlich um die Kinder dreht und darüber hinaus auch noch ein Machtkampf entwickelt, der nur darauf hinausläuft, dass hier jemand König werden will und nur gleiche Anhänger um sich zu scharen gedenkt, während der Kontrahent sich mehr dem Multikulti verschrieben hat (Ja, politisch korrekt muss man schon sein, um Erfolg zu haben. Man stelle sich vor, das Buch würde plötzlich ob der fehlenden allgemeinen Meinungsmache in eine ungewollte Ecke gedrängt und dann zensiert - Entschuldigung verbessert oder gar zu einer Dekaden dauernden Neuüberarbeitung vom Markt genommen.), das ganz sicher seine Vorteile mit sich bringt - oder einen ganzen Schwung Nachteile. Erfährt man ja nicht, wenn man es nicht versucht. Doch der Mittelteil, der sich dann fast nur auf die "Kinderfarm" und die "Kunden" beschränkt, die sich mit ihrem Wunsch befassen und dann diese völlig überzogene Martial Arts-Einlage der Blagen (Im Film hätte ich das als Comedy ertragen, im Buch eher nicht.) wirkte einfach lächerlich. Das hat dem Buch zusammen mit dem zähen Mittelteil dann auch den Zahn gezogen. Lange Zeit wirkte es nämlich als könnte Marc Elsberg wieder beweisen, dass er die Lücke, die Michael Crichton schon zu Lebzeiten mit seinen Drehbuchformeln in Buchform selbst gerissen und durch seinen krankheitsbedingten Tod vollendet hat, recht leicht schließen könnte. Das Können und die Ideen dazu hat ohne jeden Zweifel. Doch hier nutzte er leider zuviel Füllsel, um Nebenschauplätze aufzumachen, die sogar recht interessant und gar wichtig anmuteten (Nahrungsmittelanbau mit genetisch veränderten Samen) und die er Vegetariern und Veganern ebenso um die Ohren haut (Was die so verachten oder verabscheuen und zu vermeiden suchen, gehört längst zur Produktion derartiger Lebensmittel, wird von der Industrie nur verschwiegen. Und was glauben die denn, wie es auf einem Bauernhof zugeht? Das sind Wirtschaftsbetriebe, die auf Gewinn und Profit aus sind. Nix mehr mit Romantik.) wie den Verbrauchern, die sich von diesen neuen Modeerscheinungen nicht mitschleifen lassen und daher auch keine Vitaminmangelerscheinungen haben. Und in wenigen Sätzen schafft der österreichische Autor auch noch die Wende zu einem Punkt, der ansonsten im Buch ausgeklammert wurde - dem Nutzen fürs Militär. Das wird zwar nicht weiter ausgeführt, aber lässt den Leser sich seine eigenen Gedanken dazu machen. Tja, Amerika first würde ich mal annehmen und dann die üblichen Verdächtigen wie Russland, China, Großbritannien, Deutschland für alle, Indien und einige Islamisten - nicht zu vergessen die Israelis. Fazit zum Buch: stilistisch recht angenehm, aber doch einige Seiten zu lang und leider zu sehr auf das Unwesentliche konzentriert. Mittelmaß bei 640 Seiten.

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