Montag, 7. November 2016

Buchreview "Die falsche Neun" P. Kerr

Philip Kerr. Nur weil Fußball ein Sport ist, heißt das nicht, dass immer fair gespielt wird – schon gar nicht, wenn es um junge Nachwuchstalente und internationale Verbände geht. Trainer Scott Manson landet wieder mittendrin im Sumpf des korrupten Spitzensports.

London City ist vorbei, das Griechenland-Abenteuer auch. Scott Manson teilt das Schicksal so vieler Trainer - er befindet sich zwischen zwei Jobs. Seine Managerin verschafft ihm ein Gespräch in Nizza. Doch Scott neigt zur Ehrlichkeit - wohl auch, weil er finanziell mehr als nur gut abgesichewrt ist - und sagt den Leuten, wie sie über die Runden kommen, ohne den Kollegen zu schassen. Ähnliches passiert ihm auch in Schottland. Danach erwartet ihn das ferne Asien. China entwickelt sich mit immens viel Geld zu einem Zugpferd neben den bekannten Ligen in Europa. Während sich dort Russen, Scheichs, vielleicht der eine oder andere Thai oder auch europäische Ekel-Brause-Hersteller hier ihre Vereine als Hobbys halten, bleiben die Chinesen in ihrer Heimat - vorerst. Alles sieht wunderbar aus. Viel Geld, die Infrastruktur stimmt, die Stadien sind voll, die Fanbase groß. Er macht sich keine Sorgen - und fällt auf die Schnauze. Ein Konkurrent hat ihn geleimt. Ein Konkurrent des anderen großen Clubs in China - und so wird Manson zu so etwas wie ein Bauernopfer. Ein armer Tölpel, der für fiese Zwecke missbraucht wurde. Er kommt zwar halbwegs unbeschadet aus der Nummer raus, steht bei den Chinesen, die geleimt wurden, doch irgendwie in der Schuld. Scheißtrainer-Dasein. Da ereilt ihn ein Hilferuf aus Barcelona. Die hatten aus Paris von PSG einen Spieler ausgeliehen, der dort irgendwie nicht zurecht kam und zwar auf großem Fuß lebte, aber nie zwei wirklich starke Spiele in Folge zusammenbrachte. Der Verein wurde unzufrieden, der Spieler auch. Zudem haben ihn seine große Klappe und sein pseudo-politisches Getue auch noch in die Bredouille gebracht. Also ab zum FCB nach Spanien. Dort halten sie große Stücke auf Manson und der ist ihnen immer nich dankbar, dass sie ihm damals nach seiner Knast-Zeit eine Chance gegeben haben. Da fliegt er schon mal gerne nach Spanien. Doch sie wollen nicht den Trainer Manson, sie wollen den Schnüffler. Der Spieler ist verschwunden. Zum Urlaub nach Guadeloupe aka Gwada und nicht wieder zurückgekehrt. Auch die Franzosen von PSG wollen, dass er den jungen Kerl findet. Schließlich würde der FCB dessen Gehalt übernehmen, das schon nicht wenig ist, und zudem noch eine Leihgebühr zahlen. So ein Goldesel darf nicht verloren gehen. Nach einigem Zögern stimmt Manson zu und ermittelt erst in Paris, dann in Guadeloupe. Und findet dabei einige Dinge über sich, den Spieler und den Sport heraus. Vieles hat er ja schon geahnt, aber noch längst nicht alles erlebt. 

Eines vorweg: Der Titel ist Programm, Das findet der Schnüffler im Trainingsanzug (aber nur während er auf der Bank sitzt) aber erst später heraus. Vorher stöbert er in den Annalen des Fußballs, verteilt Seitenhiebe gegen Beckham, Ronaldo, die Fifa und zuletzt selbstverständlich auch gegen die FA. Die sozialen Medien bekommen eine gewatscht und damit sie nicht so einsam sind, wird auch die Polizei (Wir fangen keine richtigen Verbrecher mehr, wir sind hinter "Twitter-Tätern" her.) gemeinsam mit der Gesellschaft und den political correctness predigenden Politikern, die den Leuten ahnungslos erklären wollen, was nun korrekt ist und was nicht. Dieser ganze Irrsinn, der aus den USA rübergeschwappt ist wie die Deppen-Clowns und dem jeder Bonze folgt (Solange es ihm nutzt, die Bevölkerung zu gängeln.). Da wird schon mal gegen das Fußballgeschäft als Ganzes ausgeteilt, das seit zwei Dekaden nur noch aus reinem Kommerz und purem Personenkult besteht, in dem die Bildungsmisere europaweit noch stärker durchschlägt als in England oder Deutschland bei der restlichen Bevölkerung (Politiker extra ausgenommen, die unterbieten noch das Niveau der Kicker). Der eigentliche Fall, in dem Manson diesmal sein Glück versucht, bleibt oft im Hintergrund, während sich Manson in seinem Wohlbefinden suhlt und durchaus hin und wieder recht elitär palavert, zugibt, auch öfter mal Schwachsinn zu labern, nicht gerade ständig der Ehrlichste zu sein und sich auf die depperten Sprüche, die so abgesondert werden auch mal was einbildet. Da kommt dann doch wieder der Modegeck durch, der Frauenliebhaber, der Filou. Erzählt wird das Ganze im schnodderigen Ton, mit einem Tupfer Humor, die aber den wahren Ernst der Lage nicht verhehlen. Die Charaktere in "Die falsche Neun" sind nicht wirklich nur eindimensionale Figuren vom Reißbrett. Da taucht Menschlichkeit auf, wo man sie nicht erwartet, wird aber auch zu Tricks gegriffen, die schon verwundern, dass dies möglich ist. Und über allem steht das Geld. Das erwähnt der Autor übrigens auch, als er einem der Protagonisten den Schreiberling Phil Kerr als Ghostwriter empfiehlt, das der zwar teuer wäre, aber dafür auch nicht genannt werden will (Ertappt, Herr Baldacci, so machen sie das also, oder?). Rassismus, Geld, Gier, umtriebige Mäzene (die ihre Spielzeuge bei Misserfolg fallen lassen oder bei unbequemen Regeln gerne mal den Verband mit einem Ausstieg erpressen), ein eloquenter Protagonist und ein Ende, das typisch für Manson und seinen Puppenspieler Kerr ist. Das könnte insgesamt ein guter Abschluss für die Reihe sein, aber ich würde zu gerne mehr davon lesen, was ich hier über 366 Seiten genießen durfte.

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