Mittwoch, 7. September 2016

Buchreview "Die Bourne-Herrschaft" E. v. Lustbader

Eric van Lustbader für den Nachlass von Robert Ludlum. Ein politischer Gipfel in Doha wird von einer Gruppe Schwerbewaffneter überfallen. Jason Bourne ist als Doppelgänger eines syrischen Ministers mittendrin und gerät in die Gewalt des berüchtigten Terroristen El Ghadan. Wie sich zeigt, hat der Terrorchef auch Bournes enge Freundin Soraya Moore und deren kleine Tochter entführt. Sein grausames Ultimatum: Binnen einer Woche soll Bourne den Präsidenten der USA töten. Gelingt es ihm nicht, werden Mutter und Kind sterben. Die Uhr tickt.

Jason Bourne hat mittlerweile seine Rücklagen aus der Zeit bei der CIA, Treadstone und anderen Aktivitäten nahezu aufgebraucht und muss ich daher einen Job suchen. Selbstverständlich keinen Allerweltsjob wie etwas Buchhändler oder Verleger. Er ist ja als Meister der Verkleidung bekannt und springt aus diesem Grund oft als Double für Politiker ein, die aus unterschiedlichsten Gründen nicht persönlich an irgendwelchen Sitzungen teilnehmen wollen. Das führt ihn nach Doha, wo er einen syrischen Minister vertritt. Was er nicht ahnt, ist die Tatsache, dass er damit einem Terroristen geradezu vor die Flinte läuft. El Ghadan metzelt alle Teilnehmer außer Bourne nieder. Den lässt er am Leben - und hat dafür auch einen Grund: Der Terrorführer hat Soraya, ihren Mann und deren Tochter Sonya entführt, um ein Druckmittel gegen Bourne zu haben. Den Mann lässt er vor laufender Videokamera erschießen, sodass Jason Bourne den Ernst der Lage eindeutig erkennen kann. Soraya und Sonya werden sterben, wenn der abtrünnige Agent nicht binnen sieben Tagen den US-Präsidenten tötet. Jetzt hängt alles an ihm, sich unter allen Umständen mit diesem Dilemma zu befassen und selbst ungeschoren aus der Sache herauszukommen. Ein weiteres Problem stellen die Israelis dar, die ebenfalls auf der Jagd nach dem Terroristen sind. Glücklicherweise ist beim Mossad auch Sara aka Rebekka eine der führenden Agentinnen - und die Freundin von Jason Bourne. Um dem Ganzen noch die Krone aufzusetzen, wird in Amerika Camilla, die Geliebte des US-Präsidenten und Chefin des Secret Service, der zum Schutz des Staatenlenkers immer um ihn herum ist, in ein teuflisches Spiel verwickelt. Alle Fäden laufen in Singapur zusammen. Doch wer ist nun ein Feind von Jason Bourne und wer wird auf seiner Seite stehen?

Dass Robert Ludlum schon seit über fünfzehn Jahren verstorben ist und nur noch als "Marke" (sehr zynisch) von seinen Verlagen geführt wird, dürfte hinlänglich bekannt sein. Ebenso wird ja mit Tom Clancy verfahren. Nun wollte man weiter an den von Robert Ludlum konzipierten Figuren verdienen und hat einige Co-Autoren engagiert, die ihre eigenen Ideen auf Grundlage der Vorlage des Großmeisters einbringen und diverse Reihen weiterführen. Für Jason Bourne ist das ausschließlich Eric van Lustbader, der zuvor ja schon lange Zeit als eigenständiger Autor einige Erfolge vorzuweisen hatte. Van Lustbader ist gut, keine Frage, aber er kann dem Meister nicht das Wasser reichen. Seine Geschichten um den Mann ohne wirkliche Identität wiederholen sich mittlerweile ebenso wie damals die Staffeln bei "24". Es ist okay, immer noch besser als der meiste andere Quark auf dem Markt (abgesehen von reinrassigen Actionkrachern, die es aber nur beim Festa-Verlag zu bestaunen gibt!!!), aber nichts Besonderes mehr - und die Romane schwächeln auch durch das Fehlen wirklich undurchschaubarer Intrigen und Ränkespiele Marke Ludlum. Seit etlichen Büchern sind die Rollen doch klar verteilt, wirklich Überraschungen hinsichtlich irgendwelcher Drahtzieher bleiben aus, Gut und Böse werden klar getrennt und wenn sich hier der eine oder andere von Feindeseite fast schon bekehren lässt, wird er dann zum zu betrauernden Opfer seiner früheren Kampfgefährten. Erspart dem Autor das Eliminieren einer Hauptfigur. Und da das Buch vor starken Frauen nur so wimmelt, durfte natürlich keine davon dem Terror nachgeben und möglicherweise den Heldentod sterben. Der Präsident aber ist hier mal kein starker Verteidiger des Glaubens und der Nation, auch keiner dieser Linkmichel, die ihre Wähler und Mitarbeiter hintergehen. Nö, er ist eher wie eine Kopie des Typen aus der Serie "Scandal" - ein Schwachkopf, der den Hosenstall nicht zulassen kann, seine Frau betrügt und ständig notgeil von Liebe winselt. Hätten nur noch ein paar Tränchen gefehlt. Ja, es gibt viele Pläne hinter den Plänen in dem Buch. Es gibt fiese Tricks, mit denen man die Menschen täuschen will, man lernt Figuren kennen - und manchmal schätzen -, die mehrere Identitäten ihr Eigen nennen. Doch alles ist aufgedröselt und wird dem Leser sofort eingetrichtert. Die Action passt, der Unterhaltungsfaktor ist auch okay, doch so richtiges Bourne-Feeling will sich nicht mehr einstellen. Und wieso ein jahrelang erprobter Agent, der mit List und Tücke so seine Erfahrungen machen musste, einen solchen Doppelgänger-Job für Politiker anscheinend ohne ihn zu hinterfragen übernimmt, wird wohl für immer ein Rätsel bleiben. Echt jetzt - wofür brauchen Politiker Doppelgänger? Um hinter dem Rücken aller Anderen etwas Mieses auszuhecken, irgendjemanden zu betrügen oder zu hintergehen oder weil sie von etwas wissen, das vor Ort, wo sie sein sollten, geschehen soll. Wenn man einem "echten" Ludlum die Höchstwertung gegeben hat (verdientermaßen), dann wäre dieser hier mit 7,5/10 korrekt bedient. Übrigens hat das Buch rund 510 Seiten Roman und rund weitere 18, die man mit Hin weisen zu den anderen Bourne-Büchern gefüllt hat. Und auf der Rückseite des Buches noch eine uralte Lobpreisung der Newsweek für den einzig wahren Robert Ludlum abgedruckt. Keine Mittel werden gescheut, um ein Produkt ans zahlende Volk zu bringen.

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