Sonntag, 18. September 2016

Buchreview "Black Shuck - Alte Wunden" I. Graham

Ian Graham. Viele Jahre lebte Declan McIver, ein ehemaliger IRA-Terrorist, unter dem Radar, aber sein Leben sollte sich schlagartig ändern. Als ein Treffen mit einem alten Freund buchstäblich in Flammen aufgeht, findet sich Declan auf der Flucht vor einer schattenhaften Verschwörung wieder, die vor nichts Halt macht, um ihre niederträchtigen Absichten um ein streng gehütetes Geheimnis zu wahren.

Declan McIvers freut sich, seinen alten Freund und Mentor Abidan Kafni, einen israelischen Fürsprecher für den Kurs gegen den Terrorismus, den besonders die USA und Israel bestimmen wie sie auch festlegen, was Terrorismus überhaupt ist und von wem er begangen wird. Bei dem Empfang soll Declans Freund auch eine Rede halten. Diverse Politiker und Prominente sind schon im Saal und freuen sich auf kostenfreie Bewirtung, während nur die extremsten Fürsprecher eines gewissen politischen Kurses den Beginn der Reden kaum abwarten können. Doch dazu kommt es nicht. Von draußen vor dem Eingang kommt kurz nach einem gewaltigen Knall eine alles durcheinander wirbelnde Druckwelle, die Tische und Dekorationen zusammen mit Menschen und auch Teilen des Gemäuers durch den Saal fegen. Es gibt Tote und Verletzte. Nachdem Declan seine Gattin an einen vermeintlich sicheren Platz gebracht hat, rennt er nach draußen, erkennt, dass da wohl eine Autobombe am Werk war und die Tat auf den eigentlichen Sicherheitsdienst zurückzuführen sein muss. Er kann gerade noch einen Wagen wegfahren sehen, vermutet, dass die vielleicht hinter seinem Freund her sind und schnappt sich einen der unbeschädigten in der Nähe stehenden Schlitten und rast hinterher. Wie erwartet, fahren sie zum Anwesen von Kafni. Er stellt den Wagen ab und schleicht sich an. Zwei Täter kann er unschädlich machen, bekommt dabei aber soviel ab, dass er nicht mehr richtig auf den Beinen ist und nur verschwommen sieht. Leider muss er sehen, wie man seinen Freund wohl köpft und insgesamt zehn Feinde mit dem blutigen Kopf in einem Sack das Gelände verlassen. Was er nicht erwartet, ist ein Besuch eines FBI-Mannes im Krankenhaus, der in ihm sehr bald einen Verdächtigen sieht und ihn festnehmen will. Declan flieht und macht sich dadurch erst recht verdächtig. Damit nicht genug - hinter den Kulissen strengen sich andere Kräfte an, ihn ebenfalls für immer unter die Erde zu bringen. Bald wird er von diversen Behörden in Amerika, aber auch im Ausland gehetzt und die Terroristen und andere Gruppierungen eifern denen richtig nach. Es scheint, die ganze Welt will McIvers tot sehen. 

Zwei Prologe, die anscheinend nichts miteinander zu tun haben, führen den Leser in eine turblente Geschichte, in der viele Erklärungen sich erst spät einstellen. Warum in dem einen Fall des Grenzübertritts Zeugen nicht beseitigt werden, aber nicht. Die wären noch nicht einmal vermisst worden. Nach der Vorstellung der wichtigsten Figuren geht die Hatz auch schon los. Auch wenn Ian Graham jetzt noch nicht zu einem Matthew Reilly, für mich noch immer der Maßstab für einen überaus rasanten und schnellen Action-Reißer, oder Leuten wie Ben Coes und Mark Greaney ohne die "Clancy-Fesseln" heranreicht, der Weg ist bereitet - und er ist gut. "Black Shuck - Alte Wunden" bietet einen (un-)gesunden Mix aus altem Terrorismus, neuen Bedrohungen und hinterhältigen Verschwörungen. Lange bleiben Wendungen aus, die man nicht schon von Weitem kommen (sehen) lesen konnte, aber auch da ändert sich dann gegen Ende etwas. Etwas unschön ist, dass neben dem unerschütterlichen Glauben an Amerikas Kämpferseelen und deren Recht jedes Recht zu brechen, was ja so ziemlich jeder America First-Thriller beherzigt nun auch noch Israels mehr als nur fragliches Vorgehen mit jedem Wort legitimiert wird. Kein Gedanke daran, wie man sich dort das Land genommen hat, Engländer ermordete, um nicht mehr unter Aufsicht der Briten zu stehen und immer weiter in palästinensisches Gebiet eindrang und jeden, der dagegen Protest einlegte, einfach beseitigte. Und wenn dann mal wieder der Zeitpunkt gekommen ist, den Libanon oder Syrien und die Palästinensergebiete zu zerbomben, wird die internationale Staatengemeinschaft zu "Geberländern" degradiert, allen voran natürlich Deutschland, das von Israel selbstgerecht immer noch als Schuldiger für alle israelischen Schandtaten ausgemacht und ständigen Geldquell behandelt wird, und zur Kasse gebeten. Zwei Jahre später wiederholt sich das Ganze, weil Israel mal wieder Flüchtlingslager bombardieren musste. Oft auch auf Provokation oder einen tatsächlichen Angriff hin, aber meist ohne Maß. Also nehmen nun zwei Nationen das Recht in ihre Hände, während die UNO mal wieder wegschaut. So geht die Jagd auf McIver international vonstatten und auch Irland sowie England werden zu Locations eines umspannenden Verschwörung. Und dann kommt auch die Erklärung worauf man lange warten musste. Warum war Declan bei der IRA? Die Geschichte ist ein ziemlich geschöntes Stück Rechtfertigung, aber nirgends werden die Taten erwähnt, die er in zehn Jahren bei der Terrorgruppe begangen haben dürfte. Zehn Jahre IRA und alles rechtens? Hm, fraglich. Dennoch gewinnt der Mann schon gewisse Sympathiepunkte, nur eine einleuchtendere beschreibung wäre besser gewesen - meine ich. ABER - das jetzt außen vor, dann ist vieles recht schlüssig, die Action toll und auch meistens sehr gut inszeniert, kommt mit Fortschreiten der Story immer mehr Klarheit in die Zusammenhänge, wird die Geschichte der IRA recht gut und lesergerecht dargestellt, tauchen dann auch erste Verbindungen auf, die man zwar schon kannte, aber deren Auswirkungen möglicherweise neu sind. Afghanistan in dem Zusammenspiel für mich ja nie einen Gedanken dran verschwendet, obwohl naheliegend. Und dann etwas, das mich auch sehr gefreut hat: es werden nun einmal nicht alle Probleme auf einmal gelöst in den rund 530 Seiten. Es bleiben lose Fäden. Das könnte in weiteren Büchern aufgeklärt werden und vielleicht auch etwas mit meinen Bedenken hinsichtlich Declans Werdegang aufräumen, doch bisher gibt es nur zwei E-Book-Shorties. Ein Terrorist als Held, der von seinem Schöpfer-Autor noch nicht einmal mit irgendeiner Erklärung zugunsten des Mannes (Strafe verbüßt, Anschlag vereitelt oder so) wieder zu alten Mitteln greifen kann und darf, obwohl er damals aus irland nur abhaute, als es brenzlig wurde, ist meine Sache so jetzt nicht. Abgesehen von meinen Bedenken zu diesem Hintergrund der Figur ist das Buch eine verdammt gute Action-Veröffentlichung und macht auf jeden Fall neugierig auf mehr - und hier hat der Verlag noch so das eine oder andere Pfund in der Hinterhand. Also mal schön auf weitere Publikationen des Luzifer-Verlages geachtet. Ian Graham ist eine feine Fundsache von Herrn Janssen, seines Zeichens Verleger und Gründer vom vorgenannten Betrieb, die er sicher nicht beim Fundbüro abgeben sollte. Ebenso wenig auch den unglaublich begabten Cover-Illustratoren, der sich für sein Talent garantiert an Luzifer verkauft hat. Okay, kleines, schlechtes Witzchen zum Schluss (warum sollen meine Witze besser sein, als meine sonstigen Texte.). Der Mann versteht es wahrhaft, einen unschlüssigen Kunden mit seinen Titelbildern zu locken und ihm die Kaufentscheidung zu erleichtern - pro-Buch natürlich. Ich empfehle jedenfalls en Erwerb von "Black Shuck - Alte Wunden" den Freunden actionreicher Politthriller-Kost.

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