Mittwoch, 3. August 2016

Buchreview "Snuff Killers" J. F. Gonzalez

Jesus F. Gonzalez. Für Lisa und ihren Mann soll es ein romantisches Wochenende werden. Sie will ihm endlich sagen, dass sie ein Baby erwartet. Aber dann sind da die fremden Männer. Sie wollen Lisa zum Star machen. Zu einem Filmstar. In einem Snuff-Movie - Lisa erwartet ein grausamer Tod, live vor der Kamera. Doch viel grausamer ist all das, was Lisa tun wird, um zu überleben. 

Lisa erfährt nach jahrelangem Bangen und etlichen Fehlversuchen endlich, dass sie schwanger ist. Bei einem romantischen Wochenende will sie es ihrem Mann Brad erzählen. Sie können ihrem Kind auch eine Perspektive bieten, da beide in unterschiedlichen Kanzleien als Partner arbeiten. Alles ist perfekt - bis sie von einer Polizeistreife angehalten werden. Es gab eine Jedermann-Anzeige, dass sie verkehrsgefährdend unterwegs seien. Brad wandert für das Wochenende in den Bau, da sich kein Richter mehr finden lässt, der schnell eine Verhandlung anberaumen würde. Lisa nimmt sich in einem Hotel ein Zimmer und ruft dann die Eltern von Brad an. Als diese dann ankommen, finden sie Lisa nicht in ihrem Zimmer vor und besuchen daher Brad. Doch bald stellt sich die Gewissheit ein, dass Lisa verschwunden ist und das nicht ganz freiwillig. Ein Mann, derjenige, der die Jedermann-Anzeige aufgab, hat sie entführt, das Zimmer ordentlich von Spuren befreit und bringt die Gefangene nun zu einer Hütte in den Bergen. Unterwegs erzählt er ihr, welchen Plan die Auftraggeber, die ihn bezahlen, für sie vorgesehen haben. Nun bekommt sie es wirklich mit der Angst. Sie soll die Hauptattraktion in einem Snuff-Movie werden. Sie wird in der Hütte aufs Bett gefesselt und erwartet nun ihr grausiges Ende. Irgendwann geht die Tür auf und eine Frau betritt die Hütte. Sie findet auch Lisa vor - und dann kommen die Männer zurück und nehmen sich Debbie vor. Sie wird nun auch unfreiwillige Darstellerin in einem Film. Sie wird aufs Brutalste vergewaltigt und zerstückelt. Nun weiß Lisa, was sie erwartet. Da kommt ihr eine Idee. Sie und Brad hatten eine Frau mit einem Baby getroffen, die bettelnd um etwas Geld für Essen an sie herantrat. Sie war noch nicht lange ohne Obdach, doch mittlerweile pleite, vom Mann aus dem Haus geworfen und jetzt auf Platte. Die Frau war durchaus hübsch und so bot Lisa den Männern an, sie dorthin zu führen, wo die Frau schläft. Zudem bietet sie ihnen Geld an, das sie noch abheben muss. Als die Kerle bezahlt sind und auch Frau und Baby im Van verstaut wurden, kann Lisa in einem glücklichen Moment abhauen. Sie schafft es tatsächlich, den Gangstern zu entkommen. Doch die Tortur ist noch lange nicht vorbei. Nun wollen auch Polizei und gar das FBI nach den Verbrechern suchen, da Snuff-Filme nicht nur ein Mythos sein sollen, sondern wahrlich existieren würden. Und dem muss man Einhalt gebieten. 

Ein ganz starker Thriller mit einigen Geschmacklosigkeiten gewürzt. Die Hauptfiguren sind recht unterschiedliche Persönlichkeiten. Während Anwalt Brad bei der Polizeikontrolle zittert wie Espenlaub, ist Lisa aufbrausend und nicht zimperlich in ihrer Wortwahl. Der Eine ängstlich, die Andere unberechenbar. Das Buch bietet etliche Menschen mit einigen menschlichen Schwächen. Egoismus ist lange Zeit ein Hauptcharakterzug von Lisa, der sich aber im Laufe der Zeit wandelt und auch in Verzweiflung umschlägt, und deren Freund William kämpft seit langer Zeit gegen den Alkohol. Gerade mit diesem heiklen und sensiblen Thema wird hier recht flapsig umgegangen. Die weiteren Charaktere weisen keine simplen Schwächen auf, sie sind schlicht perverse Psychos hinter der Maske von Biedermännern. Erfolgreiche Managertypen, denen langweilig ist, die einen Kick brauchen. Die Mistkerle können überall sitzen. In den Büros der Chefetagen, bei der Polizei oder in hohen Positionen der Politik. Man sieht es ihnen nicht an - im Gegenteil, manche wirken wie Säulen der Gesellschaft, mit allem gesegnet, was man zu einem erfolgreichen Leben so braucht. Gutes Aussehen, Redegewandtheit, perfektes Auftreten und Benehmen und auch viel Geld. Und das ist auch die Grundlage für den exquisiten Thrilleranteil des Buches. Hier wird man mit Zeugenschutz, Ermittlungen, Verrat, Mord und Heimtücke konfrontiert. Und in diesen Anteil an reiner Spannungsliteratur platzt dann mit schierer Gewalt die ausufernde Brutalität der Untergrundfilmer. Gonzalez hält nicht "voll drauf", wie man so schön sagt, aber was er dem Leser kredenzt, hat es dennoch in sich und durchaus das Zeug in der Extrem-Reihe einen guten Platz einzunehmen. Und ein Monolog des schlimmsten aller Drecksäcke erfährt der Leser die Hintergründe und Bedeutung der Snuff-Movies. Erwähnt wird auch der Film "Snuff", der in den späten 70-ern auch in Deutschland lief. In unseren hiesigen Kinos drei Tage lang, dann wurde er aus dem Programm genommen. Er sah aus wie ein Grindhousefilm, war eher fad und stellenweise langweilig, wenn die Gruppe auf ihren Bikes durch die Lande zog und Verbrechen beging. Zum Schluss ne Ballerei und das hätte es gewesen sein sollen. Doch dann kommt die angehängte Szene. Im Buch knapp geschildert, geschieht hier etwas mehr, wird die Frau erst einmal aufs Bett und dann ausgepackt. Bis dahin auf freiwilliger Basis. Als ihr die Finger abgetrennt werden, ist mit freiwillig nix mehr. Danach muss die Hand dran glauben und zuguterletzt wird ihr (in meiner Erinnerungen ein Bowie-Messer - aber beschwören würde ich das jetzt nicht) der Oberkörper aufgeschnitten, in den Innereien gewühlt, dann das Herz rausgerissen und in die Kamera gehalten. Feierabend. dass der angehängte Teil nur ein Fake war, der sich die aufkommende Spekulation über Snuff-Filme zunutze machte, hab ich erst in den frühen 80-ern mitbekommen. Wie der damals den sittenwächtern entgehen konnte, frag ich mich heute noch. Was hier aber geschildert wird, ist pervers (ich sag nur Baby), brutal und blutrünstig. Gemetzel galore, eingebettet in eine nahezu perfekte Thrillerhandlung, die irgendwie auch von der Oma mitbestimmt wird. Ganz fiese Alte, sag ich euch. Wie so ne Typen, die angeblich alles wissen und schon so viel mehr in ihrem Horrorleben mitgemacht haben als alle anderen Menschen der Welt zusammen. Die olle Lady hat es in sich. Hat der Autor zu Beginn zwar mit dem Klischee des Abzockens von Städtern auf Backwood-Landstraßen gespielt, um es dann nicht zu nutzen, muss am Ende dann doch noch eines her. Ein krasses Buch, hier und da ne kleine Wendung, aber keine großen Überraschungen (bis auf Omi eben). Meine Erwartungshaltung musste ich dann kurz überdenken, denn einen derartig guten, gelungenen und vor schierer Spannung knisternden Thriller hatte ich von Jesus F. Gonzalez nicht erwartet. Mit diesen 470 Seiten wird man ruckzuck in eine Welt befördert, die man eigentlich gar nicht kennenlernen will. Gibt es so etwas wirklich da draußen? Ich denke schon, der Mensch ist zu allem fähig, besonders, wenn er es sich leisten kann. Und je höher die Stellung, umso effektiver der Schutzwall. Einfach gestrickt, für Empfindsame aber ungeeignet an einigen Stellen.

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