Freitag, 19. August 2016

Buchreview "American Assassin - Wie alles begann" V. Flynn

Vince Flynn. Im Dezember 1988 kommen beim Lockerbie-Bombenanschlag alle 259 Passagiere einer Boeing 747 ums Leben, darunter auch Maureen, die Verlobte des US-Collegestudenten Mitch Rapp. Ein Jahr nach ihrem Tod wird Mitch von der CIA rekrutiert und schließt sich dem geheimen Orion-Team an, das gegen den weltweiten Terror in den Kampf zieht. An Krisenherden in Europa, im Nahen Osten und Asien bewältigt er den Verlust seiner großen Liebe und sucht nach einem neuen Sinn für sein Leben. 

Mitch Rapp hat sich schon in jungen Jahren ein hervorragendes Standing als Star der Lacrosse-Mannschaft seiner High School verschafft. Überall anerkannt, überall beliebt - wie es die Sportskanonen an den US-Schulen halt mal sind. Doch er hat auch in den zu unterrichtenden Fächern gute Zensuren aufzuweisen gehabt, was bei den Kollegen seltener der Fall war. Dann lernt er mit 16 Jahren Mary kennen und sie bleiben zusammen. Bis es im Jahr 1988 zum Anschlag auf das Flugzeug über Lockerbie gab. Mary starb mit all den anderen Passagieren. Das warf den Jungen aus der Bahn und sein Durst nach Rache schien unstillbar. Wie schon in der Schule lernt er wie wild - aber jetzt das Kämpfen. So bleibt es nicht aus, dass er von den Diensten entdeckt wird. Irene Kennedy bringt ihn eines Tages in ein Ausbildungscamp unter der Leitung von Hurley. Hurley ist ein Sturkopf, Rapp ebenfalls. So kommt es noch vor dem ersten offiziellen Training zu einem Zweikampf, den Hurley entgegen der Regeln nur mit einem fiesen Trick beenden kann. Zusammen mit weiteren Anwärtern, von denen niemand den richtigen Namen erfahren darf, unterwirft sich Rapp einem knallharten Training, in dem auch einige intrigante Fallen gestellt werden. Man versucht, die jungen Kerle nicht nur mit den überharten Einheiten zu brechen, sondern auch mit Lug und Trug. Während Rapp sich also mit einem verdrießlichen Übungsleiter und einem hinterhältigen Drecksack von Kollegen auseinanderetzen muss, wird in Beirut/Libanon ein Amerikaner entführt und unter schwerster Folter befragt. Es ist die Zeit, in der aus dem Freiheitskampf der Palästinenser nahezu zeitgleich mit der Übernahme von Afghanistan durch die Islamisten, ein Krieg mit allen Mitteln wird - der Terrorismus mit Selbstmordattentätern. Gelder werden durch die Bankensysteme des Westens geschleust, Waffen gekauft, Handlanger bezahlt, Unterkünfte und neue Identitäten für Schläfer finanziert. All dies, um vor allem den großen Feind Amerika zu vernichten. Um dem Einhalt zu gebieten, soll Rapp mit Hurley und einem weiteren Mann in Istanbul einen Waffenhändler ausschalten. Der Plan, dass erst Rapp einreist und die anderen zwei Tage später kommen, um den Kerl dann gemeinsam auszuspähen, wird durch Mitch ausgehebelt. Er ist kaum da, da legt er den Typ am hellichten Tag und völlig unbemerkt um, schafft es, über Griechenland die Türkei zu verlassen und unversehrt zurückzukommen. Das löst eine Diskussion aus, doch am Ende wird sein Vorgehen gebilligt. Ein weiterer Schritt ist es, die Konten der Terroristen zu leeren. Auch dies gelingt und nach und nach kommen die Ratten jetzt aus ihren Löchern. Es ist Geld im Spiel und da siegt die Gier. Etliche Verbündete melden bei den Terroristen nun Ansprüche an. Und kommen damit auch bald durch ihre Unvorsichtigkeit in den Fokus der Anti-Terror-Kämpfer der USA.

Hätte ich den FESTA-Verlag  nicht schon aufgrund seiner vorherigen Veröffentlichungen im Extrem- und Horrorbereich gekannt und der auch hier fast schon von Monat zu Monat sein Steigerungspotenzial nahezu ideal genutzt und damit auch bewiesen hat, dass er es versteht sein Programm durchaus auch durch anspruchsvolle Titel zu ergänzen, wäre er spätestens mit Einführung der Crime-Reihe und den folgenden US-Krachern ganz weit oben in meiner Favoritenliste gelandet. Mit der Veröffentlichung der von Mitbewerbern verächtlich ins Nirwana abgeschobenen Reihe um Mitch Rapp des Autors Vince Flynn sowie weiteren Autoren wie Brad Thor oder in deutscher Erstveröffentlichung Werke von Ben Coes, ungekürzten Büchern von Stephen Hunter oder der neuen und in Deutschland unbekannten Reihe um Adrian Hell von James P. Sumner hat sich "Horror-Papst" Frank Festa auf einen weiteren Thron gehievt (oder überlässt den Platz großmütig seiner Gattin Ingrid). Oder wie dereinst Kevin Costner und Kurt Russell zu meinen pflegten:  
CRIME IS KING!


Der Autor, der 2014 leider einem Krebsleiden erlag, hat sich bemüht, seinen Helden, der ja in späteren Romanen - dem damaligen Beginn der Reihe mit "Der Angriff aka Transfer of power" - schon der knallharte Hund ist, der entsprechend cool mit den Feinden umzuspringen weiß, in dem hier in den frühen Neunzigern spielenden Buch auch noch jugendlich-leichtsinnig, manchmal überheblich zu charakterisieren. Es gibt mehrere Beispiele, wie sich der junge Mann auch genau als solcher verhält: als junger Bursche, der über blöde Witze lacht, dass die Suppe sprudelt und hinter einer schönen Frau hertigert und wie ein Pennäler mit ihr flirtet. Zu dem harten Hund mit rauer Schale wird er erst noch gemacht, trainiert - auch durch die Ereignisse über die Jahre hinweg. Die Version des Neulings im Agentengeschäft hellt die Vergangenheit des Mitch Rapp etwas auf, beschreibt seine Motivation für den Einsatz für die USA näher und mit mehr Einzelheiten und wie er lernt mit seinen Vorgestzten zu kooperieren (Irene Kennedy und Thomas Stansfield, die schon in "Term Limits aka Das Ultimatum" Rollen inne hatten, dort aber ohne Mitch Rapp auskommen mussten. Das Buch ist der Erstling von Vince Flynn und erst im 1999 folgenden "Der Angriff" tauchte Rapp erstmals auf.) oder sie zumindest zu repektieren und Befehle niemals offen zu verweigern. Spannung und Thrill, Dramatik und Action wird natürlich treu geblieben, aber in der einen oder anderen Formulierung werden die Sprache und die Begriffswahl den heutigen Gepflogenheiten etwas angepasst, sogar manch verwunderliche Erkenntnis zumindest für diesen einen Leser, der hier gerade Murks vor sich hin fabuliert, ans Tageslicht gebracht. Und wieder ein Beweis dafür, dass man beim Festa-Verlag auch etwas fürs deutsche Bildungsniveau tut - wenn auch nicht ganz absichtlich, hihi. "American Assassin" bildet sozusagen einen neuen und eiskalten Agenten für kommende Einsätze aus und lässt auch schon erste Skrupellosigkeit im Umgang mit den Feinden Amerikas erkennen. Der Roman ist von Beginn an unterhaltsam mit unterschiedlichen Charakteren gespickt, die man zwar teilweise schon kennt, die aber hervorragend ins Szenario passen. Und nach dem Ende der Ausbildung werden an verschiedenen Schauplätzen auf der ganzen Welt die Messer gewetzt und den unerbittlichen Feinden die Grenzen brutal aufgezeigt. Ein typischer Rapp und somit ein typischer Flynn, jetzt lässt er die Hunde los bzw. den Hund von der Kette. Man liest sich rasend schnell durch das Buch, jagt sich selbst durch die Seiten, man könnte die Lektüre auch als schweißtreibend bezeichnen (oder es dem Wetter in die Schuhe schieben, das derzeit herrscht) und muss sich jetzt schon wieder gedulden, bis das nächste Buch erscheint. Aber hey, wie schon am Anfang dieses Abschnittes erwähnt - wenigstens wird es auch erscheinen. Also, wer sich der Actionlektüre verschrieben hat und dem Dialoge nicht so immens wichtig sind, der MUSS hier zugreifen.


Vince Flynn starb wie zuvor schon erwähnt 2014 an einem Krebsleiden und schrieb diesen Roman im Jahr 2010 sowie "Kill shot" (2012) und "The last man" (auch 2012) noch selbst. Seine Erben haben sich dann irgendwann entschlossen, von einem Auftragsautor die Reihe weiterführen zu lassen. Die Wahl fiel auf Kyle Mills, der 2015 "The survivor" und für dieses Jahr im Oktober "Order to kill" folgen ließ. 
Kyle Mills ist keine schlechte Wahl, da er selbst schon einige Bücher veröffentlicht hatte. Darunter die Reihe um Mark Beamon, die auch in Detuschland erschienen ist. Zu Beginn der Reihe war Beamon eine seltene Figur in der Serienlandschaft um Agenten im Staatsdienst. Übergewichtig, versoffen, Raucher und vor allen Dingen faul und verfressen. Ihm war ein ruhiges Plätzchen in einer ruhigen Stadt wichtiger als sonst was, naja, aufs Gehalt wollte er auch nicht verzichten. Dennoch schlidderte er in knifflige Fälle. Danach hat Mills ihn angepasst und er war nur noch einer unter vielen. Es folgten einige Stand-Alone, die mal mehr und mal weniger gelungen waren. Das letzte Buch von Einzelromanen, das ich kaufte, war "Global Warning aka Darkness falls" und ich fand es schwach. Das Thema hatte Andreas Eschbach entschieden besser abgehandelt. Aber Kyle Mills wurde auch auserkoren, an der Reihe "Covert One" mitzuarbeiten, die Robert Ludlum zwar noch auf seinem To-Do-Zettel hatte, aber ncht mehr schreiben konnte. Die Serie um Jon Smith wird von Leuten wie Gayle Lynds, Jamie Freveletti, Joesph Finder oder eben Kyle Mills verfasst. Und mit den bisher drei Büchern, die Mills zur Reihe beigetragen hat, konnte er auch wieder an frühere gute Zeiten anknüpfen.

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