Freitag, 22. Juli 2016

Buchreview "Skull Moon" T. Curran

Tim Curran. Montana 1878: Das Böse terrorisiert das kleine Städtchen Wolf Creek. Eine hungrige Kreatur schleicht durch die Nacht und hinterlässt eine Spur angefressener Leichenteile. Niemand kennt es, niemand hat es gesehen und niemand kann es stoppen. Deshalb wird Deputy U.S. Marshal Joseph Longtree nach Wolf Creek geschickt. Er weiß, dass hinter den Morden Sinn und Methode stehen – doch um die Wahrheit herauszufinden, muss er sich der Korruption und Verderbtheit vor Ort stellen und tief in den örtlichen Aberglauben eintauchen, bis er sich schließlich mit einem Monster aus der indianischen Mythologie konfrontiert sieht. Quelle: Amazon.de

Nachdem er einen Job erledigt hat und nun liebend gerne eine Ruhepause einlegen würde, trägt sein Boss dem Deputy US-Marshal Joseph Longtree einen neue Aufgabe an. In einem abgelegenen Kaff in den Indianergebieten ist es zu Morden und Aufruhr gekommen. Alles wirkt etwas unwirklich und sehr seltsam. Doch das kann hnicht daran hindern, sich seiner Arbeit zu widmen. Er stellt fest, dass in dem Ort Wolf Creek so einiges nicht stimmt und der Sheriff nur mehr ein abgehalfterter Säufer ist, die Region um das Kaff herum von einem Großrancher namens Ryan beherrscht wird und die kleine Stadt auch von ihm und seinen Leuten lebt. Außerdem leben in den Wäldern in der Nähe noch die Reste des Blackfoot-Stammes, die den Ausrottungskrieg durch die weißen Amerikaner überlebt haben. Doch hier ist noch mehr im Argen. Vor Jahresfrist haben zehn Mann - die Gang of Ten - hier einen alten Medizinmann gelyncht, dem ein Verbrechen angehängt wurde, das er nicht begangen hatte. Nun scheint die Zeit der Abrechnung gekommen, denn alle bisher Getöteten waren bei dem Ereignis dabei. Aber der Zustand, in dem die Leichen zurückgelassen wurden, ist extrem grausam. Zerstückelt, angefressen, auseinandergerissen und an die Seite geworfen wie überflüssiger Müll. So findet man die Überreste der vermissten Personen jedesmal auf. Longtree macht sich auf, um die Indianer zu befragen, die in dem Ort derart verhasst sind, dass man von den Weißen eh keine ehrliche Antwort bekäme. Zudem ist Longtree ein Halfbreed und hat dadurch weder bei den Weißen noch den Indianern ein gutes Standing. So stößt er auch im Indianerlager auf Ablehnung, erfährt aber dennoch einige Einzelheiten, die ihn aber an ihrem Wahrheitsgehalt zweifeln lassen. Doch der indianische Teil in ihm glaubt an solche Mythen und als er zusammen mit dem Deputy-Sheriff von Wolf Creek einen alten Indianerfriedhof findet und dort zwei Leichen ausgräbt, wird ihm vieles klar. Und es wird endgültig Zeit für den ultimativen Showdown.

"Skull Moon" beginnt wie ein reiner Western, ein Genre, dass in Deutschland leider keine Chance mehr hat und sozusagen tot ist. Verbrecherjagd, Lynchmord, Hass. Alles drin, was das Herz begehrt, wenn man das Genre mag. Irgendwie kam mir sein Longtree aber sehr wie ein Bruder des Serienhelden Longarm von Tabor Evans (Ein Sammelpseudonym mehrerer Autoren) Ende der 70-er, Anfang der 80-er Jahre vor - und das nicht nur wegen des Namens. Beruf, schmale Zigarren, Frauen - alles passt. In Deutschland war nach wenigen Ausgaben Schluss, in den USA findet die Reihe weiter guten Absatz. Tim Curran beweist wieder, dass er es versteht, auch in diesem Bereich unheimliche Spannung langsam aufzubauen und dann den Horrorfaktor nach und nach immer ein bisschen mehr hinzuzufügen, um die Atmosphäre dunkler und düsterer werden zu lassen. Viel trägt auch zum wachsenden Interesse bei, dass so ziemlich jeder im Ort ein Geheimnis zu hüten scheint, keiner ist, wer er zu sein vorgibt. Im zweiten Teil des Buches überwiegt dann eindeutig der Part des Westerns. Schlägereien, Schießereien, Duelle, Hinterhalte. Danach beginnt der finale Part, der dritte Teil. Ab jetzt werden die wahren Horrorfans mit dem verzückt, was sie sich von ihrem Genre so begeistert erwarten - einem wahrlich unglaublichen Gemetzel. Die Positionen sind alle abgesteckt und jeder weiß, was er zu tun hat bzw. dass er wohl kaum eine Chance hat gegen diese Bestie, die hier umgeht. Und diese hat sogar Pläne, ist nicht nur ein rächender Mythos indianischen Aberglaubens. Er zerfleischt seine Feinde, reißt ihnen die Eingeweise raus, zermatscht Köpfe und pflückt sich die Augen wie Kirschen von nem Baum. Er kaut und schmatzt, bis er fett und rund ist. Wirft die Knochen mit Fleischresten beiseite und macht weiter, immer weiter. Rot wie Blut wird der Schnee - kein Wunder, denn der Lebenssaft ist es ja, der das Weiße tränkt. Und der Skullhead will die Welt beherrschen, seine Sklaven für sich arbeiten lassen, er scheint schier unbezwingbar. Hat er keine Schwäche? Zerplatzte Leichname, angefressene Säuglinge, enthauptete Frauen und Männer. Grob, derb, blutig und brutal hetzt Tim Curran den Leser durch dieses absolut kurzweilige letzte Drittel eines Romanes, der unter seiner scheinbaren Oberflächlickeit auch den Rassismus ebenso anprangert wie die damals so teuflischen Vernichtungsstrategien der weißen Eroberer gegen die Ureinwohner. Nehmt ihnen die Nahrungsquellen und sie gehen von selber ein, den Rest sammlen wir ein und packen sie in miese Reservate, wo wir sie verhungern lassen. Also insgesamt viel Atmosphäre, schöne unheimliche Schauplätze, Geheimnisse, Mythen, richtiges Westernflair und verdammt viel Splatter in einer wahren Blutorgie, die dennoch nicht die vielen menschlichen Tragödien, die Verbrechen nicht verhehlt, die es zu der damaligen Zeit gab und somit auch eine gewisse Ernsthaftigkeit mit ins Spiel bringt, die so manchen Autoren völlig abgeht. Bücher mit dieser Thematik darf es gerne mehr geben. Oder hin und wieder einfach mal einen Western der härteren Gangart, den Adult-Western.

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