Dienstag, 12. April 2016

Buchreview "Zombie Inc." C. Dougherty

Chris Dougherty. Willkommen bei ZOMBIE INC., dem führenden Hersteller von Zombieabwehrsystemen in der Republik der Vereinigten Fünf Staaten! Seit 2027 im Geschäft, stellt ZOMBIE INC. Sie an erste Stelle. Ihre Sicherheit ist unser Hauptziel! Unsere zahlreichen Verteidigungsoptionen für Ihr Zuhause - vom Ze Fence® über Ze Popper® bis zum Ze Shed® - passen sich allen Bedürfnissen und jedem Budget an. Benutzen Sie den Scan Code »Mehr Efahren«, um eine Kostenlose unverbindliche vor-Ort*-Beratung zu erhalten. *Planen Sie Ihren Termin im Vertrauen darauf, Ihr Haus niemals verlassen müssen! Da draußen ist es nicht sicher, und das wissen wir besser als die meisten Menschen! Unsere Vertriebsmitarbeiter sind gut ausgebildet und in der Lage sämtliche feindlichen Begegnungen mit den Lebenden und den Untoten zu bewältigen. Fünfundzwanzig Jahre nach der tödlichen Seuche steckt das erfolgreichste Unternehmen der Republik der Vereinigten Fünf Staaten, ZOMBIE INC., in Schwierigkeiten. Wird die bloße Tatsache von abnehmendem Nachschub und schwindender Nachfrage das Ende sein oder wird ZOMBIE INC. einen - wie auch immer widerwärtigen - Weg finden, um zu überleben?

Es wird das Jahr 2053 geschrieben. Eine Zeit nach dem Ausbruch der großen Zombieseuche von 2027. Diese Epoche hat die Welt umgekrempelt. Neue Firmen schossen quasi aus dem Boden. Neue Staatenbünde wurden geschlossen. Zombie Inc. ist eine dieser Firmen und ansässig in den Vereinigten Fünf Staaten. Die Sicherheitsfirma hat über Jahre hinweg immer neuere Modelle zur Sicherung der Menschen vor den aggressiven Zombies entwickelt. Zäune, tödliche Halsbänder, und ihre eigene Einsatztruppe - die Wrangler. Eine eingeschworene Gemeinschaft, die alle außerhalb ihrer Gruppe mit Abby bezeichnet, völlig unabhängig vom Geschlecht. Dann gibt es noch die Außendienstler. Zu ihnen gehört Carl, schon lange Jahre bei der Firma und sogar so alt, dass er sich noch viele Annehmlichkeiten von vor der Katastrophe erinnern kann. Ihm zur Seite gestellt hat man Dillalia. Mit ihren sechsundzwanzig Jahren ein Frischling, die mit dem Alten neben sich so gar nichts gemein hat. Keine Ahnung, von was der quatscht, wenn er von früher erzählt. Carl und Dillalia betreuen die Kunden von Zombie Inc. Alle anderen außer den Wranglern wohnen und arbeiten in sicheren Anlagen, zumeist eh im Besitz von Zombie Inc. Der Schutz vor den untoten Toten ist DAS große Geschäft des Konzerns mit den strengen Regeln und Arbeitszeiten. Doch nach und nach tauchen Ungereimtheiten auf. Als es immer mehr werden, beginnt sogar Dillalia sich ihre Gedanken zu  machen. Was passiert, wenn es keine Zombies mehr gibt? Doch ist das überhaupt möglich - keine Zombies mehr? Sie kennt eine Welt ohne Zombies gar nicht. Jetzt erinnert sie sich Carls Worte über alte Zeiten. Kann es tatsächlich so werden?

Es sei vorausgeschickt, dass dies kein traditioneller Zombie-Roman ist. Er besteht nicht nur aus Jagd auf Menschenfleisch und Headshots. Action gibt es zwar, die lockert den Rahmen auf, aber insgesamt ist es eine satirische Gesellschaftskritik, die durch bestimmte Einschübe tatsächlich an die Parts in "Starship Troopers" erinnert. Und das Motto: "Ihre Sicherheit ist unser Hauptziel!" könnte das gemeinsame Motto von Regierung und IS sein, schließen sich wollen beide ja das Gleiche, hehe. Nach dem ersten kleinen Vorfall entwickelt sich die Beziehung der beiden ungleichen Partner rasch vorwärts, man diskutiert über diverse soziale Errungenschaften, die es früher gab, die aber heutzutage undenkbar sind. Um eine Beschäftigung zu garantieren, gibt es die 7-Tage-Woche. Dient ja auch dem Schutz der Mitarbeiter, wenn sie nicht draußen rumstreunen und Zombies in die Hand bzw. vor die Kauleiste fallen können. Urlaub? Was soll der Scheiß, faul in der Sonne liegen, der man wegen Krebsgefahr eh aus dem Weg geht. Bleibt lieber drinnen und arbeitet, da ist es auch sicher vor der Sonne. Verschärfte Regelungen zur sexuellen Belästigung sind derart gestaltet, dass es verschärfte Regelungen gegen Sex sind. Es würde ja der Firma schaden, wenn sie einem Angehörigen das Sterbegeld auszahlen müsste. Nachdem Ex-Präsident Clooney noch kurz in die Pfanne gehauen wurde, vergleicht man schnell mal die Organisation ZAMS (Zombies als Menschen sehen) mit militanten Gruppierungen wie PETA und auch den Vegetariern und Veganern. Sie schaden den Menschen in ihrem Umfeld nur - und der Firma. Und auch die schönen Bonussyteme der Regierung, die den Leuten 1000 Scheine Zuschuss verspricht, wenn sie in ihrem Niedriglohn noch 5000 Scheine für irgendeine Neuerung investiert. Ja, so wird vollkapitalistisch die Wirtschaft gestärkt. Kein Wunder, dass die Regierungen nur noch als korrupte Marionetten der Zombie Inc. im Jahre 2053 gesehen werden (War doch 2053, oder heute? Mist, wieder veralzheimert.) und der folgende Witz kursiert: Wie nennt man eine angepflockte Ziege im Regierungspalast? Keine Ahnung? Wirklich nicht? Natürlich nennt man sie "Ein Bordell". Ja, so ist sie, die moderne Welt. Mit den kleinen Einschüben über den rigorosen Umgang und Abbau von Vergünstigungen und Rechten, die viele frühere Generationen hart erkämpft hatten und der Ahnungslosigkeit der Jugend, kehrt trotz des ernsten und viel zu aktuellen Themas durchaus auch ein Humor in die Story ein, der immer mal wieder ein Schmunzeln auslöst. Und die Wrangler-Truppe mit ihrem fast unverständlichen Dialekt (übrigens im Englischen mindestens genauso grausam wie in der Übersetzung - hab extra nachgefragt, Might Mike.) erinnert mit Outfit uind Gehabe schnell an die Truppe um Arnold Schwarzenegger in "Sabotage". So ist "Zombie Inc." teilweise richtig belustigend und vollgepackt mit richtig ätzender Sozialkritik und fast schon ein Plädoyer, sich die Kapitalismushörigkeit (oder Bestechlichkeit) der Regierungen durch Mega-Konzerne nicht mehr länger bieten zu lassen, denn das Ende vom Lied ist dann wirklich die 7-Tage-Woche. Die Konzerne wurden ja schon dafür belohnt, dass sie ihre Lobbyisten so großzügig arbeiten lassen! Schnell hat man ihren Anteil an den Krankenkassenbeiträgen gedeckelt und lässt sie jetzt völlig losgelöst großmarktschreierisch nach mehr Flexibilität durch die Arbeitnehmer aufgrund neuer Möglichkeiten winseln, während die Flexibilität der Konzerne und Regierungen bei Lohnverhandlungen grundsätzlich mit dem Wort STARR noch ungenügend beschrieben ist. Und sollte der Leser es geschafft haben, darüber zu grübeln, reißt ihn dann der Autor mit einer ordentlichen Portion Action aus der Nachdenklichkeit. Kapitalismus gegen Menschen, Firmenstrukturen gegen Zombies. Ein feiner Plot, garniert mit viel Kritik und zum Ende hin auch mit der bekannten Zombiekost, die aber dennoch nur die Rahmenbedingungen für diesen guten Roman liefert. Ungewohnt und gerade deshalb gelungen.

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