Donnerstag, 25. Februar 2016

Buchreview "Killer instinct" H. Linskey

Howard Linskey. David Blake leitet die Geschicke des organisierten Verbrechens im nordenglischen Newcastle, und er weiß genau, dass er diesen Job nicht kündigen kann. Denn aufhören kann man nur als Toter. Und langsam wird es eng für David. Die Polizei sitzt ihm im Nacken, russische und serbische Syndikate, die vor keiner Brutalität zurückschrecken, machen ihm sein Territorium streitig. Es geht ums Ganze – und vor allem ums Überleben.

David Blake ist mit seinem Bodyguard Joe Kinane unterwegs als zwei dreiste Jungspunde sie mit ihrem Auto quasi zur Seite drängen und davonrasen. Während Blake kein Aufsehen erregen will, ist Kinane derart angefressen, dass er die Schwachmaten verfolgt und ihnen zeigen will, was er von jugendlichen Rasern ohne Hirn und Verstand hält. Nach einer wilden Jagd können sie die Kerlchen stoppen und zeigen ihnen, wo der Hammer hängt. Aber Blake hat andere Probleme: Die Tochter eines Bullen, der ihm ständig an den Hacken hing, wurde bestialisch ermordet und im Wald entsorgt. Selbstverständlich ist er der Hauptverdächtige. Sein Mann bei der Polizei, Sharp, warnt ihn und als er dann auch schon abgeholt wird, ist er vorbereitet. Nicht ahnen konnte er, dass auch der Polizeichef ihn nicht für so blöd hält, dass er sich so offensichtlich als Killer präsentiert. Er gibt ihm die Gelegenheit, den Mörder zu finden. Doch damit nicht genug: Sein Finanzexperte wird geschasst. Eigentlich nur wegen Fahren unter Alkoholeinfluss, aber bei der Überprüfung der DNA stellt sich heraus, dass er vor einigen Jahren eine 13-Jährige missbraucht und getötet hat. Also wird er verknackt - und hat das Geld vom Boss selbstverständlich gut gesichert auf Konten auf den Caymans verwahrt, zu denen nur er Zugang hat. Ein russischer Milliardär will Blake zudem dazu benutzen, über dessen Routen zum Schmuggel auch einige Attentäter nach Russland zu bringen, die das Land in Aufruhr versetzen, um den derzeitigen Alleinherrscher von seinem Thron zu jagen. Und in Schottland sind miese Gangster aus Serbien angetreten, um das Territorium mit Gewalt zu übernehmen. Gewalt, die sie aus ihren ethnischen Säuberungen während des Balkan-Konfliktes gewohnt sind. 

Nach "Crime machine" und "Gangland" nun mit "Killer Instinct" der Abschluss des düsteren Gangster-Epos über den Emporkömmling in Newcastles Unterwelt David Blake. Schon nach seinem Mord an seinem Boss musste Blake feststellen, dass man sich heutzutage als Syndikatsführer mit den Regeln der modernen Wirtschaft auskennen muss - oder der Staatsführung. Wer da von wem abgeschaut hat, ist nicht mehr festzustellen. Wie in Wirtschaft und Politk lauern überall Konkurrenten, die an ausstechen muss und dabei auch nicht zimperlich vorgeht. Lug und Trug gehören ebenso dazu wie bezahlte Honoratioren und gekaufte Gesetzesvertreter und auch der ein oder andere Mord. In "Killer Instinct" ballt sich alles zusammen und für den eloquenten Gangsterboss wird es erwartungsgemäß eng. Niemand hält sich ewig an der Spitze eines Kartells ohne irgendwann an seine Grenzen zu gelangen, wie Blakes Vorgänger ja zu spüren bekam. Blake muss an allen Fronten kämpfen, sogar an der privaten. Blake ist mittlerweile nur ein schwer gestresster Manager, ein Vorgesetzter, wie ihn manche Psychologen schon als Wirtschaftspsychopathen beschrieben haben. Ob im Leben oder im Sport - es ist leichter an die Spitze zu kommen als sich dort zu halten. Ständig neue Gegner und neue Herausforderungen sind zu bewältigen/zu beseitigen. Was ist nun so besonders an dieser Trilogie? Eindeutig die Hauptfigur. War er zuvor nur einer dieser Berater, die sich durchlavierten und damit herausredeten, dass sie keine richtigen Verbrechen begingen, wurde dieser Yuppie schnell zu einem Führer des organisierten Verbrechens. Aber einer, der ein echter Blender ist. Er hat Charme, ist intelligent, versteht es, sich auszudrücken, sein Gegenüber einzuwickeln, Sympathien auf sich zu vereinen. Und die große Kunst des Autors ist, dass genau dies auch dem Leser passiert. Er weiß genau, dass dieser Blake ein skrupelloser Killer ist, ein eiskalter Mörder, ein Boss, der zwar einige ungeschriebene Gesetze der Branche einhält, aber sonst genauso rücksichtslos zum eigenen Vorteil agiert wie andere Verbrecher auch - und dennoch erwischt man sich dabei, wie man mit ihm mitfiebert, wie man unschlüssig ist, welches Ende man dem Typen wünschen soll. Ich hatte mit meinem übrigens nicht recht. Und so ganz nebenbei gibt Howard Linskey (und irgendwie scheint sich das bei britischen Autoren in letzter Zeit zu häufen) dem Profifußball und seinen über die Maßen verhätschelten Protagonisten ordentlich einen mit auf den Weg. Drogenmissbrauch, Selbstüberschätzung, Starkult für Analphabeten und so weiter. Und ein Name taucht aus welchen Gründen auch immer fast jedes Mal auf: David Beckham. Und selten positiv. Und die Scheinheiligkeit der amerikanischen Politik mit ihren Geheimgefängnissen, Aktionen auf dem Gebiet souveräner Staaten und ihren fadenscheinigen Begründungen dazu, während sie anderen Nationen das Recht für ebensolches Gebaren als selbsternannter Weltpolizist absprechen, darf ebenfalls nicht fehlen. Da wird soviel gelogen wie in anderen Institutionen, die sich für unfehlbar halten, sei es nun Amnesty International, Greenpeace, Politik, Medien, Religion oder Sekten, überall der gleiche Sumpf. Selbst die sogenannten Gesundheitsapostel wie Vegetarier oder Veganer, Nichtraucher oder Baumumarmer werde nicht ausgespart. Selbstverständlich werden solche kleinen Vergehen nur bei den Moralaposteln gerne übersehen oder bleiben unerwähnt. Natürlich bleibt auch die momentane Situation in Russland nicht so ganz unerwähnt und man denkt gegen Ende durchaus auch mal an die vielen skandinavischen Thriller, in denen das Verhältnis zum großen Nachbarn gerne thematisiert wird. Daher ist diese Trilogie nicht nur ein faszinierendes Gangsterdrama im großen Stil, sondern auch eine recht zynische Abrechnung mit dem, was heute in der Welt so vor sich geht. Niemals sollte man dem äußeren Schein auch nur ansatzweise vertrauen. Man kann nur verlieren.

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