Dienstag, 23. Februar 2016

Buchreview "Götter der Schuld" M. Connelly

Michael Connelly. Der mit allen Wassern gewaschene Anwalt Mickey Haller wird in Los Angeles in den Mordfall an einem Callgirl verwickelt. Er kennt die Tote, denn vor einiger Zeit hatte er Gloria Dayton vor Gericht herausgehauen. Die Anklage wegen Kokainschmuggels wurde fallengelassen, als die Frau ihre Hintermänner preisgab. Doch nun wird ihrdigitaler Zuhälter des Mordes beschuldigt. Der Mann, der Glorias Internetauftritt managte, beteuert seine Unschuld - und Haller wird den Verdacht nicht los, dass sein Erfolg damals vor Gericht unvorhergesehene Folgen gehabt hat.

Mickey Haller ist Strafverteidiger. Einer, der seine Kanzlei in einem Lincoln untergebracht hat und sich von einem Chauffeur zu den entsprechenden Locations seiner Fälle oder Verhandlungen kutschieren lässt. Selbstverständlich unterhält auch er ein Büro, das seine Mitarbeiter für die Prozessvorbereitung oder den unvermeidlichen Papierkrieg nutzen. Und nachdem er einem Mandanten zu einer Wiederaufnahme des Verfahrens verholfen hatte, nachdem er das erste sabotiert hat, kommt ihm ein neuer Fall unter. Er soll Andre La Cosse vertreten. Der wiederum hat sich an ihn gewandt, weil er seine Adresse von Gloria Dayton hat, einer früheren Mandanit von Haller. Der ist überrascht, denn diese sollte längst unter anderem Namen in Hawaii untergetaucht sein. War sie aber nicht - und jetzt soll Andre sie umgebracht haben. Der Ansatz von Haller ist klar: Er beginnt bei den Mädchen, die Andre ebenfalls betreute und fragt nach gemeinsamen Jobs mit Gloria. Ausserdem gibt es da eine verdächtige Sache in einem Hotel, wo Gloria zu einem Zimmer bestellt wurde, dann aber kein Freier wartete. Dafür aber ein Mann, der sie dann verfolgte. Da der Vorfall aber auch La Cosse seltsam vorkam, vermutete der, dass die Lady ihn bescheißen würde und wurde beim Streit ums Geld etwas grob. La Cosse wirkt immer verdächtiger. Und dann mischen in der Sache auch noch die Bosse von damals mit. Der eine hat sogar seinen bestenfalls unfähigen Sohn damit beauftragt, ihn aus dem Knast zu pauken. Schon nach kurzer Zeit des Kennenlernens ist Mickey Haller sicher, dass das nichts wird und bietet seine Dienste an. Dazu kommt noch sein Privatleben, das unter den Folgen des Unfalls eines betrunkenen Fahrers leidet, den er zuvor erst vor einer Klage wegen Fahrens unter Alkoholeinfluss bewahrt hatte. 

Wenn es um Gerichtsthriller geht, wird ja immer zuerst John Grisham genannt. Doch der lebt mittlerweile nur noch von seinem guten Ruf, den er sich mit seinen ersten, wirklich herausragenden Thrillern erarbeitet hatte. Seit längerer Zeit schreibt er bestenfalls unterhaltsames Mittelmaß oder hin und wieder einschläfernde Reiseführer mit Lokalkolorit, die dem Leser dann als Thriller verkauft werden. Dabei gibt es in diesem Metier doch mit John Lescroart, Scott Turow oder eben Michael Connelly Autoren, die es besser verstehen, dem geneigten Kunden spannende Gerichtsthriller zu liefern. Bei "Götter der Schuld" (Der Begriff wird im Buch dann auch näher erläutert) ist mir der Anfang mit den schäbigen Auswüchsen und Tricks im amerikanischen Rechtssystem doch auf den Magen der Gerechtigkeit geschlagen. Hat man so einen Anwalt auf der eigenen Seite, ist man gut dran, ist er aber der Gegner, wird man fies gelinkt - im Rahmen des US-Rechts. Erster Gedanke: an die Wand gestellt - den Anwalt. Und die Preise, die die für ne Verteidigung aufrufen sind ebenfalls ruinös für ihre Kunden, unanständig und unmoralisch. Hoffentlich wird diese Art der Rechtsprechung nicht völlig von den Europäern übernommen, bei denen es bisher "nur" heißt, wer Geld hat, wird kaum bestraft. Siehe Konzernchefs oder Politiker. Das Buch und die Geschichte sind für einen Thriller auf dem Massenmarkt gut konstruiert und nicht flach nach dem üblichen Schema geschrieben oder einfach mal schnell "rausgehauen", wie es bei so manch anderen Schreiberlingen den Eindruck macht, die sich besonders damals nach Grishams ersten Erfolgen Chancen in diesem Gerne ausrechneten. Sie lagen ja nicht so falsch - lange Zeit wurde jeder vierklassige Hobby-Autor von den Verlagen mit einem Vertrag verfolgt. Doch bald wurde ausgesiebt und geblieben sind nur die Besten oder die am besten Beworbenen. Nach und nach entfaltet sich die Story bei Connelly, er legt falsche Fährten, baut komplexe Handlungsstränge ein und lässt auch den Emotionen um das Privatleben des Lincoln Lawyer (verfilmt als "Der Mandant") ihren Raum. Der Thrill bleibt erhalten bis zum Ende, das man als Leser so nicht vorausahnen kann. Ein typischer Connelly eben, in dem Mickey Haller auch ganz kurz einige Worte mit Harry Bosch, der anderen Serienfigur aus Connellys Feder und derzeit als TV-Serie mit Titus Welliver auf den Bildschirmen, wechseln kann. Spannend, gut, mit einigen Wendungen und einem nicht ganz so befriedigenden Ende in der ach so heilen Welt, wie es einem von John Grisham gerne vorgegaukelt wird.

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