Freitag, 26. Februar 2016

Buchreview "Die Minotauress"


Edward Lee. Betrete die kranke Welt von Edward Lee. Lese die Abenteuer der geistesgestörten Rednecks Ball und Dicky (bekannt aus Bighead), wie sie auf unglaublich schmutzige Huren treffen, auf einen Serienkiller - und auf etwas Unvorstellbares, das man passenderweise Spermatogoyle nennt. Doch dann treffen sie auf die Minotauress.

Luntville im Süden der USA. Ein Kaff, das nicht einmal Joe Lansdale freiwillig erwähnen würde. Mit Bewohnern, die bei Besuch schnell versteckt werden müssten, um sich nicht zu blamieren. Dort leben Balls und Dickie. Nachdem Balls gerade aus dem Knast kommt, wird est einmal kräftig gepichelt und wahrhaft rotzige Sprüche geklopft. Doch die Sauferei kostet Geld. Da muss ein lukrativer Job her. Schwarzgebranntem schnell über die Staatsgrenze zu verhelfen, wäre da so eine Möglichkeit. Doch davor steht die Bewerbung. Gaaaanz üble Sache. Aber hey, es sind Balls und Dickie. Denen ist nichts zu schmutzig. Wobei in der Gegend eigentlich eh nichts zu schmutzig sein kann. Und dorthin verschlägt es den Schriftsteller. Er will eigentlich mit dem Bus nur durchreisen - es gäbe wohl auch nix, das ihn dort halten könnte -, aber die Gesellschaft und der Mief im Bus sowie die Hinterlassenschaften auf der rückwärtigen Bank, die er auch erdulden musste, lassen ihn gerade hier aussteigen. In dieser Hölle auf Erden will er seinen großen Roman schreiben. Doch erst einmal lernt er die Einheimischen und ihre seltsamen Gebräauche kennen, kommt dabei aber absolut nicht mit seinem großen Epos voran. Anderthalb Zeilen - und dann lernt er auch noch Dickie und Balls kennen. Keine guten Voraussetzungen für einen gebildeten Autor, der dann doch tatsächlich einen literarisch gebildeten Menschen trifft. Dass dieser nicht gerade als Vorbild für andere dienen sollte, bemerkt er erst später. Zudem gelangt er noch mit den beiden Vollhonks zum Anwesen von Crafter, einem alten und knorrigen Typen, der sich bestimmten Forschungen verschrieben hat. Was die Drei dort erleben, spottet jeder Beschreibung. Und die Minotauress erst - Junge, Junge, da müssen sogar die Abgebrühtesten Rednecks erst einmal tief durchatmen.

Ein Edward Lee wie er leibt und lebt. Fäkalsprache im Land der Ungebildeten. Verwatzte rednecks, die sich mit Schwarzbrennerei und Schmuggel ihren Lebensunterhalt verdienen, ihre Untaten für normal halten und die sexuellen Abartigkeiten für normales Liebesspiel. Nach einem Header lernt man jetzt auch einen Rucking kennen (mehr dazu selbstverständlich im Buch). Der Autor liebt seine Übertreibungen, seine ekligen Geschmacklosigkeiten, mit denen er Grenzen auslotet, wie weit er gehen kann. Ja, das Kopfschütteln oder den Würgereflex, den er beim Leser auslöst, beabsichtigt er. Das ist seine Form von Spaß. Wem es zu hart ist, der ist zu schwach. Fertig. Und er spielt natürlich mit diversen Andeutungen aus anderen Büchern, die er dem lesenden Volk schon an den Kopf geknallt hat. Da ist der Opa-Schuhmacher, dem ein Arzt mitgeteilt hat, dass man ihm wegen Diabetes die Füße amputieren müsste (Ohne eben jene dann in "Header"), da sind natürlich Balls und Dickie, die einige Jahre später "Bighead" begegnen werden und da wird auch "Mr. Torso" erwähnt (Beim Festa-Verlag schon angekündigt) kurz erwähnt in all diesen Anspielungen auf frühere Literatur-Verbrechen von Edward Lee. Und als Bonus hat Mr. Lee dann auch noch ein feines Spiel eingebaut. Es  nennt sich "Such-die-Handlung" und hat es wirklich in sich, da er genau diese gut versteckt hat. Und es braucht dann auch schon zwei Drittel Geduld, bis die titelgebende Minotauress auch ihren Auftritt bekommt, der dann aber wieder die typischen Tugenden des Autors zutage bringt. Apropos Autor - man beachte bitte den Schluss. 
"Die Minotauress" sollte man meines Erachtens in keinem Fall ernst nehmen. Für mich ist es das, was Edward Lee unter einem reinen Spaßbuch versteht. Er scheint sich köstlich amüsiert zu haben und wer das nicht auch tut, hat halt Pech gehabt. Ist jetzt nicht das Highlight in seiner Bibliographie, aber wer seine anderen Bücher alle gelesen hat, weiß dann eben auch, dass er durchaus anders kann.

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