Dienstag, 12. Januar 2016

Buchreview "Feuertod" T. Curran

Tim Curran. Sei leise. Ganz leise. Kein Geräusch. Sie sehen dich nämlich nicht. Aber sie können dich hören.Eine glühende Höllenbrunst aus radioaktivem Staub hat sie auf unsere Welt geführt. Sie brennen dir das Fleisch von den Knochen, sobald sie dich berühren.Hörst du sie? Sie kommen, gierig auf alles, was sich bewegt - und atmet.Sei leise. Ganz leise.Wehe, du schreist!

Middleburg ist ein ruhiges Städtchen ohne irgendwelche Besonderheiten. Abgesehen von der Hitzewelle unter der es leidet. Den Menschen geht diese Trockenheit langsam auf den Keks und daher ist die Freude groß als gegen Abend die ersten Tropfen fallen. Doch was ist das? Der Regen ist irgendwie heiß. Und bald prasselt dieses heiße Wasser auf die Menschen nieder, verbrüht sie, weicht sie fast auf. Gerade genug, um sie für den nach dem Regen kommenden Meteoritenstaub bereit zu machen. Der brennt Löcher in die Haut der Bewohner, frisst sich durch die Körper, lässt das Blut kochen und die Gehirne verdampfen. Flucht scheint sinnlos, denn jeder, der getroffen wurde ist dem Tode geweiht. Nur die Personen, die nicht im Regen der dem Staub ausgesetzt waren, bleiben unversehrt. Vorerst. Die Dunkelheit setzt ein und plötzlich dringen Klopgeräuache durch die Stadt. Da ist die junge Abby, die als Babysitterin bei der kleinen Megan ist. Sie überlegt lange, ob sie zum Nachbarhaus gehen soll, da sie ihre Pflichten dem Baby gegenüber nicht vernachlässigen will. Letztendlich geht sie doch rüber und entkommt dann nur ganz knapp einem Wesen, wie sie es noch nie gesehen hat. Sie ist in Flammen gehüllt und bringt Feuer über die Menschen, die es sucht. Bei dieser Gelegenheit kann Abby auch registrieren, dass diese Erscheinungen die Leute nicht sehen können, aber hören. Es heißt also leise sein, wenn sie wieder zurück zum Baby Megan schleicht und sich mit dem Kind versteckt. Überall in der Stadt werden Menschen gekocht, verbrannt, zerstückelt, als verkohlte Knochenhaufen zurückgelassen. Sei es eine alte Nachbarin, die ihre Gegen vom Fenster aus überwacht, oder die Polizei, die zu den einzelnen Brandherden und Toten gerufen wird. Die Ordnungshüter haben eh keine Chance gegen diese Bedrohung. Schießen nutzt nix, ebenso sind andere Waffen völlig wertlos. Selbst die Nationalgarde, die nach Middleburg geschickt wird, muss schnell lernen, dass sie sich hier nur den Arsch verbrennt - wortwörtlich. Zu den Menschen, die es geschafft haben, sich vor diesen Feuerwesen zu verstecken, gehört auch Tommy, der Taxifahrer. Bei seinem Weg durch die Stadt, der Suche nach einem Fluchtweg, trifft er auch auf Megan, die mittlerweile zwei weitere Kids im Schlepptau hat. Sie wollen gemeinsam fliehen. Doch das scheint gegen diese unverwundbaren Feinde unmöglich. Oder doch nicht?

One hot night in the city oder auch City under fire. So könnte man das Feuerwerk nennen, das Tim Curran hier abbrennt oder wie Körperfett zu Kochfett wird - die ideale Diät (von der Politiker aller Nationen sich fernhalten dürften, hat diese Diät ja nix mit Geld zu tun, das sie abschöpfen können). Und er kommt direkt zur Sache. Vorgeplänkel? Wozu denn, dauert viel zu lange. Es kommt schon nach einer halten Seite zu der Katastrophe Beginn. Es bleibt auch bei einem stetig hohen Tempo - als hätte er statt dem Brandbeschleuniger im Buch für sich einen Schreibeschleuniger entdeckt. Die Kapitel sind kurz, die Charakterzeichnung ziemlich knapp, man bekommt Figuren vorgesetzt, die man aus Dutzenden anderen Geschichten kennt, sei es nun Buch oder Film. Es bleibt zudem auch nicht viel Zeit für dialoglastige Sequenzen, da der Autor sich mehr und mehr auf die Bedrohung konzentriert und zwischendurch einige Einzelschicksale abruft, bei denen man sich schnell denken kann, dass sie dem Scheiterhaufen, zu dem Middleburg von Minute zu Minute immer mehr wird, nicht entrinnen können. Als Leser gibt es kaum Figuren, auf die man mit dem Finger zeigen und sagen kann, der ist dazu gedacht, dem Inferno zu entkommen. Ja, hier bekommt "Flammendes Inferno" eine ganz andere Bedeutung als dereinst in den 70-er Jahren mit Steve McQueen und Paul Newman (Tim Curran pflegt auch wieder einige Filmtitel ein, wenn auch nicht die von mir hier genannten) oder auch "Stadt in Flammen" mit Barry Newman. In "Feuertod" erfährt man wenig über diese tödliche Bedrohung. Vermutungen deuten eine Auswirkung eines Meteoriten an, der vor kurzer Zeit sehr knapp an der Erde vorbei schrammte. Belegt ist das nicht. Und warum gerade Middleburg? Hier wohnen keine Menschen, die irgendwie aus dem Rahmen fallen, keine spinnerten Sektenmitglieder, die Verbrecherpopulation ist auch nicht weiter verbreitet als anderswo, die Religiosität hält sich ebenfalls in einem erträglichen Rahmen. Was bringt dieses Unheil also nach Middleburg? Wieso müssen gerade diese Menschen sich vor dem "Feuertod" fürchten, von Feuerzombies zu dergleichen gebrannt werden, vor glühenden Hitzekugeln in Deckung gehen und solange noch Leben in ihnen mitansehen, wie ihre Stadt einem infernalischen Feuer anheim fällt, das wie ein Alienangriff wirkt? Sind es tatsächlich Außerirdische? Eine wirkliche Erklärung bekommt der Leser hier kaum geliefert, die Romanfiguren bleiben auch im Dunkeln (was denen vermutlich lieber ist, denn da ist wenigstens kein Feuer). Tim Curran drückt in seinen 50 Kapiteln das Gaspedal voll durch, lässt die Ereignisse einer Nacht auf rund 250 Seiten in einem atemberaubenden Tempo am Leser vorbeiziehen und verzichtet auf irgendwelche bedeutsamen Bezüge zu was auch immer. Er beschränkt sich ausschließlich auf diesen feurigen Vernichtungsangriff und dessen Auswirkungen auf die Stadt und die Leute. Nur eine Episode für die Dauer einer Nacht. Viel Optimismus lässt er in seinem apokalyptischen Feuerreigen nicht aufkommen. Schnell, manchmal heftig, toller Lesestoff zum Abschalten und die Gedanken auf Urlaub zu schicken. Ist jetzt nicht DAS Highlight, aber doch leichter und unterhaltsamer Stoff, über den sich keiner ärgern braucht, wenn er ihn gelesen hat. Man soll aber nicht glauben, dass er in die Nähe der atmosphärisch dichteren Werke wie "Skin Medicine" reicht. Gut, aber eben nicht sehr gut. Aber ich hatte meinen kurzweiligen Lesespass.

Keine Kommentare: