Montag, 8. Juni 2015

Buchreview "Tag des Zorns" W. R. Forstchen

William R. Forstchen. Die schlimmsten Befürchtungen der amerikanischen Bevölkerung werden wahr. Islamistische Terrormilizen wüten direkt vor der Haustür und treffen die Menschen an ihrem verwundbarsten Punkt: Den eigenen Kindern. Angriffe auf Schulen überall im Land, brutale Schändungen und Massenerschießungen, tödliche Schüsse auf den Highways. Die US-Regierung kämpft darum, die Situation unter Kontrolle zu bringen, muss jedoch erkennen, dass sich religiöser Fanatismus und menschenverachtender Wahnsinn mit Logik und Vernunft nicht aufhalten lassen.  

Bob, Lehrer an einer Schule, macht sich am frühen Morgen aufbruchbereit, um zur Arbeit zu fahren und seine Tochter mitzunehmen, die in einer Klasse an seiner Schule unterrichtet wird. Seit Jahren schon nimmt er eine Waffe mit, um gewappnet zu sein, falls ein Amokläufer losballern sollte. Seine Frau Kathy bleibt mit der kleineren Tochter zu Hause und müht sich mit den normalen Dingen einer Hausfrau und Mutter ab. Doch dann hört sie draußen Sirenen, sieht Autos vorbeirasen und schaltet den TV an, um zu sehen, ob etwas in den Nachrichten über ein Unglück oder so kommt. Es wird schlimmer als sie befürchtet hat. In den letzten Monaten sind nach und nach Kämpfer der ISIS über die durchlässige Grenze zu Mexiko ins Land eingesickert und blieben von den Behörden völlig unbemerkt und somit auch unbehelligt. Sie benahmen sich wie Migranten, die schon länger im Land sind, vermieden jegliche Auffälligkeiten und warteten auf ihr Startsignal, das über einen Twitter-Account kam. Und sie schlagen los. An den Schulen. Kathy ruft Bob an, schickt ihm SMS, weil er nicht an den Apparat geht. Er soll den Fernseher im Lehrerpausenraum einschalten. Als er nach einer kleinlichen Auseinandersetzung mit einer älteren Lehrerin schin fast aufgeben will, sieht er drei maskierte und bewaffnete Männer über den Zugang Richtung Schule hetzen. Sie töten den Wachmann und dringen ins Gebäude ein, beginnen sofort auf Lehrpersonal und Schüler zu schießen, töten und verletzen viele davon. Bob rennt in die Klasse seiner Tochter, hebt diese durch ein eingeschlagenes Fenster und sagt ihr, sie solle fliehen. Dann kommt einer der Killer in den Saal und Bob verletzt ihn schwer. Der Mann kann aber nach draußen auf den Gang entkommen. Bob schafft erst die restlichen Kinder und die junge Lehrerin durchs Fenster ins Freie, bevor er den Typen verfolgt. Unterdessen machen andere Terroristen auf den Highways Jagd auf die panischen Eltern, die zu den Schulen rasen, um ihre Kinder zu holen. Auch sie töten etliche Amerikaner, fegen mit ihren Wagen und massenweise Munition die Asphaltspuren entlang und schießen auf alles, was sich bewegt, gehen wie ihre Mitkämpfer in den Schulen mit äußerster Brutalität vor.

Ich muss gestehen, dass ich aufgrund der ersten Hälfte des Buches ein Problem damit habe, es so einfach in die Sparte Actionkracher im Stile von Ben Coes oder Vince Flynn einzuordnen. Einfach zu bedrückend ist dieses (noch) fiktive Szenario, das der Autor hier entwirft. Wie soll man "Tag des Zorns" einordnen? Hetze? Warnung? Befürchtung? Voraussicht? Keine Ahnung, wohl von Allem etwas. Leider auch durchaus im Beriech des Möglichen. Die US-Grenzen sind löchrig wie der berühmte Schweizer Käse (Was sich ja auch an den Zahlen der illegalen Einwanderer aus den südlichen Regionen ablesen lässt.), die "Operation Fast in Furious" ist ebenfalls ein Fakt (Der schon von Don Winslow in "Das Kartell" Erwähnung fand), als die Amerikaner zur Bekämpfung der Kartelle eine umfangreiche Lieferung modernsten Kriegsgeräts an ihre südlichen Nachbarn liefern wollten und diese spurlos verschwand. Wäre so eine Attacke in Europa denkbar? Selbstverständlich, hier sind die Grenzen nicht löchrig, sondern offen wie ein Scheunentor. Jeder darf rein, kontrolliert wird nicht und die Gutmenschen in den Reihen von Politik und Organisationen sorgen dafür, dass der Zustrom nicht aufhört. Helfen wenn nötig - JA - abr auch kontrollieren. Forstchen beschreibt ein unvorbereitetes Land, das sich immer noch im Glauben an seine eigene Stärke wähnt und dass man durch Kontrollen, zunehmende Überwachung und Präsenz alles im Griff habe und sich ein Angriff auf "Gods own country" nicht wiederholen kann. Was sie gerne vergessen: Sie haben sich im Laufe der Dekaden durch ihr selbstsüchtiges Verhalten, ihre Gier und Korruption, ihre heuchlerische Verbreitung der Demokratie amerikanischer Art mit Waffengewalt und vorgetäuschten Motiven, dem Drang jedem die US-Lebensweise aufzuzwingen, überall Feinde geschaffen. Wäre es ihnen nicht gelungen, dass die Weltwirtschaft im Prinzip an der Titte der USA hängt, würden ihnen auch ihre westlichen Verbündeten (sklavisch Ergebenen trifft es auch) schon lange nicht mehr folgen. Über das Grauen, das sich ob der brutalen Ereignisse auch beim Leser einstellt, vergisst der Autor ebenso wie die fiktive Regierung des Buches recht schnell, dass in Vietnam und in den Indianerkriegen auch kein Halt vor Frauen und Kindern gemacht wurde. Die mittlerweile angelaufene Welle der Political Correctness kann diese Fakten auch nicht ungeschehen machen (Mal abgesehen davon, dass die nun auch reichlich übertrieben wird und den Gegnern in die Hände spielt.). Amerika hat das menschenverachtende System des Kapitalismus um jeden Preis doch erfunden und will es in die Welt transportieren, Andersgläubigen aufzwingen, und den Regierungen der USA war und ist dabei jedes Mittel recht. Menschenwürde, Bürgerrechte? Längst ad acta gelegt. Und diese Lebensart, nur auf schnellen Konsum und Kommerz, ständige Gewinnmaximierung ist in Europa auch auf dem Vormarsch. Brot und Spiele fürs Volk, damit es von den Schurkereien der gewählten Führer abgelenkt ist. Das soll die Methoden des ISIS nicht gut heißen, aber wundern darf man sich auch nicht. Nur davon ist im Buch keine Rede. Nachdem sich beim Leser das Grauen über dieses exzessive Vorgehen der Angreifer gelegt hat, merkt er schnell, dass nun doch die amerikanischen Helden zum Zug kommen. Der tapfere Leherer Bob, der es allein mit den Angreifern aufnimmt. Die Menschen auf den Highways, die sich zusammentun, um die Killer zu stoppen, die sich für andere aufopfern. Und das lapidare Abhaken von Fällen von Lynchjustiz im Land. Das Zusammenwirken von Medien und Regierung, das Täuschen der Bevölkerung durch angepasste Berichterstattung (Zensur gibt es ja angeblich nicht) wird heruntergespielt, während es beim Feind, der sich nur der gleichen Mittel bedient, verteufelt wird. Und der Schluss? Das öffentliche Leben zum Stillstand gebracht. All die Überwachung via Kameras, Satelliten, Drohnen, im Internet haben niemanden geschützt. Tun sie auch heute in der Realität nicht wirklich, da die Kriminalitätsraten steigen, die Aufklärung aber sinkt. Doch das interessiert ja keinen, solange man es nicht mit Terrorgefahr zu tun hat. Und die Definiton dafür ist schwammig, wird ausgelegt, wie man es gerade braucht. "Tag des Zorns" ist schnell, heftig, brutal und hart. Schonungslos wird ein Angriff temporeich und rasant geschildert, der sich den Taten der ISIS in der realen Welt bedient, dazu geeignet ist, Ängste zu schüren, härteres Vorgehen gegen Fremde zu fordern. Es ist in Teilen ein recht einseitiges Buch, aber auch eine beklemmende Schreckensvision, die noch lange nachwirkt, wenn man mit der gut zu lesenden Story schon lange durch ist.

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