Samstag, 30. Mai 2015

Buchreview "Rot" T. Soininvaara

Taavi Soininvaara. Leo Kara wird von Albträumen geplagt. Die Erinnerung an das tragische Schicksal seiner Familie kehrt zurück und er möchte Gewissheit, ob er Schuld am Tod seiner Mutter trägt. Dabei könnte ihm auch sein neuer Auftrag helfen: Ein Anwalt aus Helsinki vertritt eine Mandatin, Frau Vanhala, die im Besitz des sogenannten Smirnow-Materials ist, das die Tätigkeit prominenter finnischer Politiker für den KGB beweist. Leo Kara soll das Material den Behörden übergeben. Doch wem kann er trauen? Einmal mehr gerät Kara selbst in Gefahr. Denn Mundus Novus hat schon den kirgisischen Hitman Manas, Mörder von Karas Mutter, beauftragt, alle Mitwisser zu liquidieren. 

Leo Kara kommt aus Wien zurück, wohin es ihn nach den letzten Ereignissen verschlagen hatte. Er findet vor, dass Kati immer noch Probleme mit ihrem Ex-Mann Ukkola hat, der knapp vor einem Verfahren wegen diverser schwerer Vergehen und der Entlassung aus dem Polizeidienst steht. Ihre Tochter Vilma, die vor drei Jahren verschwand, ist immer noch nicht aufgetaucht und die Suche geht weiter. Und Kara? Der wird von Albträumen geplagt, in denen er sieht, wie seine Mutter, sein Vater und seine Schwester getötet werden, während er entkommen kann. Mittlerweile weiß er, dass sein Erzeuger zwar noch unter den Lebenden weilt, aber nicht, wo er ist. Nur dass er sich in den Fängen einer weltumspanneden Geheimorganisation namens Mundus Novus befindet, die an Standorten überall in der Welt Forschungszentren hat. Und dann tritt ein Anwalt an ihn heran, der mit brisantem Material aufwarten kann, da es die alten Seilschaften aufdeckt, die noch lange vor dem Mauerfall und dem Ende der Sowjetunion gegründet wurden und die auch heute noch existieren und nun für Russland tätig sind. Die Gruppe Finnen nennt sich Das Kabinett und keiner weiß, wer sich hinter diesem Namen alles verbirgt. Leo Kara stößt bei seinen Ermittlungen in ein Wespennest. Auch Katis Suche nach ihrer Tochter findet eine Wendung. Sie erfährt, dass diese bei einem finnischen Paar in Frankfurt ist, das sie im Prinzip gekauft hat. Als Kati vorspricht, um ihre Tochter zurückzubekommen, engagieren die Leute einen Anwalt. In Wien entdeckt seine dortige Freundin, dass ihr Sohn in Schwierigkeiten geraten ist und gegen einen gewissen Betrag aus dem Schlamassel rauskommen könnte. Geld, das sie nicht hat - aber ihr Vater, mit dem sie schon lange keinen Kontakt mehr hatte. Und in Finnland sterben nach und nach Mitwisser aus dem Umfeld des Kabinett und bald gerät auch Leo Kara ins Visier des Killers Manas.

Kleine Anmerkung vorab. Man sollte die beiden Vorgänger "Schwarz" sowie "Weiß" kennen, sonst braucht man gar nicht erst anzufangen mit der Lektüre. Außerdem empfehle ich, dass man das Personenverzeichnis zu Beginn des Buches überblättert, weil hier durchaus gespoilert wird. 
Auch "Rot" ist ein Thriller, der an internationalen Schauplätzen spielt, in dem alte Familiengeheimnisse gehütet werden oder sich Dramen höchster Güte abzeichnen. Von Beginn an ist das Tempo wieder sehr hoch, wird die Spannung schier unfassbar und die Geschichte der Finnen und ihrer Abhängigkeit von den Russen ein weiteres Mal zu einem Spionageszenario ausgearbeitet, das sich mit den meisten der sonst so überaus beliebten US-Thriller-Autoren messen kann, wenn sie nicht sogar übertrifft. Hier trifft intelligenter Plot auf formidable Schreibkunst. Cliffhanger und eine komplexe Handlung ermuntern den Leser regelrecht, dieses Buch zu verschlingen. Und mittendrin in dem politisch-verbrecherischen Chaos finden sich Anklagen gegen den sich immer weiter ausdehnenden Sklavenhandel, der ein überaus einträgliches Geschäft ist und der weltweit von Firmen wie von Privatpersonen genutzt wird. Sklaven sind heutzutage billig. Derart billig, dass man sie austauscht wie benutzte Taschentücher. Wie ist so etwas möglich? Die vielen Konzerne, die sich an der Privatisierung von Aufgaben, die eigentlich staatliche Sachen wären, dumm und depp verdienen, sind mittlerweile deraert einflussreich, dass sie sich die Regierungen im Prinzip untertan machen und Gesetze durchdrücken, die für die Wirtschaft gut sind, für die Bürger selbstverständlich nicht. Und wenn dann so etwas Unerwünschtes kommt wie ein Mindestlohn, dann wird versucht den zu umgehen. Klappt das nicht, lässt man halt Arbeitskräfte aus dem Ausland besorgen. Und wenn sie erwischt werden? Pech für die ausgebeuteten Arbeiter und den Hintermännern passiert eh nix. Um all das kreist die Haupthandlung von Leo Kara und Mundus Novus. Bald kommt es zu Mordanschlägen auf Kara ebenso wie auf verschiedene Zeugen oder Angehörige der Gruppen, die man als unsichere Kandidaten ansieht. In den USA und Großbritannien ereignen sich katastrophale Unglücke, Anschläge, die man als Cyberangriff oder Datennetzkrieg wertet. Es geht auch um die Vorherrschaft im All. Wer das beherrscht, beherrscht die Welt, weil er jedes Ziel anvisieren und treffen kann, ohne Truppen einsetzen zu müssen und ohne dass auch nur die geringste Vorwarnung möglich ist. So schreitet die komplexe Handlung mit einigen cleveren Kniffen und Wendungen (Okay, bei einer hatte ich das genauso erwartet) voran und trotz aller Erkenntnisse sind die Ermittlungen noch lange nicht zu Ende. Hohes Tempo, verzwickte Eereignisse, Attentate, Killer und verfeindete Gruppierungen mit Konzernen als Deckung, kleinen und größeren Dramen sowie Actionsprenkel und knackige Kapitel lassen keine Sekunde Langeweile aufkommen. Brisante Themen in einem exzellent erzählten Roman. Taavi Soininvaara beweist wieder einmnal, dass er zu den stärksten europäischen Autoren im Bereich der Spannungsliteratur zählt.

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