Montag, 2. Februar 2015

Buchreview "Skin Medicine" T. Curran

Tim Curran. Etwas unaussprechlich Böses wandelt durch die Utah-Territorien im Jahre 1882. Bürgerkriegsveteran und Kopfgeldjäger Tyler Cabe, der seinen Lebensunterhalt mit der gnadenlosen Verfolgung von Straftätern bestreitet, muss nun etwas jagen, das die Vorstellungskraft eines lebendigen Menschen bei weitem übersteigt. 

Mitten in der Nacht hetzt Kutscher Goode die Pferde Richtung Whisper Lake, während sein bewaffneter Begleiter langsam ob der Fracht die Muffe bekommt. Hinten auf der Ladefläche liegt ein Sarg - und Hyden glaubt, dass sich darin etwas bewegt. Voller Angst schaffen sie es zur Stadt und zum Leichenbestatter Hiram Callister. Der ist nicht nur menschenscheu, sondern auch etwas abartig veranlagt. Daher hat er immer die Nachtschicht, während sein extrovertierter Bruder Caleb tagsüber das Geschäft führt. Als er die Leiche vorbereiten will, muss er zu seinem Leidwesen erfahren, dass die Angst der beiden Überbringer der Leiche von James Lee Cobb nicht umsonst bleich vor Furcht waren. Am folgenden Tag findet man Hiram tot und ausgeblutet vor einem leeren Sarg. Nun kommt auch noch Tyler Cabe in die Stadt. Der Kopfgeldjäger ist hinter einem Serienkiller her, der in verschiedenen Städten schon einige Prostituierte aufgeschlitzt hat. Was Cabe nicht ahnt, ist, dass der Sheriff des County und selbstverständlich der Stadt ein alter Bekannter ist. Jackson Dirker war Schuld, dass er in einem Gefangenenlager der Nordstaaten während des Bürgerkriegs landete und schwere Misshandlungen erfuhr. Die Narben in Cabes Gesicht stammen von Dirksen. Lange ist Cabe noch nicht in der Stadt, da wird er von einem möchtegern-Revolverhelden herausgefordert und erledigt den Angeber. Dennoch muss er bis zur endgültigen Klärung des Falles in den Bau, wo er den Indianer Charles Graybraw kennenlernt, der sich als Spezialist für spitze Bemerkungen erweist. In der Zwischenzeit wird auch in Whisper Lake eine Nutte aufgeschlitzt und Cabe versucht, eine Spur zum Killer zu finden. Etwas weiter im County wird eine kleine Ortschaft der Goldgräber brutal niedergemetztelt. Eine Miliz unter Führung von Caleb Callister beschuldigt die Mormonen der Stadt Redemption der Tat und schlägt rücksichtslos zu. Und der verschwundene Cobb? Sitzt in dem verwahrlosten Kaff Deliverance und resümiert seine Vergangenheit. In einem rückständigen Ort von einer Hexe geboren, mit einem mal auf dem Rücken hat er sich schnell zu einem skrupellosen Metzger und Kannibalen entwickelt, der noch andere Geheimnisse hütet. Als die Überfälle zuviel werden, reitet ein Aufgebot los, um dem Grauen ein Ende zu machen, ohne zu ahnen, was auf die wartet.

Tim Curran beginnt seine Geschichte eher mit Bedacht und leichtem Grusel zu einer Zeit, als die Besiedlung des Kontinents ebenso weit fortgeschritten war, wie die Vernichtung der Ureinwohner, von denen nur wenige in Reservaten ihr Dasein fristen dürfen, die das Leben nicht wert sind. Dem fügt er Elemente hinzu, dass einem der Schauer über den Rücken läuft. Doch seine stilistischen Feinheiten und auch die Wortwahl bei scheinbar alltäglichen Dingen drängen den Leser schon langsam aber sicher Richtung härteren Horror. Bis dahin werden nach und nach die wichtigsten Figuren mehr oder weniger intensiv vorgestellt, ohne dass Schwung oder Thrill verlorengehen. Selbstverständlich spielt die Beziehung, der Hass zwischen Cabe und Dirker eine wichtige Rolle, die aber spätestens mit dem ersten Gemetzel in den Hintergrund gedrängt wird. Ab diesem Punkt hält sich Tim Curran auch nicht mehr zurück, geizt nicht mit Blut, zerfetzten Körperteilen und wilden Kreaturen. Und Rückblende zur Geschichte des James Lee Cobb mit seinen "Jobs" als Skalpjäger oder Soldat im Meikanisch-amerikanischen Krieg 1846/1847 erinnert manchmal fatal an die Gräuel der Amerikaner in Vietnam. Ist dann schon harter Stoff. "Skin Medicine" (Der Begriff wird während der Lektüre erklärt) ist ein knüppelharter Horror-Western, in dem der Autor sich an tatsächliche Begebenheiten (Donner-Gruppe, Bürgerkrieg, Indianervernichtung, Mexikanisch-Amerikanischer Krieg) anlehnt und daraus seine starke Horrormär braut. Hexen, Steinigung, Exorzismus, Dämonen, Kannibalismus und Indianermythen plus einem Serienkiller, der noch eine ganz spezielle Pointe serviert bekommt. Tim Curran beherrscht sein Metier - und zwar genreübergreifend. Er versteht es, Atmosphäre zu entwickeln und Spannung aufzubauen, Emotionen hinsichtlich seiner Figuren zu schüren und alles zu einer flotten Story zu verquicken. Hier kommt keine Langeweile auf, muss man sich nicht auf "Durststrecken" gefasst machen. Unterhaltsam, schnell, flüssig, gruselig und grausam. Hier hat irgendwie alles gepasst. Auch der bitterböse Humor des Indianers hat es gewaltig in sich, wenn man bedenkt, was mit Ureinwohnern damals gemacht wurde. Der Kniff mit dem Serienkiller fand sofort meine Begeisterung und der Showdown legt dann nochmal so richtig los und es werden keine Gefangenen gemacht. Ganz klare Kaufempfehlung - sogar, wenn man Western nicht so sehr mögen sollte.

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