Freitag, 27. Februar 2015

Buchreview "Die letzte Plage" S. Pinborough, F. P. Wilson

Sarah Pinborough, F. Paul Wilson. Das Leben kam einst aus Afrika... doch jetzt ist es der Tod. Es verbreitet sich wie eine Seuche, doch es ist keine Krankheit. Medizin und Forschung sind hilflos gegen die tödliche Reaktion unseres Immunsystems auf den Biss einer afrikanischen Fliegenart.

 Milliarden Menschen sind bereits tot, und noch viele mehr werden sterben. Weltweit stürzen Regierungen, die Zivilisation bröckelt, und die Überlebenden haben panische Angst vor dem Tod aus der Luft. Nigel sitzt gerade in Kairo im Flugzeug nach England und erhält von seinem Sitznachbarn die unerwünschte Lektion, dass an der Krise die Schwarzen Schuld sind. Gegenteilige Beweise ignoriert der Mann. England gilt noch als sicher, weil niemand glaubte, dass die Brut die See überqueren könnte. Doch in Heathrow angekommen, wird Nigel eines besseren belehrt - und sein vorurteilsbeladener Nachbar aus dem Jet infiziert. Die Krankheit wird nicht durch die Luft oder eine sonstige Ansteckung übertragen, sondern  nur durch einen Fliegenbiss (Nein, Leute, NICHT Fliegenschiss!!). Manche halten die neue Insektenart für eine zufällige Mutation, andere sagen, sie sei von Menschenhand erschaffen worden. Und gerade diese neue Realität, von den schlagzeilengeilen  und rücksichtslosen Medien in Windeseile verbreitet, sorgt für Opfer in der Zivilbevölkerung, die nichts mit einem Virenopfer zu tun haben. Der Pöbel macht sich bemerkbar - auch in gutsituierten Gegenden. Doch als die Hoffnung schwindet, rechtzeitig ein Gegenmittel zu finden, glauben die Meisten nur noch an Gottes Rache. Einst sandte er die Sintflut als Strafe für die Menschheit, nun verdunkelt er den Himmel mit tödlichen Fliegen. Und vielleicht ist an dieser Theorie sogar etwas dran, denn viele der Opfer berichten in ihren letzten Atemzügen von einer Vision Gottes. Aber nicht jeder muss sterben. Einige Menschen scheinen immun zu sein. Sie nennen sich selbst die Mungus und predigen, die Plage als gottgegeben hinzunehmen. Sie ermutigen die Menschen, sich von den Fliegen des Herrn beißen zu lassen, um mit IHM im Jenseits vereint zu sein. Nigel, ein Enthüllungsjournalist, sucht derweil im apokalyptischen Chaos des seuchenzerfressenen England nach Bandora, einem entführten afrikanischen Jungen. Seine nierenkranke Gattin lässt er dabei zu Hause. Diese ist darum nicht wirklich böse, läuft die ehe doch eh schon seit Jahren nicht mehr gut. Liegt sicher auch an ihrem unerschütterlichen Glauben an Gott, den sie auch Nigel aufdrängen will. Die Suche nach der Wahrheit und seiner eigenen Erlösung treibt ihn fort von den unerträglichen Zuständen seines Privatlebens, direkt in die Arme des Hohepriesters der Mungu, eines Mannes, der seine Prophezeiungen in Rätsel verpackt und keinerlei Angst vor den tödlichen Fliegen hat. Ja, Mungus ist schier ein Herr der Fliegen. Doch was steckt hinter dem Mann, was hat er mit dem verschwundenen Jungen zu tun? Kann er tatsächlich die Seuche aufhalten.

Ich beginne kurz mit meinen eher unzufriedenen Anmerkungen. Anhand des (sehr, sehr schlichten) Schreibstils würde ich mich zu der Vermutung veranlasst sehen, dass die Hauptarbeit beim Verfassen des Textes wohl von Sarah Pinborough erledigt wurde. Sicher ist er flüssig (dazu später mehr), aber dafür, dass neben ihrem auch der Name von F. Paul Wilson steht, zu einfach. Da waren meine erhöhte Erwartungshaltung und womöglich der erst vor Kurzem goutierte neue Handyman Jack sicher nicht schuldlos an dieser Einschätzung. Wirklich, wirklich genervt hat mich, dass gerade durch die wahre Gläubige Abby alles und jedes in so ziemlich jedem Satz mit Kirche, Glaube und Gott in Verbindung gebracht wurde. Das erinnerte mich fatal an diese miserablen Entrückungsbücher von Tim LaHaye und Jerry B. Jenkins (Eines gelesen und entsorgt, die Filme "Finale-die Welt im Krieg" mit Lou Gossett jr sowie "Left behind" mit Nic Cage gesehen und übelst gefunden), die besser in den US-Bible-Belt passen mit ihrer missionarischen Ausrichtung. Was da verbreitet wird, ist wie auch in "Die letzte Plage" durch Abby und den Hohepriester der Mungu, eher fundmentalistische Propaganda für jedwede Glaubensrichtung, die sich nach einem übergeordneten Wesen oder Etwas richtet. Alles wird von ihm, ihr oder durch es gelenkt usw. War schon bei LaHaye/Jenkins nicht mein Fall, ist es auch hier nicht. Fertig gemotzt. Neben den negativen Eindrücken gab und gibt es auch etliche positive zu berichten. Durch den simplen Stil bleibt der Lesefluss stetig gewahrt, man kommt gut voran. Und die Story selbst, die sich auf England und dort speziell auf Abby, Nigel, Henry, den Mungu und einige Nebenfiguren beschränkt, während Meldungen aus aller Welt eher nur als Nachrichtenmeldung angehängt werden, ist durchaus nicht unoriginell. "Die letzte Plage" ist in einigen Passagen eine phantasievolle Spekulation um eine Katastrophe, die durchaus im Bereich des Möglichen liegt. Und auch die Liebesgeschichte, in der das Ehepaar Nigel und Abby Probleme hat, weil er mit ihrer Krankheit (Nieren, sie hängt an der Dialysemaschine) nicht zurechtkommt, woraufhin sie sich wieder in den Glauben flüchtet, den sie zu seinen Gunsten früher verdrängt hatte, was zu weiteren Konflikten führt, die ihn aus dem Haus treiben und beide feststellen lassen, dass sie sich besser vertragen, wenn sie nur telefonieren. Doch dieser Akt der Treue und Liebe, der daraus entsteht, zeigt sich am Ende des Romans sehr deutlich. Angesprochen werden auch aktuelle Probleme, wie die Aufnahme von Flüchtlingen aus Afrika in Europa. Die Briten vor Gibraltar ballern die Bootsflüchtlinge lieber zusammen oder drängen sie Richtung Spanien, Italien oder Frankreich ab. Sollen die sie doch aufnehmen. Klingt schwer nach der derzeitigen Situation, nur ohne Fliegen. Und in England (Sicher auch in anderen als zivilisiert geltenden Nationen) wird das Thema Generalverdacht zur Sprache gebracht. Im Buch sind es die Kranken und Infizierten, die noch nicht einmal als Ansteckungsgefahr herhalten könnten. In der Realität sind es die Bürger, die durch
die immer mehr ausgeweitete allgemeine Überwachung und das Herumschnüffeln in der Privatspähre alle unter Verdacht geraten, Verbrecher oder Terroristen zu sein. Erinnert mich fatal an die dämlichen Texttafeln bei gekauften DVDs/BDs, in denen der ehrliche Käufer noch einmal gewarnt wird, dass illegale Kopien unters Strafrecht fallen. Was soll er denn noch machen außer ehrlich kaufen, der Kunde? Dennoch bleibt er ein Verdächtiger. Unschuldig bis zum Beweis des Gegenteils ist längst kleiner mehr. Schöne neue Rechtswelt - diktiert von Wirtschaft, Politik und Gaunern, die die korrupten (Generalverdacht, ihr Leute in Politik und Wirtschaft!!!!! Yeah, Baby.) in allen Lagern gut für solche Maßnahmen bezahlen. Putzig fand ich die Sache mit Nordkorea, das in einer Medienmeldung als frei von der Seuche dargestellt wird, da die Sicherheitsmaßnahmen von Kim greifen und die Fliegen sich ans Überflugverbot halten. Es bleibt also ein oft unterhaltsamer, auch spannender (Was ist mit dem Jungen, ist es wirklich eine von einem Überwesen gesandte Plage?) Roman, der sich um mehrere Anliegen gleichzeitig kümmert, aber den Fokus eindeutig auf dem missionarischen Eifer hat. Nicht jede Frage wird abschließend beantwortet, der Leser darf sich gerne seine eigenen Gedanken machen, welcher Fraktion er denn angehört. Sieht man davon ab, dass mich der recht fundamentale Religionsanteil in seinem Übermaß genervt hat, eine recht gute Lektüre, die gegenüber einem zuvor gelesenen Jeremy Robinson selbstverständlich etwas ins Hintertreffen gerät, da jetzt nicht gerade mit Action gesegnet. Nachdenkenswerte Ansätze bis zum Ende und eine gewisse Grausamkeit, die aber nicht ausführlich geschildert wird, sondern eher aus dem Off (Der Junge). Geschmackssache. Da sehr zwiespältig bin ich mit einer Empfehlung hier eher vorsichtig.

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