Donnerstag, 12. Februar 2015

Buchreview "Der Sohn" J. Nesbo

Jo Nesbo. Sonny Lofthus sitzt im modernen Hochsicherheitsgefängnis Staten in Oslo. Seine kriminelle Karriere begann, als sein Vater Ab sich das Leben nahm. Ab Lofthus war Polizist. Kurz vor seinem Tod gestand er, korrupt gewesen zu sein. Dieser Verrat zerstörte Sonnys Leben.
Jetzt, viele Jahre später, hört er von einem Mitgefangenen, dass alles ganz anders gewesen ist. Sonny will Rache. Er flieht aus dem Gefängnis, denn die Verantwortlichen sollen für ihre Verbrechen büßen.

Sonny sitzt im Hochsicherheitsgefängnis Staten und ist eigentlich ein Mustergefangener. Er hält sich aus allen Schwierigkeiten raus, schließt sich keiner Fraktion an. Und er ist verschwiegen. Das führt dazu, dass er im Bau so etwas wie der Beichtvater der Knackis wird. Sie vertrauen ihm alles an, er verrät nichts und niemanden. Irgendwann kommt ein älterer Gefangener zu ihm, den der Krebs zerfrisst und der deshalb nichts mehr zu verlieren hat. Er teilt Sonny mit, dass dessen Vater, der angeblich ein Maulwurf für eine kriminelle Vereinigung war und nach seinem Auffliegen Selbstmord beging, gar kein Verräter war. Jetzt ist es an Sonny, sich einen Plan zurechtzulegen, um aus dem Knast zu fliehen. Der todkranke Mann hilft ihm dabei und sie lassen den stellvertretenden Gefängnisdirektor nicht gut aussehen. Doch kaum ist Sonny draußen, beginnt eine unheimliche Mordserie und kein Motiv ist zu erkennen. Simon Kefas, ein früherer Freund von Sonnys Vater, wird zusammen mit der neuen Kollegin Kari auf den Fall angesetzt, ohne zu ahnen, dass Sonny etwas damit zu tun haben könnte. Während sie nach Spuren suchen, geschehen weitere Morde, die nicht offensichtlich zu erklären sind. Dennoch hat Kefas bald eine Vermutung, auch wenn er nicht den gesamten Plan hinter den Tötungen überschauen kann. 

"Der Sohn" ist eine düstere Rachemär aus Norwegen, die Harry Hole vermissen lässt und ohne den sympathischen Mann mit Hang zur Selbstzerstörung auskommen muss. Doch deshalb hat sich Norwegen bzw. die Beschreibung des Zustandes der Gesellschaft des skandinavischen Landes aus Jo Nesbos Feder wenig verändert. Drogensumpf, Menschenhandel, Korruption und Vorteilsnahme gehören weiterhin zu den Bestandteilen des täglichen Lebens und korrupte Polizisten sowie ähnlich gestrickte Politiker können sich weiterhin ungestraft im Staatsdienst tummeln. Da wird mehr an sich selbst gedacht, als an den von den Bürgern per Stimmzettel erteilten Auftrag (Ist ja hier nicht unbedingt anders). Simon Kefas steht kurz vor der Pensionierung, hat eine jüngere Frau, die eine dringende Augenoperation benötigt und will den Fall unbedingt lösen, bevor er in Ruhestand geht. Auch wenn er dazu hin und wieder etwas am Gesetz vorbei handeln muss. Sonny hingegen ist ein gnadenloser Killer auf Rachemission, es ist aber nicht schwer, seine Taten nachzuvollziehen, wenn man bedenkt, womit er die ganzen Jahre gepeinigt wurde, wenn man von ihm verlangte, dass er für Taten gerade steht, die andere begangen haben. Es war ihm solange egal, bis er erfuhr, dass sein Vater unschuldig war. Danach änderte sich alles. Sonny geht eiskalt vor, tötet völlig skrupellos und ohne jegliche Reue. Doch durch sein Schicksal, aber auch sein Verhalten anderen, unschuldigen Menschen gegenüber, kann der Leser Sympathien für den Rächer entwickeln, auch wenn er schlicht ein brutaler Mörder ist. Der eine oder andere Nebenschauplatz hätte vielleicht nicht sein müssen, bremst das Buch aber nur ein wenig aus. Die Identität des echten Maulwurfs oder des "Zwillings", die Hintermänner im Menschenschmuggel und Drogenhandel und einige auch teils unerwartete Wendungen sorgen für Spannung, der eine oder andere Mord ist vielleicht etwas zu brutal geschildert, was für die Lektüre nicht notwendig gewesen wäre. Düster und kalt wie Norwegen im tiefsten 
Winter, Verzicht auf strikte Trennung von Gut und Böse, ein Schluss, der zwar noch mit Wendungen aufwartet, aber leider - der einzige Makel - dennoch nicht ganz zufrieden stellt, weil er nicht ohne Zugeständnisse an die Masse auskommt. Fast so gut wie die Romane um Harry Hole, aber diese und auch "Headhunter"  (Wurde ja auch verfilmt) würde ich dennoch vorziehen. Aber das ist Krittelei auf hohem Niveau, denn Jo Nesbo kann mit diesem Buch noch jeden der sonstigen groß angesagten und viel beworbenen Autoren locker vom Thron stürzen.

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