Samstag, 21. Februar 2015

Buchreview "Der Höllenexpress" C. Fowler

Christopher Fowler. Vier Passagiere treffen sich auf einer Zugreise durch Osteuropa während des Ersten Weltkrieges; konfrontiert mit einem Mysterium, das gelöst werden muss, wenn sie überleben wollen. Was ist in dem Sarg , vor dem jeder so viel Angst hat? Was ist das tragische Geheimnis der verschleierten Roten Gräfin, die mit ihnen reist? Warum wird ihr Mitreisender, der Brigadegeneral, von seinen eigenen Soldaten so gefürchtet? Und was genau ist das Geheimnis des teuflischen Ärzengels selbst?

Shane Carter kommt aus Amerika nach England, um dort einen Job als Drehbuchautor zu erhaschen, nachdem er in den Staaten gescheitert war. Schon direkt beim Vorstellungsgespärch erhält er den Zuschlag und soll innerhalb von fünf Tagen ein Drehbuch abliefern, das Koryphäen wie Peter Cushing oder Christopher Lee auf den Leib geschneidert  ist. Er beginnt mit einem Mädchen, das ein altes Spiel um einen Zug beginnt. Dieser macht sich selbstständig, wird immer größer und fährt krachend durchs Fenster davon. In der nächsten Szene kommt Nicholas, ein Brite und echter Hallodri, mit dem Zug nach Chelmsk in Karaptien. Als er die Stadt sieht, will er eigentlich sofort wieder weg, doch man sagt ihm, dass kein Zug mehr fahren würde, ausser gerüchteweise einer um Mitternacht. Doch richtige Auskunft gibt ihm niemand. Er sucht sich eine Schänke und trifft dort die Wirtstochter Isabella, die ebenfalls aus dem Kaff weg will. gemeinsam machen sie sich auf den Weg zum Bahnhof - und tatsächlich hält ein Zug. Der Ärzengel! In den Waggons treffen sie auf weitere Mitreisende, die sich nach und nach seltsam benehmen. Besonders der große Zugführer ist ihnen unheimlich. Und erst der Sarg im Gepäckwagen. Zudem ist ein britisches Ehepaar - Thomas und Miranda - zugestiegen, denen das Ganze auch unheimlich vorkommt. Gerade auch deswegen, weil nirgends auf dem Streckenplan die Endstation eingezeichnet ist und der Zugführer auf Nachfragen nur kryptische Antworten von sich gibt. 

Allein schon die ersten Seiten lassen das Herz eines jeden Filmfreundes höher schlagen, wenn man über MGM, Roger Corman, die Hammer-Studios, Peter Cushing und Christopher Lee und deren Schaffen im Jahr 1966 lesen darf. Auch sonst atmet das Buch regelrecht den Flair der Hammer-Studios mit wabernden Nebelschwaden, düsteren Orten, geheimnisvollen Figuren  und einer verfluchten Geschichte und romantischen Anwandlungen im Angesicht der drohenden Gefahr. Christopher Fowler nutzt in seinem Roman alles, was das Studio dereinst ausmachte. So generiert er eine echte Hammer-Atmosphäre, die bewirkt, dass man die Bilder direkt vor sich zu sehen glaubt. Nach und nach führt er seine Protagonisten (und den Leser) an das Geheimnis heran, das den Zug umgibt. Dann kommt es auch zu einigen etwas blutigeren Szenen, die sich aber nicht in reinem Gemetzel suhlen. In einer Art Rahmenhandlung springt Fowler kurz zu seinem Drehbuchschreiber, der in einer Konferenz mit seinem Auftraggeber und den Darstellern Cushing und Lee sitzt, um die Details zu besprechen, bevor es wieder zum Ärzengel und seinen Passagieren geht, die langsam an ihre aufgaben herangeführt werden, die ihnen das Überleben und die Seele sichern sollen. Schuld, Sünde, Monster, menschliche Abgründe, Mord, Betrug und Eitelkeit sind die Themen, um die es in dem Buch geht und viele sympathische Figuren wird man kaum finden. Jeder hat sein Päckchen zu tragen. Deshalb ist man in dem Zug. Und ganz nebenbei gibt es noch Anmerkungen zu zappeligen Zuschauern, die mit ständiger Aktion bei der Stange gehalten werden müssen, da ihre Aufmerksamkeitsspanne bedauernswert gering ist (Heute wird das durch Schnittgewitter und Wackelkamera kaschiert) und auch an die Gesellschaft und Wirtschaft, in der kein Herz oder Seele mehr ist, sondern nur das Streben nach Profit unter Aufgabe der Menschlichkeit. Auch den Humor hat der Autor nicht vergessen, präsentiert ihn aber nicht brachial, sondern dezent und hintersinnig. Gerade wenn er die Amerikaner und ihr Gebaren beschreibt, die den Drehbuchautor nach England getrieben haben. So kennt man sie, die Cousins auf der anderen seite vom Großen Teich. Ein unterhaltsamer Spaß, der vorzügliche Lesestunden zu bieten hat - und dem Filmfreund noch dazu wohlige Erinnerungen an alte Zeiten des berühmten Studios. Herzlichen Dank an den Luzifer-Verlag für das Rezensions-Exemplar!

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