Mittwoch, 19. November 2014

Buchreview "Der Killer" D. Baldacci

David Baldacci. Amerika hat Feinde - skrupellose Menschen, die weder Polizei, FBI noch das Militär aufhalten können. In diesen Fällen wendet sich die Regierung an Will Robie, einen Auftragskiller, der sein Ziel stets trifft. Doch der hat gerade den ersten - und vielleicht letzten - Fehler seiner Karriere begangen. Denn Will hat die Zielperson, die er eigentlich eliminieren sollte, laufen lassen, weil ihm irgendwas an diesem Auftrag seltsam erschien. Nun wird der Killer selbst zum Ziel. Auf der Flucht vor seinen eigenen Leuten kommt Will einer unglaublichen Verschwörung auf die Spur.

Will Robie ist ein Profi und gut in seinem Arbeitsbereich. Erst erledigt er einen Feind plus Bewacher in Schottland, dann nietet er einen Ziel in Marokko um. Immer hieß es, es sei zur Sicherheit des Landes notwendig. Sein nächster Auftrag ist eine Person in Washington. Er erhält die benötigten Daten, observiert sie und steigt dann des nachts in die Wohnung ein, um mit schallgedämpfter Pistole den Job zu erledigen. Doch er kann es nicht. Es ist eine Frau, die im Regierungsbereich als Anwältin tätig ist und sie hat ihren kleinen Jungen neben sich im Bett liegen. Er zögert, die Frau wacht auf und drückt ihren verängstigten Sohn an sich. Und plötzlich wird sie zurückgeschleudert. Ein Geschoss - von einem Sniper abgefeuert - hat ihren un den Schädel des Jungen durchschlagen. Robie geht in Deckung und sieht dabei noch ein kleines Tragebett mit einem weiteren Kind darin. Bei seiner Flucht nimmt er es mit und stellt es vor der nächsten Tür ab, klopft und verschwindet. Doch noch ist er nicht sicher. Der Kontakt zu seinem Gewährsmann ist abgebrochen und er muss sich eingestehen, dass er hier wohl in eine Falle gelaufen ist. Demzufolge werden die Feinde auch sämtliche Fluchtrouten abdecken, wie es ihnen mit ihrem wenigen Personal möglich ist. Schließlich hat keiner damit gerechnet, dass Robie nach all den erfolgreichen Jahren als skrupelloser Killer plötzlich sein Gewissen entdeckt. Und so findet er einen Weg aus dem Gebäude. Unterdessen kommt in der Nähe die junge Julie ins verwahrloste Haus ihrer Eltern geschlichen. Sie wurde immer wieder bei Pflegeeltern untergebracht, da ihre richtigen Erziehungsberechtigten die Finger nicht von den Drogen lassen konnten. Doch Julie weiß, dass ihre Eltern mittlerweile clean sind und sich ein ordentliches Leben aufbauen wollen, was aber nicht so schnell gelingt und daher auch die miese Behausung. Trotzdem ist Julie von ihrer Pflegefamilie abgehauen. Nicht nur um bei ihren Elten zu sein, sondern auch weil die Pflegefamilie schlimmer war, als es ihre eltern zu den übelsten Zeiten je sein konnten. Als sie sich in ihr Haus schleicht, hört sie Stimmen. Es muss jemand anders bei ihren Eltern sein. Ein kurzer Wortwechsel, Schüsse und dann sucht ein Mann nach ihr. Sie kann auf dem Weg abhauen, auf dem sie sich eingeschlichen hat und entkommt. Da sie es mit ihren vierzehn Jahren schon gewohnt ist, sich auf der Straße durchzusetzen und auch aus unerwünschten Situationen abzusetzen, findet sie Schleichwege, um dann an den Busbahnhof zu gelangen. Dort steigt sie in den Bus nach New York ein. In dem auf den hinteren Bänken völlig allein auch Robie sitzt. Der beobachtet, wie sich die Kleine auf eine freie Sitzreihe weiter vor ihm platziert. Ebenso entgeht ihm nicht, dass knapp vor der Abfahrt noch ein Mann den Bus besteigt und sich direkt hinter das Mädchen setzt. Irgendetwas stimmt nicht mit dem Typ. Das bestätigt sich schon bald, aber als der Typ von hinten nach dem Hals des Kindes greifen will, sprüht sie ihm eine volle Ladung Reizgas in die Fresse und Robie schaltet die Mistkerl mit dem Knauf seiner Waffe erst einmal aus. Er und Julie verlassen den Bus. Sie sind noch nicht weit gekommen, da werden sie von einer gewaltigen Druckwelle erfasst und durch die Luft geschleudert, wobei Robie seine Waffe verliert. Der Bus wurde in die Luft gesprengt - und mit ihm alle Passagiere. Nun hat Robie anscheinend nicht nur seine eigenen Häscher am Hacken, sondern auch noch die Probleme des Mädchens. Doch volle Deckung ist jetzt das vorrangige Ziel. Welche Jagd sich nun aus dieser Situation entwickelt und welches perfide Spiel da im Hintergrund läuft, ahnt der Regierungskiller in keinster Weise.

Also haben wir hier wieder die (literarische) Art der amerikanischen Gesetzgebung. Kriegst du ihn so nicht dran, legst du ihn halt um (will man einen Krieg anzetteln, um ans Öl zu kommen, unterstellt man unbewiesene Behauptungen über Massenvernichtungswaffen und greift eben eine ganze Nation an - nicht nur in der Literaturwelt). Der Protagonist Robie scheint bis nun, kurz vor seinem vierzigsten Geburtstag, ein Musterbeispiel an Rücksichtslosigkeit und Effizient gewesen zu sein, doch um ihn zu einem Sympathieträger zu machen, muss er von seinem Erfinder nun so etwas wie ein Gewissen entdecken, menschliche Züge annehmen, den Samariter geben. So mutiert ein mieser Killer zum hilfsbereiten SchuPo mit Herz für Kinder. Damit konnte er den Leser auch von dem Dilemma befreien, sich mit einem Killer, der - zwar die vermeintlich Bösen nach Regierungsauslegung -  lebendige Menschen, mit Wünschen, Zielen, Hoffnungen und Träumen einfach so aus dem Hinterhalt ermordet, zu identifizieren. Heikel bleibt dieses Thema eh nicht lange, zu schnell wird Robie zu so etwas wie einem kämpferischen Gutmenschen mit Beschützerinstinkt. Jetzt aber zu den positiven Aspekten. "Der Killer" (Original: "The innocent") ist der beste Baldacci seit langen Jahren. Da ist von Beginn an Tempo drin und jeder, der nicht zur Fraktion der Vielleser gehört und zudem erst vor kurzer Zeit vielleicht noch den Film um Saddam Husseins Sohn gesehen hat, wird sich nicht durch einen bestimmten kleinen Nebensatz auf die Lösung gestoßen sehen. So bleibt es immer verzwickt, Vertrauen kann die Titelfigur niemandem und die knappe Sprache, der flotte Stil von David Baldacci hetzt den Leser in Verbindung mit etlichen Actionsequenzen, Verrat und Betrug nur so schier atemlos durch die Story, die mit einigen Wendungen aufzuwarten hat (vorausgesetzt, man hat sich nicht mit diesem erwähnten Nebensatz befasst). Die Spannung um den ganzen Hintergrund, was diese Hatz durch die Hauptstadt, die Jagd auf Robie, eigentlich soll, bleibt bis zum Ende erhalten. Und dann ist da ja noch das Mädchen. Was es mit ihr auf sich hat, wird ebenfalls lange hinter dem Vorhang der Geheimnisse versteckt. Lasse ich jetzt einmal beiseite, dass der Killer plötzlich zum strahlenden Helden in glänzender Rüstung mit Heiligenschein wird, ist das Buch der gelungene Beginn einer neuen Reihe. Zwei weitere Bücher sind in den USA schon erschienen, die leider den Verdacht nähren, dass er bald wieder ein neues Ermittler-/Kämpferpärchen in den Mittelpunkt seiner Bücher stellt, hat er doch schon King & Maxwell sowie Shaw & James. Und bei seinem Output seit 1996 mit mehr als 35 Büchern vermute ich weiterhin völlig unbewiesen, dass er einen (ungenannten) Gastautor beschäftigt. Egal, der Robie hat mir gefallen, demnächst kommt der neue John Puller raus und im Juli 2015 ist mit "Verfolgt" schon ein weiterer Robie angekündigt. Übrigens gibt es in "Der Killer" als Bonus noch einen Will Robie/Oliver Stone-Crossover-Quickie mit rund 85 Seiten, bei dem der deutsche Titel "Der Komplize" leider schon ordentlich spoilert. Nettes Geschichtchen mit Stone und seinem Team sowie Robie, den Stone sofort als jüngere Ausgabe als seinesgleichen erkennt. Wer sich also an dem Gutmenschwandel, der zweifelhaften Methode amerikanische Probleme zu lösen und dem einen oder anderen eingeflossenen Klischee nicht stört, wird hier bestens bedient. Das Buch hat alles, was ein temporeicher Mainstream-Thriller braucht.

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