Montag, 21. Juli 2014

Buchreview "Lennox" C. Russell

Craig Russell. Chicago war gestern. Der Krieg ist vorbei. Doch in Glasgow hat die Schlacht gerade erst begonnen. Drei Gangsterbosse haben die Stadt unter sich aufgeteilt. Tam McGahern, ein aufstrebender Rivale, wird auf offener Straße erschossen. Sein Bruder Frankie will Privatdetektiv Lennox anheuern, um den Mord aufzuklären. Doch der ist dafür viel zu gerissen. Einen Tag später ist Frankie tot. Die Polizei versucht Lennox den Mord anzuhängen. Um seine Haut zu retten, muss Lennox sich mit Leuten einlassen, die tödlicher sind, als alle Gangster von Glasgow.

Nachdem Tam McGahern hinterrücks mit einer Schrotflinte erledigt wurde, will sein Bruder Frankie, dass Lennox, der dafür bekannt ist, auch Aufträge eher zwielichtiger Natur zu übernehmen, ohne endgültig den lauteren Pfad der Rechtschaffenheit zu verlassen, die Sache aufklärt. Zu Frankies Leidwesen hat er a) nicht höflich genug "gefragt" und hatte b) Lennox eh keine Lust, für ihn zu arbeiten, da er sich dann mit den sogenannten "Drei Königen" (Murphy, Cohen und Sneddon), die Glasgow in drei Reviere aufgeteilt haben, überworfen hätte. Als Frankie ob der Ablehnung pampig wird, bekommt er von Lennox kurzerhand was aufs Maul, was in der Halbwelt von Glasgow 1953 durchaus noch eine freundliche Art der Unterhaltung ist. Weniger nett ist dann aber, dass Lennox am nächsten Tag von den Bullen verhaftet und durch die Mangel gedreht wird. Man hat Frankie mit zermatschter Birne tot aufgefunden. Aufgrund einer Zeugenaussage kann er aber entlastet werden und kommt frei. Jetzt will er wissen, was gespielt wird und beginnt zu ermitteln. Sein erster Gedanke, dass er nacheinander mit den drei Bossen spricht, wird für ihn zu einem Auftrag. Gleich der erste Obermotz engagiert ihn und überreicht ihm einen Vorschuss, um genau das zu tun, was Lennox eigentlich schon aus eigenem Antrieb erledigen wollte. Nebenbei übernimmt er auch noch einen Fall, der sozusagen aus rechtschaffener Ecke kommt, damit er auch legale Abrechnungen an das Finanzamt weitergeben kann. Je länger die Ermittlungen dauern, umso verzwickter wird die gesamte Geschichte und es hängen weitaus mehr Personen mit drin, als je vermutet.

Lennox ist ein Kanadier, der nach dem Krieg, in dem er als Captain der Alliertenarmee in Italien und Deutschland diente in Glasgow hängengeblieben ist. Einem Glasgow, das den Beschreibungen eines Gordon Ferris ähnelt mit all seinem Schmutz, soziale Ungerechtigkeit, Rassismus und religiösen Auseinandersetzungen. Selbst damals herrschte schon die große Rivalität zwischen den katholischen Celtics und den protestantischen Rangers, was sich schon seit Jahren durch die gesamte Gesellschaft zog und natürlich auch vor den Gangsterbossen nicht halt machte. Russell skizziert eine Stadt der Gewalt und Korruption, in der jeder die Hand aufhält. Sein Lennox ist einer dieser Hardboiled-Detective, die Marlowesche Züge aufweisen, nicht um einen trockenen Spruch verlegen sind und zuschlagen, wenn es sein muss. Im Fall Lennox kommt noch ein Teil Rachsucht dazu. Craig Russell hat die Story mit einigen Wendungen versehen, lässt seinen Protagonisten mehr ertragen, als es ein Sylvester Stallone je musste und spinnt eine spannende Geschichte, die sich immer weiter zu einer internationalen Angelegenheit ausweitet, die selbst die Möglichkeiten der drei Bosse von Glasgow in den Schatten stellt. Für sein Buch hat sich der Autor diverser Ansätze aus schon vorhandenen Werken bedient und erzählt auch im Grunde nicht viel Neues, wenn ein tougher Einzelgänger, der auch der Schwarzen Serie entsprungen sein könnte, in düsterer Atmosphäre mit schwarzem Humor, der aber nicht immer zündet, sowie einer guten (aber irgendwie nicht ausreichenden) Portion Coolness und der einiges einstecken kann, seinen durchaus komplexen Fall löst. Wie schon bei seinem deutschen Protagonisten Jan Fabel in den Hamburg-Thrillern gelingt dem Schotten ein guter, aber kein überragender Kriminalroman. Rund 380 Seiten.

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