Montag, 9. Dezember 2013

Buchreview "Kalt wie Gold" M. Montecino

Marcel Montecino. Risse in der Welt. Lieutenant Jack Gold ist Polizist in Los Angeles, der Stadt der Engel, gleichermaßen verfolgt von den Dämonen seiner Vergangenheit wie denen der Gegenwart. Um ihn zu demütigen, beauftragen ihn seine Vorgesetzten mit einem scheinbar drittrangigen Fall von Vandalismus und antisemitischer Graffiti. Aber aus der Routinesache wird ein Alptraum: Der Gegner des Lieutenant entpuppt sich als amoklaufender Psychopath, vor dem weder die billigen Nutten am Sunset Strip noch die Schönen und Reichen von Hollywood sicher sind. Und dann bekommt es Gold zu allem Überfluss noch mit Leuten zu tun, die den Crosskiller für einen Helden halten.

Jack Gold ist in seinem Revier gefürchtet, da er sich nicht unbedingt mit seinen Vorgesetzten verträgt und gerne eigene Regeln aufstellt. Als er bei einem Banküberfall einer Geisel das Leben rettet, indem er den Gangster vom Leben zum Tode befördert, winselt die reiche Schickse was von Todesschwadron und beschuldigt Gold, den Täter absichtlich und unnötig erschossen zu haben. Auf die glorreiche Idee kam die olle Hollywoodhexe, weil ihr Regisseursgatte gerade einen Film über die Todesschwadronen in Südamerika gedreht hat. Aufmerksamkeit um jeden Preis. Golds Chef nutzt die Gelegenheit, um ihn mit einem billigen Fall von Schmiereien in ein abstellkammerartiges Büro aus der Sicht zu kriegen. Doch da hat er sich verrechnet, denn der Schmierer lässt es auf den "Killt die Juden"-Texten  nicht beruhen. Er schreitet bald selbst zur Tat, um sich bei arischen Vereinigungen lieb Kind zu machen und aufgenommen zu werden. Und in einer anderen Gegend von L. A. wartet Esther auf ihren Gatten Bobby, der auf Bewährung aus dem Knast kommen soll. Doch der hat gar kein Interesse an einem ordnetlichen Leben. Auf einen Tipp bin überfällt er einen jüdischen Rechtsanwalt, der eine Menge Koks zu Hause bunkert. Er  und sein Kumpel vergewaltigen dessen Frau, bevor sie verschwinden. Was sie nicht wissen, ist, dass die Frau die Tochter von Gold ist.  Bald sollen sich die Wege von Gold, dem Crosskiller und Bobby kreuzen. 

Auf den Umschlag wird Stephen King zitiert:"Schwerstes Kaliber". Selten hat er so recht gehabt. Ein düsterer Thriller mit Noir-Anleihen und zeitweise an Joseph Wambaugh erinnernd und nicht ständig mit Action gespickt. Marcel Montecino lässt sich Zeit, die Story und die Figuren langsam aufzubauen und den Spannungspegel dennoch ständig zu steigern. Faszinierend und atmosphärisch dicht nimmt Montecino den Leser mit in eine Stadt der Gewalt, die nur wenig vom bekannten Glamour zu bieten hat. Seine Figuren versieht er mit einer enormen Tiefe, gibt ihnen Raum, sich emotional zu entwickeln und bindet dies alles ein in eine Geschichte um Antisemitismus und Rassismus, der auch den (Buch-)Juden nicht fremd ist, da sie die Schwarzen ebenfalls als Menschen zweiter Klasse abqualifizieren. Zu einem Protagonisten, der mit seiner Vergangenheit nicht ins Reine kommt, stellt er auch die Elite der Polizei und Hollywoods, die allesamt etwas zu verbergen haben oder nur Egosimus und Eigennutz als hervorstechende Charaktermerkmale aufzuweisen haben. Mit einem Heiligenschein kommt da keiner daher. Dealer ausrauben a la "The Shield", Kohle bunkern, Beamte bestechen und Postengeschacher gehört zum täglichen Brot. Und dann kommt da ein armes Würstchen, das labil und leicht empfänglich für die Tiraden von Volksverhetzern ist und macht sich auf die ganze Chose umzurühren, das unsichere Gerüst der gegenseitigen Duldung unter den verschiedenen Gruppen ins Wanken zu bringen. Plötzlich stehen sich Polizei, Rechtsradikale und Judenbürgerwehr unversöhnlich gegenüber. Das ändert sich erst, als der Crosskiller Amok läuft, weil seine selbsternannten Helden sich weigern, ihn ernst zu nehmen. Jetzt ist Gold am Zug. Und ab dem Zeitpunkt bekommt der Roman auch eine gesunde Portion Härte mit auf den Weg. Schade, dass man solche Werke in dem Massenoutput der Publikumsverlage nur noch mit viel Glück finden kann.   


Keine Kommentare: