Samstag, 28. Dezember 2013

Buchreview "Die Schockwelle" Ilkka Remes

Ilkka Remes. In Helsinki wird eine russiche Journalistin und Sytemkritikerin ermordet. Ist die Historikerin Elina Aro, die an einer brisanten Studie über KGB- und Stasi-Aktivitäten in Finnland arbeitet, das nächste Opfer? Sie war mit der Ermordeten befreundet und wurde durch Zufall Zeugin der Tat. Riku Tanner vom Dezernat für Gewalt und Drogen sieht sich mit einem Fall konfrontiert, der weit in die Zeit des Kalten Krieges zurückreicht und auf eine Katastrophe von entsetzlichem Ausmaß zusteuert.

Es beginnt mit einem fingierten Mord in Moskau, der ungeklärt bleibt. In Helsinki hingegen wird die Journalistin Vera Dobrina in der Wohnung ihrer Freundin Elina Aro kaltblütig erschossen. Die Aro hatte sich zum Arbeiten am Laptop ins obere Etagenbett zurückgezogen, das durch einen hohen Bettrand Sichtschutz geboten hat. So konnte der Killer nicht feststellen, dass er beobachtet wurde. Riku Tanner wird für den Fall abgestellt. Neben seinem Job streitet sich Tanner noch mit seiner russischen Ex-Frau um das Sorgerecht für den gemeinsamen Sohn und hat auch noch an einer Rüge zu knabbern, die er für angebliche Verfehlungen bei Ermittlungen im Drogenmilieu zwischen Finnland und Estland einstecken musste. Dennoch konzentriert er sich voll auf seine Aufgabe, muss aber mitansehen, wie sein Ruf weiter geschädigt wird. Er hatte Aro bei deren Vater untergebracht und sie dort mit einem Polizisten als Schutz vor der Haustür in Sicherheit geglaubt, doch dem war nicht so. Bei einem weiteren Anschlag wurde ihr Vater verletzt, aber Aro konnte entkommen. Jemand bei der Polizei arbeitet für die Gegenseite und der erste Verdächtige ist Riku Tanner. Jetzt muss er untertauchen und ist als Gejagter gleichzeitig auch der Jäger, der versucht seinen Namen reinzuwaschen. Spuren führen nach Russland und Deutschland. Doch die wahren Hintergründe erschließen sich nicht so schnell. Wieso spielen alte KGB-Seilschaften und ehemalige Stasimitarbeiter ein solch große Rolle in diesem Spiel? Wieso verhält sich plötzlich der Freund von Aro - Sebastian - so neugierig? 

Ilkka Remes hat seinen neuesten in Deutschland erschienen Thriller "Die Schockwelle" mit unterschiedlichsten Themen vollgepackt bis zum Rand. Daraus entwickelt sich ein komplizierter Handlungsablauf, der nicht so in 08/15-Manier daherkommt wie jener der meisten Neuerscheinungen auf dem Massenmarkt. Die Charaktere sind fein und gut ausgearbeitet und manch einer wandelt sich im Laufe der Story und so geht es auch der Geschichte selbst. Was anfangs wie ein simpler Mordfall erschien, wird zu einem Spionagefall mit zugehörigen schrecklichen Attentatsplänen. Die Handlung wird von Seite zu Seite komplexer, undurchsichtiger und an der Spannungsschraube wird ständig gedreht. Doch dabei belässt der Autor es nicht. Manchmal nur in Nebensätzen wird die Verantwortung der Firmen, deren Arbeitsbedingungen und ihre rücksichtlsoe Ausbeutung von Arbeitern oder Bodenschätzen in afrikanischen Staaten angeprangert. Und ein halber Absatz gibt eine wunderbare Idee zum Besten, wie westeuropäische Staaten und deren Lenker (die eigentlich einen Eid fürs Volk abgelegt haben) sich russischen Enegierkonzernen anbieten und erst als Berater und später als Mitarbeiter bezahlen lassen, während die Nachfolger auf ihren Posten dann den Weg ostwärts erst richtig freimachen, indem sie die Atomenergie auf Kosten der Verbraucher abschalten, damit die großen Enegiekonzerne aus dem Osten und der USA, die hauptsächlich auf Öl und Gas setzen, die Konkurrenz durch die Atomenergie los sind und um so mehr Profite in ihren berichen generieren können. Das Alles klingt durchaus realistisch und durchdacht. Hinzu kommen wie gewohnt die finnisch-russischen und finnisch-deutschen Beziehungen sowie familiäre Belange, die der Sache etwas Emotion geben. Insgesamt ein temporeicher, stellenweise rasanter Roman mit verschiedenen Themenbereichen, der sich etwas schwieriger als üblich und auf jeden Fall entschieden besser als üblich gestaltet und den Ruf des Autors als finnischer Star am Thrillerhimmel ein weiteres Mal unterstreicht. Minimale Abzüge gäbe es vielleicht für zwei  - nicht sonderlich hervorstechende - Punkte, in denen er dann doch etwas trivial wird und für den bekannten "Bullen unter Verdacht". Der überwiegende Teil von "Die Schockwelle" ist aber erste Sahne und sein bisher bester Roman (soweit ich es bisher beurteilen kann, da einige frühere mir in der Sammlung noch fehlen).

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