Samstag, 21. September 2013

Buchreview "Der katholische Bulle"

Adrian McKinty. Belfast befindet sich im Ausnahmezustand. Detective Sergeant Sean Duffy ist neu in der Stadt, und gleich er bei seinem ersten Fall - der Suche  nach einem Serienkiller - muss er sich ins Zentrum des Terrors begeben. 

Sean Duffy wollte eigentlich ins Zentrum des Geschehens und sich bei der Polizei profilieren. Irgendwie ist er enttäuscht, als er dann nach Carrickfergus kommt, einem Vorort von Belfast, in dem nichts Großes zu passieren scheint. Dennoch werden auch er und seine Kollegen mit dem Terror durch die IRA (katholisch) und deren protestantischen Gegnern gezogen. Im Jahr 1981 kann man sich nicht heraushalten. Dann kommen noch zwei Morde hinzu, die auf einen Schwulen hassenden Serienkiller hindeuten. Homosexuelle Aktivitäten sind in Irland zu der Zeit noch ein Straftatbestand; und die katholische IRA hasst die Schwulen erst recht. In seinem Bezirk ist Sean Duffy der einzige katholische Bulle - von den Protestanten verachtet und von den Katholiken als Verräter angesehen. Tag für Tag muss er seine Reputation beweisen. Die Chance kommt für ihn mit dem neuen Fall. Er ist durchaus ungewöhnlich: Da wird auf einem brachliegenden Grundstück eine Leiche gefunden - die rechte Hand abgehackt, einen zettel im Arsch. Kurze Zeit später findet man in einer Wohnung eine zweite Leiche - ohne Zettel, aber auch hier abgehackte Hand. Bald stellt man fest, dass die jeweiligen Hände, die man entfernt hat, dem jeweils anderen Opfer gehörten und vom Täter ausgetauscht und schön bei den Toten drapiert wurden. Die Ermittlungen kommen nicht voran, keiner will reden. Und dann findet man auch noch in einem Waldstück die erhängte Leiche einer jungen Frau, die erst vor kurzem entbunden hat. Sean Duffy ist überzeugt, dass alles zusammenhängt. Doch wie sehr, das ahnt auch er nicht.

1981. Schöne alte Zeit. Sie weckt Erinnerungen. Klobige Betamax-Videorekorder, Thin Lizzy, Phil Lynott und Gary Moore leben noch und die Hochzeit von Lady Di mit Prinz Charles steht noch bevor (da wurden bei uns in den Büros, die mit Kolleginnen besetzt waren, Fernseher aufgestellt und die Zeremonie gesichtet), aber auch grausame Zeit: Attentat auf den Papst und der brutale Nordirland-Konflikt. Jeden Tag mit der Furcht vor einem Anschlag leben, Auto nach Bomben überprüfen, Straße nach Heckenschützen absuchen. In diese Zeit schickt Adrian McKinty seinen Protagonisten Sean Duffy. Ohne groß die Hintergründe des Konfliktes zu erläutern oder eine Wertung abzugeben, schildert der Autor, der aus Carrickfergus kommt, das Leben in einer Zeit des Bürgerkrieges und der hohen Arbeitslosigkeit. "Der katholische Bulle" ist feinste Hard-Boiled-Literatur mit einem sturen Ermittler, der sich nicht von Widrigkeiten oder Vorgesetzten aus der Bahn schieben lässt und unbeugsam seinen Weg geht. Die Geschichte ist spannend und natürlich ist nichts so, wie es zu Anfang wirken mag und das in einem Krieg, der an religiösem Fanatismus den heutigen Ereignissen zwischen anderen Kulturen in nichts nachsteht. Ein großartiger Erzähler schreibt auf hohem Niveau über einen Konflikt, zu dem man vielleicht einige Vorkenntnisse brauchen könnte, da wie gesagt, wenig Hintergrund vom Autor kommt, der ein ganzes Land zerrissen hat und der Serienmord auf ein neues Level hebt: wenn man Lust zum Töten hat, schließt man sich einfach einer der beiden sich bekämpfenden Parteien an. Sean Duffy wird auch weitere Fälle in Nordirland lösen, da weitere Titel schon in Arbeit sind

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