Sonntag, 30. Juni 2013

Buchreview "Schreckensbleich"

Urban Waite. Phil Hunt züchtet Pferde in der Nähe von Seattle und verdient sich ein Zubrot mit Drogenschmuggel für alte Bekannte. Sein neuester Auftrag geht jedoch völlig schief. Die Bergung der 200 Kilo Kokain an der kanadischen Grenze wird von dem ehrgeizigen Provinzsheriff Bobby Drake vereitelt - mit fatalen Folgen. Denn der psychopathische Auftragskiller, der die Drogen wiederbeschaffen soll, verliert mehr und mehr die Kontrolle über sich und steigert sich in einen wahren Mordrausch hinein.

Aus einem nächtlichen Aufstieg zu einem Tal in den Bergen, wo man aus einem Flugzeug abgeworfene Drogen bergen und zum nächsten Empfänger bringen soll, wird ein Fiasko. Der Deputy-Sheriff Drake wurde anhand eines im Wald geparkten Wagens in der ländlichen Gegend misstrauisch und mach sich auf die Suche. Er findet Phil Hunt und seinen jungen Begleiter und versucht sie zu stellen. Hunt flieht, der Begleiter wird von Drake erschossen. Der Deputy schafft die Ware ins Tal und informiert die DEA, die ihren Mann Driscoll schickt, der auch den zweiten Mann fassen will. Was sie nicht ahnen, ist, dass die Hintermänner über ihren Mittelsmann, einen Anwalt, den Killer Grady auf Hunt angesetzt haben. Dieser Grady überschreitet nach und nach die Grenze zum Wahnsinn und murkst zwischendurch noch eine Vietnamesin ab, die gerade via Kanada Richtung Seattle unterwegs ist und in ihren Eingeweiden Drogen für rund 90.000 Dollar transportierte. eigentlich sollte er das Mädchen sowie eine zweite, die nicht auftauchte, bei seinen Bossen abliefern. Indes macht Hunt mit seinem Kumpel Eddie, der ihn zu diesem Nebenjob angeheuert hatte, einen Deal, dass er eine weitere Lieferung entgegennimmt und damit beweist, dass er weiter vertrauenswürdig ist. Diese zweite Lieferung ist das Mädchen, das zuvor mit ihrer Freundin nicht auftauchte. Doch bei der Übergabe sitzt Grady schon im Hinterhalt und versucht Hunt zu erledigen. Er versagt und muss sich nun auf dessen Spur setzen. Auf dieser befinden sich auch Driscoll und der Deputy - und jetzt auch die Vietnamesen. 

Der Beginn des Buches hat mich fast dazu verleitet, die Lektüre abzubrechen, zu sehr versucht Urban Waite hier literarisch hochwertig daherzukommen, die ständig übers Leben und Dasein sinnierenden Figuren ermüden eher als dass sie interessieren. Doch je weiter man mit der psychologischen Sezierung des Innenlebens und das Kampfes der Männer mit ihren eigenen Fehlern und Versagensängsten fortschreitet, umso mehr wird man von der Geschichte gefangen, die mit der Zeit auch auf Actionelemente setzt. Die Protagonisten bekommen Tiefe, während die Gewaltorgie dialogfrei einsetzt und mit dem Auftauchen des Killers Erinnerungen an "No country for old men" wachwerden lässt. Andere Location, aber ähnliche Atmosphäre. Direkt und ohne viel Schmacht, dennoch teilweise anrührend, aber ohne das gewohnte Happy-End, sondern mehr ein versöhnlicher Schluss ohne viel Pathos. Psychologischer Tiefgang trifft Action und macht den grüblerisch-harten Thriller nicht nur zu einem erstklassigen Debüt, sondern auch zu einem entgegen der Anfangserwartungen hervorragenden Actionroman mit Perspektive und weitab von der üblichen Actionliteratur. Bald erscheint von Urban Waite "Wüste der Toten". Ist für mich schon sicher vorgemerkt. Und wer C. McCarthy zu schätzen wusste, kann hier ebenfalls zugreifen, auch wenn dessen Qualität nicht ganz erreicht wird. Auf jeden Fall keine Allerweltsware.

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