Montag, 10. Juni 2013

Buchreview "Der Teratologe"


Edward Lee & Wrath James White. Für die Journalisten James Bryant und Richard Westmore sieht alles nach einem Routineauftrag aus, als sie für eine Reportage in die Villa des öffentlichkeitsscheuen Milliardärs John Farrington geschickt werden. Doch dann stolpert ihnen der exzentrische Neureiche nackt und geistig verwirrt in die Arme, halluziniert von Engeln und konfrontiert sie mit seinen perversen Vorlieben. Tödliche Orgien mit entstellten und deformnierten Frauen, Männern und Zwitterwesen. Religiöse eiferer, die  mit einer Potenzdroge sexuell gefügig gemacht werden, um sich im wahrsten Sinne des Wortes die Seele aus dem Leib zu vögeln. Und über allem thront der durchgeknallte Hausbesitzer, der es sich allen Ernstes in den Kopf gesetzt hat, Gott höchstpersönlich in seine bizarre Folterkammer zu locken.

Bryant und Westmore, Reporter und Fotograf, werden zum Wohnsitz des jungen Milliardärs Farrington beordert, um einen Bericht inklusive Bildern über den erfolgreichen Geschäftsmann abzuliefern. Westmore entpuppt sich recht schnell als ein alkoholabhängiger Zyniker, der an nichts mehr glaubt und auf dem absteigenden Ast ist, während Bryant mit beiden Beinen im Leben steht und durch nichts zu erschüttern scheint. Doch schon bei der Ankunft im Domizil des Milliardärs kommt ihnen vieles nicht recht koscher vor und auch die Weigerung des Mannes, sich fotografieren zu lassen sowie dessen Eröffnung, dass sie beide statt nur einigen Stunden nun eine Woche bleiben müssten stößt ihnen sauer auf. Als der Hausbesitzer dann mit dem Vorhaben rausrückt, dass er versuche, Gott anzulocken, verschlägt es ihnen die Sprache. Und dabei war das erst der Anfang. Der wirkliche Wahnsinn eröffnet sich ihnen erst dann, als der Typ damit kommt, dass er über eine von ihm gut bezahlte Pharmafirma ein potenz- und luststeigerndes Mittel herstellen lässt, das die Wirkung von Viagra bei weitem übertrifft (Nein Shane, ich glaube das kann man nicht wirklich ordern, gg) und es von ihm gekidnappten Vertretern unterschiedlicher Glaubensrichtungen verabreicht, damit sie vom rechten Weg abkommen und derbsten Geschlechtsverkehr mit behinderten oder deformnierten Menschen vollziehen lässt, um das Ergebnis dann ins Internet zu stellen, weil er denkt, er könne damit Gott aus der Reserve und in seine Hallen locken. Dies sollen die beiden Reporter dann dokumentieren, doch sie beschließen dagegen vorzugehen.

Wer bisher noch keinen Edward Lee gelesen hat, sollte nicht unbedingt mit "Der Teratologe" oder "Das Schwein" und "Bighead" anfangen. Nichts für Leute mit etwas sanfterem Gemüt. Doch auch wer Lee schon kennt, weiß nicht nur, was ihn erwartet, sondern auch, dass er das erste Kapitel ohne Kotzattacke überstehen muss, um sich den weiteren Vorkommnissen zu widmen. Man kann den Autor durchaus darauf reduzieren, dass er munter und fröhlich übelst provozierenden Sex mit brutalster Gewalt paart und somit Aufmerksamkeit erregt, wenn er da abartige Szenen an abartige Szenen reiht. Doch so einfach ist es gerade bei "Der Teratologe" nicht. Edward Lee nimmt sich die Religionen aller Glaubensrichtungen vor, hält ihnen einen Spiegel hin, wenn er perverse Spiele öffentlich macht, die durchaus auch real durch die Medien geistern und dann immer schön hinter hohlen Bibelphrasen und aktiver Vertuschung versteckt werden. Zudem greiftr er die Gesellschaft an, die solche Dinge duldet, ja sie mittlerweile gar ignoriert, weil sie schon fast zur Gewohnheit geworden sind und zudem die Macht des Geldes, mit der man alles erreichen und unter dem Teppich halten kann. Jeder ist bestechlich, jeder hält die Hand auf und keiner kümmert sich um den anderen. Und über all dem stehen die Geschmacklosigkeiten und äußerst brutalen Exzesse in derb-grober Sprache dargeboten, die man mit armen, wehrlosen Menschen, die oft gar nicht begreifen, was mit ihnen vorgeht oder was sie da tun, in den dunklen Kammern des großen Herrenhauses anstellt. Krass, krank, derb, heftig, mit einem Schuss Fantasy-Horror zum Schluss. Wie groß der Anteil von Wrath James White an dem Buch ist, kann ich nicht beurteilen, da ich den Autor bis dato gar nicht kannte, doch das wird sich sicher mit den ebenfalls bei Festa erscheinenden Solo-Romanen des Herrn ändern. Für Freunde der kotz-oder kicher-Kost ein Fest und Fans von Edward Lee werden bestens bedient.

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