Sonntag, 3. März 2013

Buchreview "Rütlischwur"

Michael Theurillat. In einer Züricher Bank verschwindet ein Mitarbeiter spurlos. Der Chef der Bank, Jakob Banz, bittet Kommissar Eschenbach um Hilfe. Kurz darauf wird Banz ermordet. Seine junge Assisstentin Judith gerät in Verdacht. Doch Kommissar Eschenbach vermag nicht zu glauben, dass sie tatsächlich die Mörderin ist. Er macht sich auf die Suche nach dem wahren Täter - und taucht tief ein in das Schattenreich der internationalen Finanzwelt.

Kommissar Eschenbach wird aus seiner achtwöchigen Auszeit in Kanada zwei Wochen vor deren Ablauf zurück in die Schweiz berufen. Dort angekommen, muss er sich mit veränderten Verhältnissen zurechfinden. Seinen Chefposten ist er anscheinend los, vielleicht sogar seinen Job. Da fällt es ihm leicht, einen hochdotierten Posten in der Bank seines alten Schulkameraden Banz anzunehmen, um erst einmal die noch zustehenden zwei Wochen Urlaub zu nutzen. Sein Kumpel will nicht mehr oder weniger, als dass Eschenbach das Verschwinden des Mitarbeiters aufklärt und dafür inkognito in der Bank ermittelt. Das Salär ist großzügig. Mit ihm kommt seine Assisstentin Rosa, deren Job bei der Polizei ja ebenso auf dem Spiel steht und die ein  neues Betätigungsfeld durchaus gebrauchen könnte. Außerdem sieht er kurz die Mitarbeiterin Judith, die mit dem verschollenen Kollegen zusammengearbeitet hat, bekommt aber weiter keinen Kontakt zu ihr. Das ändert sich bald, denn auch die junge Frau ist nicht gerade das, was sie scheint. Sie wurde von der FINMA mit Sitz in der Hauptstadt Bern und der Polizei bei der Privatbank eingeschleust, weil sie dort bezüglich des Waffenhandels ermitteln soll. Einiges in der Bank geht nicht mit rechten Dingen zu. Eines Abends wird Judith von Banz attackiert und von seinen Leuten gefesselt aus dem Haus eskortiert und in einen Wagen verfrachtet. Doch auf der Fahrt geschieht ein Unfall, bei dem sie aus dem Wagen abhaut, aber in der Nähe bleibt. Als ihre Bewacher den Angefahrenen in den Kofferraum packen wollen, springt sie auf den Fahrersitz und haut mit dem Verletzten ab und bringt ihn ins Kloster Einsiedeln. Dort wird er wieder aufgepäppelt - es ist Kommissar Eschenbach, der vor dem Unfall auf dem Weg zu Banz war, den  man mittlerweile tot aufgefunden hat und für dessen Tod sich Judith verantworten soll und im Knast landet. Eschenbach glaubt nicht an so eine einfache Lösung und ermittelt weiter. Seine Spur führt in nach Irland, wo er Indizien dafür entdeckt, dass er hier in einem abgekartetern Spiel gelandet ist, in dem einige Konzernchefs, Regierungsbosse  und Bänker ihr eigenes Süppchen kochen, bei dem die derzeitige finanzkrise durchaus eine Rolle spielt. Überraschung folgt auf Überraschung und immer noch weiß er nicht, wo er da wirklich hineingeraten ist.

Michael Theurillat ist Schweizer von Geburt und kennt sich auf im Bankensektor aus. Er weiß, wie die Mechanismen in den Bankhäusern und besonders den privaten Instituten funktionieren und wie sehr diese von den Veruntreuungen von Bankdaten ihrer Kunden getroffen wurden und auch welche Leichen in deren Kellern zu finden sein könnten und baut darauf seinen Kriminalfall auf. Es ist der vierte in Deutschland erschienene Roman, aber der erste, den ich bisher gelesen habe. Michael Theurillat versieht seine Protagonisten mit Charakter, haucht den Personen Leben ein, gibt ihnen eine Vergangenheit, macht sie entweder sympathisch, verachtenswert oder gar undurchsichtig. Genauso ist irgendwie seine Geschichte. Komplex, verzwickt, mit Zeitsprüngen versehen, Aufmerksamkeit fordernd und sogar informativ. Wer sich im Geschichtsunterricht vor dem Thema Schweiz gedrückt hatte, kann jetzt einiges über den Rütlischwur, den Rütlirapport, den Verteidigungsplan im Angriffsfall usw. nachlesen. Das alles eingebettet in einen kritischen Roman, der auch die Themen des westlichen Lebensstils, der amerikanisch geprägten Gier-Kapitalismus, Währungs-und Zollkriege/-Erpressungen oder die unterstützten Konflikte in Afrika, um sich dort für die Bodenschatzgewinnung günstige Konditionen zu sichern - und wenn es mit Waffenverkauf in Krisenregionen an beide kämpfende Seiten ist. Er wertet nicht, ob es nun um China, die USA, Frankreich oder andere Nationen geht, er stellt nur fest. Und mit einem humorvollen Seitenhieb bekommen sogar die Gesundheitsfanatiker mit ihren Rauchverboten in geschlossenen Räumen einen mit - dann kokst man eben, dafür braucht man nicht rausgehen und die Beschaffungskriminalität interessiert keinen, da die Fälle eh nie aufgeklärt werden. So erhält der Leser einen anspruchsvollen, themastisch aktuellen, spannenden und informativen Kriminalroman, der ohne größere Gewaltausbrüche und Dutzende von Morden eine vielschichtige Story erzählt. Starker Krimi und ich werde mich mal um die Vorgänger kümmern.

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