Montag, 5. November 2012

Bücherreport Oktober 2012

Jon Stock. Verrat in eigener Sache. Ex-MI6-Agent Daniel Marchant ist auf der Flucht. Er hält sich in Marrakesch versteckt und fahndet dort in eigener Sache nach dem gefährlichsten Terroristen der Welt, Salim Dhar. Der Zufall verhilft ihm zu einer heißen Spur: Denn wer hätte vermutet, dass sich Dhar einer alten Tradition seiner Landsmänner und nicht dem Hightech verschrieben hat? Um ihn zu stellen, muss Marchant jedoch einen hohen Preis zahlen: Er muss seinen Vater, dessentwegen er vom Dienst suspendiert wurde, verraten. 
War der Vorgänger "Der Marathon-Killer", der unter dem Originaltitel "Dead Spy Running" auch zur Verfilmung ansteht, noch ein eher mittelmäßiger Agententhriller, der zwar nicht in alle amerikanischen Jubelarien eingestimmt hat, aber leider an Vorhersehbarkeit und einigen Klischees krankte, so ist "Verrat in eigener Sache" eine immense Steigerung, die schon fast an klassische Spionagestories aus dem Kalten Krieg erinnert. Involviert sind die Russen, die Briten, die Amis und natürlich Terroristen. Wer mit wem gerade mauschelt und wer wen hintergeht wechselt ständig. Zwar werden auch hier diverse Klischees bedient, aber die Spannung bleibt hoch, die meisten Figuren undurchsichtig, der Schreibstil flüssig und mit einem recht zynischen Blick auf die Arbeit der verschiedenen Geheimdienste und Regierungen versehen. Keiner dieser amerikahörigen Romane wie man sie von Robinson oder Clancy kennt.

Tom Emerson. Tödliches Gold. Abenteurer Diego Camaro verdient sein Geld mit der Suche nach Artefakten. Die hochdotierte Reality-TV-Sendung kommt ihm da gerade recht: Begleitet von Fernsehkameras sollen Forscher und Glücksritter aller Nationen nach dem legendären Gold der Templer suchen, denn ein verschlüsselter Brief aus dem 16. Jahrhundert gibt neue Hinweise auf dessen Verbleib. Eine Jagd rund um den Globus beginnt, dem Gewinner winkt ein Finderlohn von 100 Millionen Euro. Aber je näher Diego dem Schatz kommt, desto gefährlicher wird es für ihn. Denn längst haben dunkle Mächte aus alten Zeiten die Spur des Schatzes aufgenommen.
Der deutsche Autor Tom Emerson mixt hier sämtliche populären Zutaten der heutigen Zeit wie Reality-TV, Dan Brown, Mystery und Action zu einem flachen Abenteuerroman ohne besonderen Nährwert zusammen. Sollte er beabsichtigt haben, ein Buch zu verfassen, bei dem man den Verstand ausschalten  kann und das man jederzeit zwecks Unterbrechung an die Seite legt, wenn sich was Besseres ergibt, so ist es ihm gelungen. Jedes Klischee wird bedient, aber immerhin wird seine TV-Show zumindest als Fake entlarvt. Kein bleibender Erinnerungsfaktor vorhanden. Muss man wirklich nicht unbedingt haben.

David Ellis. Im Namen der Lüge. Allison Pagone war eine erfolgreiche Autorin, jetzt ist sie tot. Wurde sie ermordet? Je tiefer das FBI in ihre Vergangenheit eintaucht, umso mehr Ungereimtheiten ergeben sich. Könnte ihr Liebhaber etwas mit dem brisanten Todesfall zu tun haben? Stück für Stück entfaltet sich ein Minenfeld aus Intrigen, Verrat und kaltblütiger Berechnung, das bis in die Spitzen des internationalen Terrorismus reicht. Justizthriller, Terrorismus, FBI, Bestechung, Mord und Schuld. Eine Menge Themen für einen Thriller, der noch dazu im Stil des Films "Memento" rückwärts erzählt wird. Und genau damit hatte ich lange Zeit ein Problem, da sich mir über etliche Seiten nicht erschließen wollte, wieso dieser Erzählstil gewählt wurde. Es ging nichts voran, hätte einfach ein normaler Fall sein können. Recht spät führt Ellis die Fäden dann zusammen, löst er den Fall auf. Manches scheint an den Haaren herbeigezogen und das Ende ist möglicherweise ein bisserl zu süß, aber wenn das Buch in die Gänge kommt, ist es dann doch richtig gut und so manche Wendung hat man nicht erwartet. Recht gelungen, wenn auch nicht der Überhammer, bei dem man sich vor Freude überschlägt.

Charles den Tex. Password. Der erfolgreiche Unternehmensberater Michael Bellicher ist ratlos: Seine Freundin, die Anwältin Guusje, verschwindet von einem Moment auf den anderen. Er lässt in der Firma alles stehen und liegen und verfolgt verbissen jeden Hinweis, der sich ihm bietet. Denn irgendwo muss Guusje Spuren hinterlassen haben, schließlich wird im Zeitalter von Überwachungskameras, Mobiltelefonen und Internet jede Bewegung registriert. Und tatsächlich: Bellicher entdeckt, dass sich Guusje in den Händen der osteuropäischen Mafia befindet. Diese kontrolliert ein internationales Netzwerk des Frauenhandels und agiert nicht gerade zimperlich, wenn man sich ihr in den Weg stellt. Im Gegensatz zu den Vorgängern "Die Macht des Mr. Miller" und "Die Zelle" ist "Password" äußerst klischeehaft und beschäftigt sich auch kaum noch mit den Gefahren der virtuellen Welt und der ständigen Überwachung, ob sie nun der Sicherheit oder dem Kommerz dienen soll. Herausgekommen ist nur ein routinierter, konventioneller Thriller, ohne die beängstigenden Szenarien von früher, dafür aber mit einer deftigen Vergewaltigung unter Männern angereichert. Vielleicht was fürs verregnete Wochenende, aber als Bellicher-Roman war das eher nix.

Kevin J. Anderson + Doug Beason. Trinity. Als sich die radikale Atomgegnerin Elizabeth Devane nach einem Sabotageversuch in der Wüste von New Mexico fünfzig Jahre in der Vergangenheit wiederfindet, sieht sie die Chance gekommen, die Zukunft zu verändern. Wenn es im Jahr 1943 gelingt, am Manhattan-Projekt mitzuwirken und die Entwicklung der Atombombe zu verhindern, werden 1945 Hiroshima und Nagsaki nicht zerstört und es wird 1979 nicht zu einem Zwischenfall in einem Kernkraftwerk in Harrsiburg kommen. Aber kann man den Verlauf der Geschichte ändern? Und was, wenn der Plan nicht so funktioniert wie gedacht und alles anders kommt?

Die Angst vor der Atomenergie, eine (mir zumindest) unsympathische Protagonistin und ein Zeitsprung dominieren den 1991 verfassten und beim Atlantis-Verlag erschienen Roman "Trinity". Wie bei dem meines Erachtens langatmigen Stephen King "Der Anschlag" erweist sich auch hier die Zeit als unerbittlicher Gegner. Statt etwas zu verändern, wie sie es sich vorstellte, arbeitet Devane nur tatkräftig an der von ihr verachteten Atombombe mit. Ihre kleinen Sabotageakte führen nur dazu, dass sich das Kriegsgeschehen wandelt, andere Vernichtungswaffen eingesetzt werden, auch ihr Heimatland nun betroffen ist. Trotzdem wird das Denken der naiven, selbstgerechten und rücksichtslosen Aktivistin nicht gewandelt. Am Ende meint sie nur, dass sie wieder so vorgehen wird, egal welche Opfer es fordert. Es war ja nicht sie, die zu den Opfern zählte. Spannung bezieht die Story hauptsächlich daraus, wie sich die Dame in der Vergangenheit zurechtfindet (stellenweise viel zu einfach) und wie die bösen Deutschen nun ins Kriegsgeschehen eingreifen und welche Veränderungen und Konsequenzen  sich aus den Taten der Lady ergeben. Ganz ordentlicher Alternative Reality-Roman, der am Ende noch mit zwei aktuellen Interviews mit den beiden Autoren.abgerundet wird.

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