Mittwoch, 12. September 2012

Buchreview "Underground"

Lee Child. New York City, zwei Uhr nachts. Jack Reacher sitzt in der U-Bahn. Neben ihm befinden sich  noch fünf weitere Personen im Abteil. Vier davon sind harmlos. Die fünfte erregt Reachers Aufmerksamkeit. Minutenlang beobachtet er sie genau - und ist sich sicher, eine Selbstmordattentäterin vor sich zu haben. Doch dann geschieht etwas Unerwartetes, und ausgerechnet Reacher selbst gerät ins Kreuzfeuer.

Nächtliche U-Bahnfahrt, stille Personen sitzen in ihren jeweiligen Ecken, ohne die Mitreisenden zu beachten. Die eine Person, die Reacher dennoch auffällt, ist eine nervöse Frau. Er beobachtet sie und arbeitet in Gedanken die israelische Liste für Selbstmordattentäter mit ihren zwölf (bei Frauen elf) Punkten ab. Dann ist er sicher, dass sie etwas vor hat. Er spricht sie an. Die Frau reagiert ausweichend und zieht dann plötzlich einen Revolver, um sich in den Kopf zu schießen. Selbstmord ja, Attentäterin nein. Die Polizei kommt und plötzlich ist Reacher der einzige Zeuge, die anderen Fahrgäste haben sich in Luft aufgelöst. Die ganze Fragerei der Cops läuft darauf hinaus, ob die Frau etwas zu ihm gesagt oder ihm gar gegeben hat. Hat sie nicht, doch eine Bemerkung der Beamtin Theresa Lee macht ihm zu schaffen - auch dann noch als er gehen darf. Kaum draußen, wird er von vier Typen umringt, die ebenfalls eine Quizshow veranstalten wollen. Auch ihnen kann er nicht helfen, doch sie verplappern sich auch und geben ihm mehr Informationen, statt welche zu erhalten und erwähnen einen Namen, der Reacher stutzig macht. Neben der Andeutung von Lee ein weiterer Grund für ihn, wieder in seine alte Ermittlerrolle zu verfallen. Er macht sich auf, nun seinerseits Fragen zu stellen - und gerät prompt zwischen alle Fronten. Der erwähnte Name ist Sansom, ein Mann auf dem Weg zum Senatorenposten mitten im Wahlkampf. Viel kann der ihm nicht berichten, doch jetzt sind auch noch die Geheimdienste im Spiel: Heimatschutz, DIA, CIA und letztlich auch die Bundespolizei namens FBI. Und eine weitere Gruppierung interessiert sich für ihn und keiner will sein Bestes. Nachund nach kristallisiert sich heraus, dass alle einen USB-Stick suchen, auf dem brisante Informationen enthalten sein sollen, die aus dem Pentagon geschmuggelt worden sind.

Abgesehen davon, dass der 13. Roman in der Ich-Form verfasst ist (eine weniger oft genutzte Erzählweise von Lee Child), bekommt man im neuen Reacher genau das, was man erwartet. Reacher mischt sich ein und zeigt seinen Gegnern, was eine Harke ist. Und gerade bei denen lässt sich Lee Child etwas einfallen. Als Leser folgt man dem Ich-Erzähler sozusagen in Echtzeit und weiß nicht mehr als dieser. So tappt man von einer falschen Fährte zur nächsten, erlebt die eine oder andere Überraschung und Wendung und muss wie der Protagonist lange warten, bis sich einem die eigentlichen Feinde und Gründe für diese ganze Aktion erschließen. Spannung ist garantiert, der eine oder andere Cliffhanger erhöht sie sogar noch, die Sätze sind kurz und knapp, die Beschreibungen sind sehr plastisch, man sieht die Bilder fast vor sich. Je weiter die Handlung fortschreitet, je öfter Reacher einem falschen Verdacht erlegen ist, umso riskanter wird sein Einsatz. Tiefgang hat ein Reacher wohl weniger, aber dafür wird der Leser mit Action, die zum Ende hin immer mehr zunimmt, an und ab sogar etwas brutal daherkommt, und einem perfekten Thriller belohnt, der ihn sehr lange im Ungewissen lässt und sich von den gewohnten 08/15-Romanen wohltuend abhebt.  Wie gewohnt eben von Lee ChildÜbrigens hat der Bruder von Lee Child - Andrew Grant - mit dem Titel "Ohne Reue" auch eine Reihe um einen Protagonisten begonnen, die bisher drei Titel umfasst, von denen aber bis dato nur der schon genannte in Deutschland veröffentlich wurde..Und durch die Erzählform musste ich nicht ständig dran denken, dass dieser Brocken von Kerl im Film von Tom Cruise gespielt wird. Nur zwei oder drei Formulierungen aus dem Munde des Helden haben mich wieder auf den Lapsus gestoßen - andererseits, mit welchem Darsteller hätte man Reacher ins Kino bringen können, dass der Film sich auch Blockbusterqualitäten bewahrt? 

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