Sonntag, 22. Juli 2012

Buchreview "Haus der bösen Lust"

Edward Lee. Nachdem Justin Collier das Hotel betreten hat, bemerkt er, wie ungeheuer scharf er heute ist. Er kann an nichts anderes mehr denken als an Sex. Aber er irrst sich - nicht er ist so geil, es ist das Haus. Und als es nacht wird, hallt durch die leeren Räume ein gieriges Flüstern, und Mädchen, die schon vor langer, langer Zeit gestorben sind, kichern unheilvoll.

Justin Collier ist ein bekannter TV-Mann, den die Recherche für seine Show um besondere Biere in dem Sender Food Network in die kleine Stadt Gast in Tennessee führt. Dort möchte er im Eigenversuch eines der Biere, das sein Interesse als Trinkgourmet geweckt hat, ausgiebig testen, um es dann nicht unbedingt in seine Sendung aufzunehmen, sondern auch in sein neuestes Buch integrieren. Ja, er verdient mit seinem Interesse an Bier zweigleisig und das sogar noch recht gut, was seine gierige Frau zu Hause auch dazu treibt, die Scheidung einzureichen - fällt ja genug für sie ab. Der Empfang in Gast und der Pension Branch Landing Inn ist herzlich, auch wenn die Inhaberin sowie Tochter und Sohn auf den ersten Blick nicht gerade das Schönheitsempfinden des Autors Collier reizen. Trotzdem verwundert es ihn, dass er beim Anblick der sechzigjährigen Mutter und sogar der stummen und bestenfalls erträglich aussehenden Tochter um die 30 sofort wuschig wird, was ihm seit über einem halben Jahr weder mit der nervigen Gattin noch sonst einer heißen Braut passiert ist. Er schiebt es der Aufregung zu. Doch schon in der ersten Nacht plagen ohn heftige Albträume um Sex und auch die Vergangenheit des Branch Landing Inn, das einst kurz vor dem amerikanischen Bürgerkrieg - hier der Angriff des Nordens genannt, eine durchaus sehr eigenen und patriotische eingefärbte Sichtweise - der Herrensitz eines brutalen Patriarchen und Eisenbahnbauers mit sexuell extrem aktiver Gattin war, der seine Wut an den Sklaven ausgelassen hat - und dies in brutalster Weise. In den Tagen darauf geht Justin mit Jiff, dem Sohn der Pensionsleiterin einige Male auf Tour und pichelt ordentlich, lern aber Leute kennen, die ihm mehr über den Ort, die Pension, die einst Herrenhaus war und die grausame Vergangenheit kennen - und auch Dominique, auf die er sofort im wahrsten Sinne des Wortes sichtbar anspriongt, die sich aber als tiefreligiös erweist und nur Gefummel duldet, bleiben ihm nur Träume und Fantasien. Oder das Angebot von Jiff, der sich als schwuler Stricher herausstellt, aber glücklicherweise nicht aufdringlich ist, sondern ihn sogar mit einem für örtliche Verhältnisse Historiker zusammenbringt. Der klärt Collier noch weiter auf, wie es hier vorm Bürgerkrieg zuging und was für ein übler Kerl Gast war und dass seine Frau an all dem Unglück nicht unschuldig ist. So langsam dämmert es Justin, dass es an der Zeit wäre, das Branch Landing zu verlassen, aber so einfach ist das nicht.

Anhand der Warnungen auf dem Klappentext und der bisher von Festa gelesenen Büchern war meine Erwartungshaltung an Edward Lee. In diesem Fall bin ich wohl mit meinen Vorstellungen übers Ziel hinausgeschossen, wie der Protagonist im Buch. Da war nicht viel, das mich ernsthaft in Begeisterung versetzen konnte. Der Handlungsstrang in der Zeit kurz vor dem amerikanischen Bürgerkrieg (Hier im amerikanischen Süd-Hinterland gerne noch als "Der Angriff des Nordens" bezeichnet) zeigt einen brutalen Plantagenbesitzer, der von Ehrgeiz zerfressen einen Eisenbahnlinie errichten will. Natürlich mit Sklavenarbeit. Und hier setzen zwar gewisse Brutalitäten ein und auch diverse sexuelle Übergriffe der Herrin, die alle so enden, wie man es schon aus TV-Serien a la "Roots" kennt. Möglicherweise hier und da noch eine etwas härtere Spitze drauf gesetzt, aber im Grunde alles schon mal gelesen oder gesehen, wenn man sich zuvor mal selbst oberflächlich mit der Thematik befasst hat. Selbst "Fackeln im Sturm" konnte da schon Hinweise liefern. Nix Neues also. Und der Part in der Gegenwart plätschert eher vor sich hin. Es wird viel erzählt, die Geschichten der jeweiligen Personen aufgearbeitet, Collier versucht, seinen Sexualdrang zu kontrollieren. Doch das Endprodukt ist weder sonderlich hart noch irgendwie überraschend und bleibt leider eher fade und blass und der Schluss ist ja fast so knuffig wie bei ner RomCom. Nö, das war es nicht, was ich mir von Lee erwartet hatte und ich werde mir erst einmal überlegen, ob ich micht mit weiterer Lektüre von ihm eindecke. Autoren wie Bryan Smith, Brett McBean oder Tim Curran sind ihm und Längen voraus. Das hier war jedenfalls nur Mittelmaß, schade. Man könnte natürlich noch eine gewisse soziale Komponente hineinlesen bezüglich des Rassissmus, der religiösen Hörigkeit und Hingabe bis zur Selbstaufgabe, den Fremdenhass, doch das ist es eigentlich nicht, was ich von einem Horroroman möchte - und hey, die Akzeptanz der gleichgeschlechtlichen Orientierung wäre in einem solchen Ambiente sicher auch nicht so weit gegangen. 

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Der Roman war einfach schlecht,die Erwartung laut Klappentext war hoch.