Mittwoch, 9. Mai 2012

Buchreview "Der Wärter"


Duane Swierczynski. Charlie Hardie gerät in die Fänge einer mächtigen Geheimorganisation, die ihn kurzerhand in ein fast völlig von der Außenwelt abgeschnittenes Hochsicherheitsgefängnis werfen lässt. Dieser bizarre, gottverlassene Ort wird ausschließlich von gefährlichen Psychopathen bevölkert, niemand weiß von seiner Existenz. Hardie erhält die Höchststrafe: Er ist der Wärter.

Nach den Ereignissen aus "Der Bewacher", in welchen Hardie vergebens versuchte, die Schauspielerin Lane Madden zu beschützen, die von unbekannten Angreifern bedroht wurde, ist er im Kampf gegen die Unfallleute und ein Psychopärchen verletzt worden und wird in einem Krankenwagen abtransportiert. Was er nicht weiß, ist, dass seine Fingerabdrücke auf der Leiche von Madden platziert wurden und sein Weg nicht ins Krankenhaus führt. Die Organisation, die Madden töten ließ, weil sie Zeugin eines vermeintlichen Unfalls mit Fahrerflucht war, bei dem der Sohn von Jonathan Hunter sein Leben lassen musste, schafft Charlie mit unbekanntem Ziel weg. Während Hunter und seine Familie spurlos verschwunden sind, macht sich Hardies Freund Deke Clark vom FBI daran, seinen Kumpel zu suchen. Doch kurze Zeit später muss er aufgrund von massiven Drohungen gegen ihn und seine Familie von dem Vorhaben ablassen. Hardie ist auf sich gestellt. Diese unbekannte Macht hat überall ihre Spitzel, unterwandert sämtliche Polizei- und Strafverfolgungsbehörden und ist von keinem zu fassen oder gar zu erkennen. Und Charlie? Der staunt nicht schlecht, als er ineinem unterirdischen Hochsicherheitsknast direkt als Chef der Wärter eingesetzt wird. Aufgrund seiner Verletzungen - der linke Arm und das rechte Bein sind fast völlig gefühllos -  kein leichtes Unterfangen. Die Umstände hier unter der Erde sind mehr als nur ungewöhnlich: 4 Wärter, 5 Gefangene und dazu Charlie. Versorgung nur über Schächte, keine Möglichkeit zu entkommen. Und die Erkenntnis, dass hier nicht nur die Eingekerkerten Psychos sind, lässt nicht lange auf sich warten. Nach einigen Auseinandersetzungen macht sich Hardie auf die Suche nach einem Fluchtweg, den er schließlich auch findet. Er entkommt zwar, muss aber auch einige Überraschngen verdauen, die dieses "Secret America", diese staatsumspannende Organisation im Dunkeln, bereitgehalten hat. Und sein ungläubiges Staunen erst, als er endlich die Oberfläche erreicht. Ginge es ihm nicht so beschissen, könnte er drüber lachen. Naja, fast jedenfalls. Er macht sich auf, die Hintermänner, deren Namen er unten erfahren hat, ihrer gerechten Strafe zuzuführen. Sein Urteil hat er schon gefällt. Klappt auch, aber nur teilweise. Er wird wieder geschnappt und in den Dienst von "The Industry" (oder auch "Secret America" bzw. "Die Unfallleute") gepresst und auf eine Mission gejagt. Diese Ereignisse werden dann in Teil 3 der Trilogie um Charlie Hardie auf den Leser zukommen.

"Der Wärter" ist nach "Der Bewacher" auch keiner dieser konventionellen Thriller, wie man sie zuhauf in den Regalen der Buchhandlungen vorfindet. Swierczynski hat sich mit seinen "Unfallleuten" und dem unterirdischen Gefängnis erfrischend originelle Ideen zu Eigen gemacht, die seine Romane von der Masse abheben. Schnell geschrieben, mit lakonischem Unterton, bösem Humor ("Hoffentlich ist es kein Arbeitslager. Da muss ich ja arbeiten.") und einigen wirklich fiesen Psychospielchen wie bei einem dieser Tests bei denen die Probanden Wächter und Insassen darstellen sollen, um festzustellen, wie weit der Mensch in Extremsituationen geht. Alles umfasst von einer dieser Paranioa erzeugenden Verschwörungstheorien einer geheimen Macht hinter der Regierung, die niemand kennt und die mit Gewalt, Mord und Geld die Geschicke des Landes zu ihren Gunsten lenkt, ohne dass es die -allgemeinheit überhaupt bemerkt. So wurde aus "Der Wärter" ein spannungsgeladener, nicht vorhersehbarer Reißer, den man möglichst in einem Rutsch durchlesen möchte, da die Story schnörkellos vorangeht und wenig Luft zum Atemholen lässt ob der nicht nachlassenden Dynamik. Kurze Rückblenden erläutern das Leben von Charlie, sein Scheitern am Beruf, die zerbrochene Ehe und dass er seit Jahren ein unstetiges Leben als Housesitter gelebt hat, das ihn etwas verweichlichen ließ. So ist er schlussendlich keiner dieser alles könnenden Überhelden, aber auch kein wehrloses Opfer, das seine Rolle einfach annimmt. Der Autor spielt mit der Erwartungshaltung der Leser ohne eine wirklich tiefgründige Story zu bieten. Dafür hat sie ein rasantes Tempo aufzuweisen, ist reizvoll und effektiv geschrieben und daher lesenswert sowie interessant. Das Ende ist ein fetter Cliffhanger, der den Weg zum dritten Teil weist und dessen Titel "Der Retter" hoffentlich nicht schon ein Spoiler an sich ist. Doch Swierczynski konnte schon immer überraschen, also abwarten.

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