Samstag, 31. März 2012

Buchreview "Zerfleischt"

Tim Curran. Kannibalismus, Mord, Vergewaltigung - wenn die Zivilisation endet, wird die Erde zur blutbesudelten Hölle. Und der Mensch wird weniger Mensch.

In Greenlawn, Indiana, naht das Wochenende an einem Freitag, dem 13. Grillen, faulenzen oder Ausflüge sind das Ziel der Menschen an diesem sonnigen Tag zum Halbgötter zeugen. Doch etws irritiert Louis, aber er verdrängt das Gefühl und fährt kurz zwecks einer Erledigung von zu Hause weg. Unterwegs sieht er zwei kräftige Kerle, die den Zeitungsjungen mit Baseballschlägern zu Matsch verarbeiten. Die Typen hauen fröhlich lachend nach getaner Verrichtung ab. Doch als Louis sich um den zu Brei geschlagenen Burschen kümmern will, greift der ihn tatsächlich trotz schwerster Verletzungen an. Louis wehrt sich und gibt dem Jungen damit unabsichtlich den Rest. Die herbeigerufene Polizei scheint das wenig zu scheren. Im Gegenteil, sie trampeln noch ein bisschen auf der Leiche rum, testen aus, wie labbrig der völlig blutüberströmte und zerschlagene Körper noch ist. Während der entsetzte Louis nun langsam auch vor den Uniformierten ordentlich Bammel kriegt, drehen auch die Schüler der örtlichen Bildungsstätte durch und killen einen Lehrer sowie den Hausmeister auf brutalste Art und Weise. Und kaum zu Hause, steht sein Postbote vor Louis' Tür und fängt auch an zu spinnen. 70 Jahre alt und wird aggressiv, flucht, schmeißt mit der Post seiner Kunden um sich und pisst in die Gegend, bevor er sich verzupft. Im Supermarkt gehen die Kunden aufeinander los und metzeln sich gegenseitig nieder. Die Überlebenden laben sich am Fleisch der Toten und schreiben mit Blut und Exkrementen rituelle Worte und Bilder an die Wände. Nach und nach breitet sich diese Rage über die gesamte Stadt aus. Selbst Kinder werden zu blutrünstigen Bestien. Louis und Macy, eine Schülerin, die ebenfalls bisher verschont blieb, versuchen sich durchzuschlagen, werden dabei immer wieder von verwilderten Kreaturen attackiert, die im Laufe der Stunden tatsächlich auch lernfähig werden und Fallen stellen. Ein Mob aus veränderten Bürgern macht gemeinsam mit einer Meute Hunde die Polizeistation nieder, bevor sich Mensch und Köter gegenseitig an die Kehle gehen - im wahrsten Sinne des Wortes. Indes werden Macy und Louis getrennt. Sie wird von einem neu gebildeten Clan entführt, Louis dagegen zwecks Tötung verfolgt. Er kann zwar der Gruppe entkommen, aber ob er es aus der Stadt schafft?

Zu Beginn, als das Grauen so nach und nach die Stadt übernimmt, musste ich kurz an den Film "Crazies" denken, doch die nächsten Seiten beweisen, dass der Film gegen dieses Buch eher ein Kindermärchen ist. Es entwickeln sich rund 400 Seiten blutigstes Dauergemetzel, ein echtes Schlachtfest. Ohne Mitleid oder Rücksicht auf zarte Gemüter, da wird geköpft, ausgeweidet, gefressen, vergewaltigt - aber auf einem höheren Niveau als es ein Richard Laymon je erreicht hat. Verfilmt wird "Zerfleischt" (der Titel ist Programm) sicher nicht, denn das Werk würde von den Medienwächtern in dieser Form sofort eingezogen. Erinnern wenige Szenen wie die mit dem Postboten noch an King oder Little, wird man auf der nächsten Seite sofort eines besseren belehrt. So hart und deftig haben King oder Little nie gesplattert, wollten sie wohl auch nie. Lange Einleitung ist die Sache von Tim Curran nicht. Kurz die Örtlichkeit beschrieben, die zwei Protagonisten vorgestellt und dann losgelegt, dass das Blut nur so aus den Seiten sprudelt und nicht mehr aufgehört. Die Sprache ist präzise, kommt direkt auf den Punkt, liest sich flüssig und fesselnd. Die Handlung ist dermaßen derb,heftig, blutig, exzessiv und teilweise etwas geschmacklos, dass "Zerfleischt" wirklich nicht jedermanns Sache sein dürfte. Horrorfans mit Sinn für blutige Details und ständiger Action werden dafür umso besser bedient. Die erwartet hier das volle Brett. So sehr, dass die Aufzählung der Gräueltaten schon fast wieder zuviel wird. Und man kann Tim Curran durchaus zugute halten, dass er einen Sinn in der Story versteckt haben könnte. Wie zivilisiert sind wir heute wirklich mit unseren Kriegen um Öl, Territorien, Macht? Oder den Attentaten auf Unschuldige? Den Verbrechen an Kindern? Die Ausbeutung der Schwachen, die Ausgrenzung der Alten und Kranken? Vielleicht nicht so blutrünstig, aber sonst? Man schaue auf lügende und vorteilnehmende Politiker, die nur für sich selbst und ihre Machterhaltung, statt für das Volk arbeiten oder die Wirtschaft, die in ihrem Streben nach Gewinnen rücksichtslos die Arbeitnehmer ausbeutet mit ihren Niedriglöhnen oder Fabriken in rechtlich freundlicheren Gegenden errichtet,. wo die Sicherheitsnormen geringer sind und sich keiner um etwaige Opfer einer Katastrophe schert (siehe Bhopal in Indien). Wer schert sich noch um den Nächsten? So gesehen macht sein Menscheits-Reboot durchaus Sinn, hält der Welt einen brutalen Spiegel vor.

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