Donnerstag, 8. März 2012

Buchreview "London Killing"

Oliver Harris. Im reichsten Stadtteil Londons wird ein russischer Oligarch vermisst. Detective Nick Belsey, hoch verschuldet und mit einem Disziplinarverfahren am Hals, wittert die Chance, sich mithilfe der Identität des Vermissten abzusetzen. als er bemerkt, dass er nicht der einzige ist, der diese Idee hatte, steckt er bereits mittendrin in einer Spirale aus Lügen, Korruption und Finanzbetrug.

Belsey wacht eines Morgens irgendwo im Park in den Hecken auf. Ihm fehlt jede Erinnerung an den vorigen Abend. Erst nach und nach dämmert ihm, dass er nach einer durchzechten Nacht im Vollsuff einen Streifenwagen geklaut und anschließend demoliert hat, um danach zwischen den Hecken auf dem Boden zu pennen. Wie er sich eingestehen muss, ist er nicht gerade auf der Siegerstraße. Hochverschuldet, das Haus verloren. Quasi obdachlos. Wie er sich da wieder rauslavieren will, ist ihm ein Rätsel. Da kommt ihm der Vermisstenfall Alexi Devereux gerade recht. Der Oligarch hatte allein gelebt und so nistet sich Berlsey kurzerhand in dessen feudalem Stadthaus ein. Und wenn er das schon übernommen hat, denkt er sich, dass er doch gleich dessen Identität vollständig übernehmen könnte, die Konten abräumen und raus aus London und England. Problem: im Haus sind keine Papiere mehr, keine Kontendaten, Ausweise oder sonstige Unterlagen. Also beginnt er zu ermitteln und gerät in einen verzwickten Fall. Doch bei seinen Nachforschuingen fällt ihm auf, dass da schon eine weitere Person zugange ist. Und er hat ja auch noch sein Disziplinarverfahren wegen des Wagens und einiger anderer Vorfälle am Hals. Nicht genug damit, kommt ihm ein Mordfall dazu, dessen Täter ihm bekannt ist und der der Sohn eines ihm gut bekannten Kleinkriminellen ist, dessen Hilfe er braucht. Scotland Yard ist auch nicht fern, eine Reporterin hat sich an seine bzw. Devereux' Hacken geheftet, die einer Spur zu Finanzmanipulationen in der Stadtkasse folgt. Irgendein großes Geschäft ist im Gange, das alles andere als legal ist. Involviert scheinen die Stadtoberen, Polizisten, Security-Firmen und reiche Ausländer aus China, Russland, Saudi-Arabien und Kroatien. Als dann auch noch ein Mädchen aus dem Hinterhalt erschossen wird, das ihm irgendwie bekannt vorkommt, kann er nicht mehr einfach so davonlaufen. Das will er aufklären, bevor er verschwindet. Besonders, da er glaubt, dass sie irgendwie mit dem Fall zu tun hat. Während er versucht Geld aufzutreiben, um sich neue Papiere zu beschaffen, entwickelt sich die Szenerie immer geheimnisvoller. Immer mehr Parteien tauchen auf und jagen plötzlich ihn.

Nick Belsey ist nicht gerade der Vorzeigepolizist der Stadt, von einem vorbildlichen Charakter weit entfernt. Die Arbeitsauffassung war anscheinend schon immer lasch, Beziehungen zur Londoner Unterwelt seit jeher vorhanden. Eine Hand wäscht die andere. Er lässt sich treiben, spielt, säuft und mogelt sich durch den Tag. So folgt man ihm als Leser auf den ersten ca. 150 Seiten, wie er versucht, mit allen Mitteln - die wenigsten legal - seinem Dilemma zu entfliehen. Dann nimmt die Handlung unvermittelt an Fahrt auf, wird nicht nur durch den einen oder anderen Mord temporeicher und mit etwas Action dargestellt, sondern auch verzwickter, weil sämtlichen handelnden Personen hinter dem Oligarch her und allesamt keine Vorzeigebürger sind, obwohl viele von ihnen entsprechende Positionen innehaben. Kaltschnäuzig umgeht Nick sämtliche Regeln, arbeitet nach dem Mord an dem Mädchen eher zweckgebunden wieder in seinem Beruf und verlässt sich auf die Trägheit des Polizeiapparates, dass die ihm nicht auf die Schliche kommen. Moral ist seine Stärke sicher nicht. Herausgekommen ist ein komplexer Thriller mit einigen ruhigen Momenten, einem eigentlich abstoßenden Protagonisten, durchgehend spannend und sollte es eine Fortsetzung geben, würde ich mir diese sicher zulegen. Originell war dieses Debüt auf jeden Fall. Stilistisch leicht zu verdauende Kost, ohne allzu billig zu wirken und den Leser wie den "Helden" lange im Dunkeln lassend. Das macht einen guten Thriller doch aus - dass man nicht schon nach 50 Seiten weiß, wer der Täter ist, wer wann welchen Love Interest abkriegt. Genau das hat Oliver Harris vorzüglich hinbekommen.

Keine Kommentare: