Montag, 21. November 2011

Buchreview "Der Herr aller Dinge"

Andreas Eschbach. Als Kinder begegnen sie sich zum ersten Mal. Charlotte, die Tochter des französischen Botschafters, und Hiroshi, der Sohn einer Hausangestellten. Von Anfang an steht der soziale Unterschied spürbar zwischen ihnen. Doch Hiroshi hat eine Idee. Eine Idee, wie er den Unterschied zwischen Arm und Reich aus der Welt schaffen könnte. Um Charlottes Liebe zu gewinnen, tritt er an, seine Idee in die Tat umzusetzen - und die Welt in einem nie gekannten Ausmaß zu verändern. Was als bahnbrechende Erfindung beginnt, führt ihn allerdings bald auf die Spur eines uralten Geheimnisses und des schrecklichsten aller Verbrechen.
Charlotte ist hochintelligent. Sprachen zu erlernen ist für sie ein Kinderspiel. Doch sie verfügt dazu auch noch über eine seltene und geheimnisvolle Gabe - sie kann durch die Berührung von Dingen die Vergangenheit der Besitzer spüren bzw. sehen. Da sie in einem behüteten und reichen Elternhaus großgezogen wird, ist es ihr untersagt, sich mit dem Pöbel zu verbrüdern. Also keine Chance für Hiroshi, der sie von seinem Fenster aus anschmachtet, zumal auch dessen Mutter eine heftige Abneigung gegen die Menschen auf der reichen Seite des Lebens hegt. Entgegen der Wünsche ihrer Familienoberhäupter treffen sich die beiden trotzdem. Sie schließen Freundschaft, doch dann trennen sich ihre Wege. Bis sie sich erstmalig beim Studium in den USA wiedersehen. In Boston flammt ihre alte Freundschaft wieder auf, aber Widerstände trennen das Paar abermals. Hiroshi arbeitet indes - mittlerweile zu Geld gekommen und finanziell mindestens auf den gleichen Level wie Charlotte - daran, seine Idee zu verwirklichen. Er räumt die Hindernisse aus dem Weg, findet viele Unterstützer. Charlotte dagegen hat gar keinen Plan für ihr Leben. Sie lässt sich treiben. Fährt zu ihren Eltern, die mittlerweile einen Botschafterposten in Russland innehaben. Dort erfährt sie von einer geheimnisvollen Insel im russischen Eismeer. Spontan entschließt sie sich, an einer Expedition teilzunehmen und entdeckt etwas, das sie fatal an Hiroshis Erfindung erinnert. Gefahr droht.
Nach dem Beginn in Tokio, der Zeit des ersten Kennenlernens, entwickelt sich die Geschichte leider erst einmal in die Richtung von lästigen Teenie-Soaps us-amerikanischer Prägung. Harvard, reiche, verwöhnte Zöglinge und mittendrin Hiroshi, der aber mittlerweile auch zu etwas Geld gekommen ist und sich zumindest teilweise dem Lebensstil anpasst. Er hat es geschafft, eine Erfindung gewinnbringend an den Mann zu bringen und sogar einen Sponsor für sein Projekt gefunden. Dazu wird uns eine komplizierte und irgendwie nervige Liebesgeschichte kredenzt, die aber bald ein abruptes Ende findet. Gut so, denn bis dahin konnte zumindest dieser viel zu lange Teil keine sonderlich große Begeisterung am Buch entfachen. Weniger wäre hier sicher mehr gewesen. Aber jetzt kommt es endlich zu den erhofften Spannungsschüben Eschbachscher Prägung. Wenn man das Buch bis dahin nur wegen des Eschbach-Bonus noch nicht in die Ecke gefeuert hat, wird man jetzt zufriedengestellt. Eschbach verlässt endlich den Pfad der Klischees, lässt die Charaktere sioch wandeln, obwohl man sagen muss, dass keiner der beiden Protagonisten viel Sympathie bei mir erwecken konnte. Der eine ist stur und besessen wegen seiner Idee, die andere verlässt sich auf die Kohle der Eltern und tut gar nichts außer sich von jedem, der nicht schnell genug abhaut kneckern zu lassen. Charlotte ist völlig ziellos, während Hiroshi sich schon fast zum Fanatiker entwickelt, der nichts auf Menschen gibt. Aber dafür entschädigt, dass Andreas Eschbach jetzt originelle Ideen und Tempo ins Spiel bringt. Es ist zwar ein Buch mit einigen Längen geworden, mit einem tränenrührenden Ende und etwas unbefriedigenden Schluss, kann aber nach der überflüssigen Studiumseinlage, durch die man sich wirklich durchbeißen muss, aber dann kommen Spannung und Acion ins Spiel. Thematisiert wird alles von Liebe über SciFi bis hin zu Religion, Ökologie, Politik, Technik, Fantasy und Thriller. Da wird dann geklotzt und nicht gekleckert. Aufgrund des zähen Beginns und des trivialen Endes nur eine bedingte Empfehlung, da trotz guter Ansätze und Ideen etweas unausgegoren. Der Klappentext deutet mehr an, als man letztendlich geboten bekommt. Ganz gut, aber "Ausgebrannt" bleibt Eschbachs bester.

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