Montag, 3. Oktober 2011

Buchreview "Der Wald"

Richard Laymon. Eigentlich sollte es ein entspannender Campingausflug werden. Zwei Familien aus LA trampen durch die Wälder Kaliforniens und erzählen sich am Lagerfeuer Gruselgeschichten. Bis eine dieser Geschichten Wirklichkeit wird und der Urlaub ein jähes Ende nimmt. Nach einem brutalen Überfall von Hinterwäldlern gelingt die Flucht - doch die Großstädter werden verflucht und das Böse sucht sie auch in LA heim.
Kapitel Numero uno lässt erahnen, was auf die Kappen zukommt, doch dann wendet sich der Autor erst einmal den Wanderern zu. Da wird gelabert und gelacht, geschwafelt und erzählt, während die beiden Paaren mit ihren insgesamt fünf Blagen die Wälder verunsichern. Natürlich sind die Kiddies schon durchaus interessiert an den Attributen des jeweils anderen Geschlechts und die Alten haben auch so einiges vor in den Schlafsäcken. So geht es denn Stund um Stund voran. Am Lagerfeuer werden erfundene Geschichten kredenzt und alle in allem ein toller Familienausflug, so richtig schön heimelig. Doch dabei bleibt es nicht. Eine alte Vettel mit ihrem missratenen Zögling hat sich dort ein Domizil errichtet und der notgeile Blagerich (siehe Kapitel eins) findet die imWald umherstolzierenden Weiber durchaus zum Anbeißen. Macht er denn auch, überlebt die Attacke aber nicht. Die Mutter des Böslings verflucht die Städter und die flüchten flugs aus den Wäldern Richtung Heimat und nehmen bis auf Benny die Bedrohung nicht ernst. Doch dann gibt es ein paar äußerst unangenehme Vorfälle, die unsere Wandersleut dazu veranlassen, sich wieder auf den Weg in die Wälder zu machen und das Thema ein für alle mal abzuschließen.
Das Buch heißt "Der Wald" und dafür mussten Bäume sterben. Was für ein Hohn. Und was Heyne mittlerweile unter der Rubrik Hardcore so veröffentlicht, ist auch nicht zu fassen. "Der Wald" gehört da jedenfalls nicht hin.Man könnte ihm noch zugutehalten, dass er eher in der Anfangszeit des Herren Laymon (1987) verbrochen wurde, doch das war es auch schon. Zudem ist das Ganze (glücklicherweise) mit knapp über 400 Seiten (gut für die Bäume, schlecht für "Der Wald") verhältnismäßig kurz geraten. Abgesehen von den Andeutungen in Kapitel eins passiert erst einmal lange gar nix, null, nada, niente. Man darf sich eher mit einer rezeptfreien Einschlafhilfe in Form pubertierender Sexfantasien eingebettet in eine völlig spannungsfreie Family-Soap das Lesevergnügen vergällen lassen. Dialoge einfältigster Art tun ihr Übriges dazu. Dreiviertel der Geschichte plagt man sich so, bis es endlich vorangeht. Und dann sind die Nasen auch schon wieder zu Hause. Und was denen dort so widerfährt - abgesehen von der Hundeszene - ist so lasch und banal, dass es im Vergleich zu anderen Laymons oder gar anderen Autoren wie McBean usw. schon fast wie ein Kindermärchen (okay, dafür gibt es zu viele Titten und Ärsche) daherkommt. Als sie dann endlich an einen Fluch glauben, machen sie sich auf den Weg zum letzten Showdown mit Ollen in den Wäldern. Und hier kommt es wenigstens ansatzweise zu typischen Laymonszenen - auf den letzten ca. 50 Seiten - , die zeigen, was das hätte werden können. So wurde daraus gerade mal ein softer Roman für Neueinsteiger ins Laymon-Universum. Wäre es mein erster gewesen, wäre ich auch gleich wieder ausgestiegen. Seine Charaktere sind wie gewohnt flach und am Reißbrett erstellt und der Stil hat sich in den Jahren anscheinend auch nicht geändert. Völlig anspruchslos und daher leicht und schnell konsumierbar, wobei man das Buch hier auch hätte querlesen können, ohne viel zu verpassen. Langweilig, lieblos und lustlos dahingeschluderte Mär (Die Bezeichnung Horror ist zu gut für das Werk). War meine Erwartungshaltung aufgrund der letzten Outputs schon um einiges tiefer angesetzt, hat er sie trotzdem unterboten. Das war nix, Herr Laymon. Und schon gar nicht Hardcore, lieber Verlag. Verfilmt wäre eine FSK 12 vermutlich schon streng. Und falls mich jetzt jemand fragt, ob ich die nächsten seiner Bücher wie "Der Gast" oder "In den dunklen Wäldern" trotz dieser Erfahrung wieder kaufen werde. Na klar. Kaufe ja auch weiterhin jeden neuen Seagal-Film. Ist schon irgendwie Gewohnheitsrecht.

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