Freitag, 19. November 2010

Frederick Forsyth "Cobra"

Frederick Forsyth. International agierende Drogenkartelle setzen pro Jahr Kokain im Wert von mehreren Milliarden Dollar um und werden immer größer, einflussreicher. Das Weiße Haus beschließt, endlich einzugreifen, und erteilt EX-CIA-Agent Paul Deveraux - genannt Cobra - einen Geheimauftrag: Er soll das kolumbianische Kartell der Kartelle zu Fall bringen. Mit allen Mitteln.
Kolumbien ist das Zentrum des Drogenanbaus und -Vertriebs. Der Handel floriert und es bildet sich ein Kartell der Kartelle.: die Hermandad, die Bruderschaft. Unter Führung von Don Esteban wurden alle Konkurrenten ausgeschaltet und in den neuen Marktführer integriert. Wer nicht freiwillig beitrat, wurde mit Gewalt eliminiert. Auf den verschiedensten Wegen wird die Ware zu den Kunden in USA und Europa gebracht und von dort über verschiedene Zwischenhändler und Mafiosi verschnitten an den Endkunden verkauft. Der US-Präsident übergibt die Aufgabe, dem Treiben endlich ein Ende zu machen an Paul Deveraux und stattet ihn mit allen Freiheiten und benötigten Mitteln aus. Deveraux entwickelt den Plan, dass man Kokain wie andere giftstoffe einfach auf die Liste der nationalen Bedrohungen zu setzen, was bedeutet, dass die Drogenhändler ab sofort als Terroristen eingestuft werden können und entsprechend rigoros behandelt werden. Natürlich sind die Cousins, die Briten, sofort Feuer und Flamme für die Aktion. Da wird nach der Auftragserteilung und der Überweisung der Mittel schnell eine Gruppe ehemaliger Agenten, die jetzt im Ruhestand sind (irgendwie musste ich trotz anderer Handlung an R.E.D. mit Bruce Willis denken), wieder aktiviert, die eine Truppe aus Söldnern, Seals und SBS rekrutieren, um den Kampf gegen die Organisationen aufzunehmen. Sie lügen, betrügen und manipulieren, um ihre Mittel oder Unterstützung von anderen Nationen zu bekommen. Sie kaufen illegal Waffen und Flugzeuge, überwachen und inhaftieren unschuldige Bürger nuzr aufgrund eines Verdachtes, schieben gefälscht Beweismittle unter, um an einen Boss zu kommen und diesen dann zu erpressen, operieren ohne Erlaubnis in fremden Staaten und schlagen ohne Skrupel zu, wen sich die Möglichkeit bietet. Nachdem ihnen die neue Präsidentenorder (die ja anscheinend wirklich alles legitimiert und weltweit Anerkennung findet) freie Hand gibt, nutzen sie diese auch voll aus. Da werden ohne Warnung vermeintliche Drogenflugzeuge mit Crew vom Himmel geschossen, ohne das wirkliche Beweise vorliegen oder auch nur an einen Prozess gedacht wird. Im Zweifel für den Angeklagten? Nee, schuldig bei Verdacht! Und erst die Umsetzung des eigentlichen Ziels - menschenverachtend, aber toleriert, fördert oder führt solche Zustände ja gerne herbei, solange sie sich nicht auf eigenem Boden abspielen (Krieg im Irak nach Falschinfos, Gitmo, Foltergefängnsisse in Osteuropa usw.).
Sieht man einmal davon ab, dass sich die üblichen "Verteidiger der westlichen Welt" (Amerikaner und Briten, die sich hier wieder in ihrem Anspruch auf Durchsetzung ihres Willens ohne Widerstand und nur mit dem Recht des Stärkeren suhlen) in ihrer bekannten Manie mal wieder eigene Gesetze zurechtbiegen, um Bürgerrechte und Menschenrechte außer Kraft zu setzen, die Überwachung noch mehr auszuweiten, zu töten und zu foltern, ohne bestehende Gesetze zu beachten und sonstige Verbündete nur als Handlanger ohne Mitspracherecht zu benutzen, ist der Roman eine hervorragend recherchierte Geschichte, die aufgrund der Erzählform eher wie ein Bericht oder eine Dokumentation denn wie eine fiktive Story daherkommt. Dialoge sind auf ein Minimum beschränkt, die sonst übliche Lovestory gibt es nicht einmal andeutungsweise. Spannend, aber mit dem Makel behaftet, dass man irgendwann im dritten Abschnitt des gut und klar strukturierten Buches von den vielen Erfolgen ohne jedes Problem ein bisserl gelangweilt ist, ändert sich dies aber mit dem Wechsel in den vierten und letzten Abschnitt . Mit der dort auftretenden Eskalation der Geschehnisse hat man nicht gerechnet, der Actionanteil ist unheimlich hoch und das Ende - zwar recht kurz gehalten - war so auch nicht zu erwarten. Die Figuren sind nicht ohne Ecken und Kanten dargestellt und die Kontrahenten auf beiden Seiten weisen Charakterzüge wie Gefühlskälte und Rücksichtslosigkeit auf, denen Kollateralschäden und zivile Opfer eher am Arsch vorbeigehen. Forsyth hat mit "Der Schakal" wohl seinen besten Politthriller abgeliefert und auch danach noch lange seinen Status als Ikone des Genres halten können, doch seit einigen Jahren ist die Qualität etwas gesunken, was aber als Mäkeln auf hohem Niveau angesehen werden kann, den ein "gut" bekommen seine Outputs immer noch. Besonders seine hervorragende Recherche ist wie üblich hervorzuheben. Wer bisher an Frederick Forsyth oder dem früheren Tom Clancy seine Freude hatte, sollte zugreifen, denn diese 400 Seiten "Cobra" lohnen sich schon.

Keine Kommentare: