Samstag, 4. September 2010

Buchreview "Der letzte Beweis"

Scott Turow. Der Richter sitzt stundenlang am Ende eines Bettes, in dem eine tote Frau liegt. Seine Frau. Erst am nächsten Morgen ruft er die Polizei. Er wird des Mordes angeklagt werden. Alles wird gegen ihn sprechen. Er wird beweisen müssen, dass er unschuldig ist. Vor zwanzig Jahren hatte Rusty Sabich eine Affäre mit einer Kollegin, die brutal ermordet wurde. Sein Widersacher in der Staatsanwaltschaft, Tommy Molto, hatte unnachgiebig versucht, Rustys Schuld zu beweisen. Diesmal will Tommy Molto zu Ende bringen, was er damals begann.
Vor rund zwanzig Jahren kriselte es in der Ehe vom serbischstämmigen Rusty Sabich, als er sich auf die Affäre mit einer Kollegin einließ. Doch das war damals nicht das einzige Problem. Der Tod seiner Geliebten hätte Rusty um ein Haar in den Knast gebracht. Seine Frau hielt zu ihm, sie überstanden die Krise und verurteilt wurde er auch nicht. Er arbeitete weiter in seinem Beruf, der alte Ruf war wieder hergestellt und alles nahm seinen geregelten Lauf. Könnte alles so schön sein, würde seine Gattin Barbara nicht tot im Ehebett aufgefunden. Erste Verdachtsmomente weisen darauf hin, dass Medikamente im Spiel waren. Und schon steht Tommy Molto bzw. sein Scherge Jimmy Brand, der nach einer steilen Karriere giert, auf der Matte, Verlierer in der vorangegangenen Auseinandersetzung um den Tod der Geliebten. Diesmal soll es besser laufen und gleichzeitig der Eindruck vermieden werden, dass Molto nur auf Wiedergutmachung seines verlorenen Prozesses aus ist und nun versucht, die niederlage von vor 20 Jahren jetzt mit allen Mitteln ausmerzen zu wollen. Doch auch Richter Sabich hat wohl nichts aus den Ereignissen von damals gelernt. Molto und sein Team finden heraus, dass sich Sabich mit einer ehemaligen Untergebenen trifft. Da wäre denn schon mal ein Motiv für den Mord. Jetzt kann er die Angelegenheit vor gericht bringen und einen aufsehenerregenden Prozess anstrengen, dessen penible Vorbereitung Monate braucht, um eine unanfechtbare Verurteilung zu erreichen. Natürlich ist auch Sabich nicht untätig und geht seinerseits in die Offensive, um das Schlimmste zu vermeiden. Doch er ahnt nicht, was wirklich auf ihn zukommen wird.
Viele Cineasten werden sich sicher noch an den sehr gelungenen Kinohit "Aus Mangel an Beweisen" mit Harrison Ford in der Hauptrolle erinnern. Nun liegt mit dem Justizthriller "Der letzte Beweis" nicht nur das neueste Werk von Scott Turow vor, sondern auch die Fortsetzung seines damaligen Erstlings und verfilmten Bestsellers. Turow beweist damit auch, dass es sich lohnt (auch für den Leser), sich beim Verfassen eines Buches Zeit zu lassen und dabei die Qualität des Romans hochzuhalten, anstatt auf jährliche Outputs für den Massenmarkt in leicht verständlicher Sprache und wenig komplexer Handlung zu setzen, um das eigene Konto aufzustocken und vielleicht noch Hollywood anzulocken, das ja unerklärlicher Weise gerade auf solche Werke reagiert wie ein Hai auf Blut. Uninspiriert, handlungsarm, nur durch den schnellen Dollar motivierte Machwerke im Boulevardstil. So erreicht man zwar hohe Verkaufszahlen, aber keine guten Storys. Glücklicherweise ist das nicht die Arbeitsweise von Scott Turow, was ihn von anderen Autoren in diesem Genre wohltuend unterscheidet. Er bietet dem Käufer einen vielschichtigen und hochspannenden Fall, den er in jahrelanger Vorbereitung qualitativ hochwertig und ausgiebig recherchiert hat. Es hat wohl schon seinen Grund, warum er seit seinem Debüt 1987 erst acht Romane verfasst hat und das ist sicher nicht der Mangel an Käuferschichten. Auch in "Der letzte Beweis" werden die Figuren tiefgründig (und ich für meinen Teil muss sagen, dass mir die Hauptfigur mal so gar nicht sympathisch war, ein Egoist, wie er im Buche steht - und das ist nicht mal alles) präsentiert, ist die Sprache klar und ausdrucksstark, verglichen mit anderen Schreiberlingen schon fast ein literarischer Höhenflug. Erneut setzt Turow zu einem Blick auf das amerikansiche Justizsystem an, der zeigt, dass es bei den ganzen Strategien, Verwicklungen und Machtspielchen nicht immer einfach ist, den wirklich Schuldigen zu bestrafen. Zudem werden Verhandlungen nur nach dem Motiv des Sieges geführt. Die Verteidiger sind nicht im Geringsten an Schuld oder unschuld ihres Mandanten interessiert, sie wollen ihn nur aus dem Knast heraus halten. Aber auch die Staatsanwaltschaft, die eigentlich dazu da sein sollte, dass die Gerechtigkeit siegt, denkt nur an das Gewinnen des Prozesses, nicht an ihren eigentlichen Auftrag. Geht ein Unschuldiger in den Knast - egal, Hauptsache wieder eine Kerbe auf der Siegerliste. Da wird durch die Anwälte vor Gericht geschauspielert, getrickst, Geschworene mehr oder weniger subtil beeinflusst, nur um den Prozess zu gewinnen und natürlich ist es immer noch so, dass Angeklagte mit einem guten Ruf, einer entsprechen geschätzten Profession oder genügend Geld anders behandelt werden, als ein armer Schlucker. Wirkliche Gerechtigkeit geht anders und das prangert Turow hier auch deutlich an. Die Geschichte um Rusty Sabich dient dazu nur als Aufhänger - aber als ein äußerst spannender und gelungener. Für Freunde von Gerichtsthrillern eine klare Empfehlung und und große Vorkenntnisse aus dem Debüt "Aus Mangel an Beweisen" sind auch nicht nötig.

8 Kommentare:

Harry hat gesagt…

Mich hat die massive Kritik an Fehlern in Satzstellung, Rechtschreibung, allgemeiner Fromulierungskunst derartig hart bis ins Mark getroffen - diese vergifteten Pfeile, die da von anonymen Killern aus den Hinterhalt der gut getarnten Selbstverleugnung auf Personen zielgenau abgeschossen werden, die es sich zum Hobby gemacht haben, den Leuten Infos zu Filmen und Events zu beschaffen, von denen diese ansonsten nie gehört hätten, nur um sich selbst als anonymer Deutschprofessor mit überaus profunden Kenntnissen auf allen Gebieten zu profilieren. Ärgerlicher sind dann nur die Krieger der Rechtschreibung, die schon innerhalb der ersten Worte ihre Zugehörigkeit zu der Gruppe der Legastheniker auf Leihbasis unfreiwillig öffentlich machen. Kein Legastheniker, sondern nur zu bequem oder unterm Schulradar durchgerutscht, um der deutschen Rechtschreibung auch nur ansatzweise die entsprechnde Ehre anzutun, sie korrekt zu nutzen. Da kann man sich ja auf die Rechtschreibreform berufen. Nicht zu unrecht - wurde ja für die Hinterbänkler gemacht. Nur dass es immer noch nichts genutzt hat. Vergällt einem das ganze Schreiben von Rezi und zwingt einem wirklich eine Pause auf. Aber Vorsicht: ich lese weiterhin mit und werde die Kommentarfunktion auf solche Fauxpas durchforsten und dann in einem Sammelwerk hier veröffentlichen. Dafür könnt ihr euch freuen, dass ihr keine Buchkritiken mehr erdulden müsst. Aber die anonymen Rechtschreibkoryphäen werden beobachtet und gegebenenfalls bloßgestellt.

Anonym hat gesagt…

Da gewinnt man irgendwie den Eindruck, als wolle man das geschriebene Wort in Form von Buchrezensionen, längerern Reviews oder Texten zu jeweiligen Events den Gar aus machen, da solche mehr oder weniger ausführliche Reportagen vielen den geistigen Horizont zu klein erscheinen lässt, um noch mithalten zu können. Also versucht man die Autoren, die auch schon aus professionell arbeitenden und gut bezahlten sowie hoch angesehen Lektoren zu entfernen / vertreiben. Den Leuten ist das geschriebene Wort einfach zu viel. Nur Bilder, blutig, actionreich, handlungsarm, damit die kleinen Geister der 5-jährigen problemlos folgen können. Aber nichts schreiben. Da kann ich schon verstehen, dass Harry hinwerfen will. Doch er wird von seinen Autorenkollegen aus den verschiedenen Verlagen unterstützt. Mach weiter und das gilt auch für die attackierten Blogbetreiber wie Shane, Ong Bockel und Mark 13. Seht es lieber locker: was stört es den Baum, wenn sie die Wildsau dran kratzt. Kein Rückzug Harry. Wir wollen noch Deine kurzen Rezis zu Büchern aller (naja, fast) Genres lesen (und manchmal über Deine sarkastisch-amüsante Art auch lachen, weil Du echt fies sein kannst). Es grüßen die Kollegen.

Harry hat gesagt…

Nönö, ich halt mich jetzt an mein täglich Brot, das Lektorat. Da sind die Diskussionen mit dem Autor / Autorin konstruktiver und produktiver und am Ende kommt mehr rum (auch Rum rum). Bezahlte Lektoren, deren Autoren, die Verlage und die Setzer sowie Drucker werden trotz gröberer Versäumnisse lange nicht so angegiftet wie Privatiers, die nach Feierabend ihre Freizeit für Aktivitäten nutzen, die einigen Blogverfolgern durch aus zu Nutzen kommen. Wo ein Lektor und erst recht der Autor sich glücklicherweise hinter einer Mauer von armen Frontschweinen verstecken kann, ist der Blogger den Gemeinheiten und Niederungen des Neids immer direkt ausgesetzt. Da wähle ich lieber den Schutzwall für künftig und wünsche den Bloggern wie Shane mit Ong Bockel und Mark 13 oder Doc Holiday, Doc Savage mit seiner Trash-Academy und all den anderen wie Dompathug, Junays world, Fred_Krueger (relativ neu)wirklich alles Gute und lasst euch nicht unterkriegen von Kleingeistern mit Fähigkeiten auf RTL2-TV-Niveau.
Alsdenn
Harry
Lasst Die Korken knallen.

Anonym hat gesagt…

Nnnnnneeeeeeiiiiiiiiinnnn!!!!!!!
Harry, geh´nicht!!!!!!
Mir bricht das Belletristik-Herz.
Soll ich mich etwa wieder selbständig aus dem wildwuchernden Dschungel aus Möchtegern-Autoren und "hätte-ich-das-bloß-vorher-gewußt"-Werken zurechtfinden?
UNVORSTELLBAR!
Zielsicher bin ich die letzten eineinhalb Jahre in Harry´s Schussfahrt der direkten oder indirekten Empfehlungen gefahren und nie gekentert(höchstens mal ins Schwanken gekommen, wenn ein Buch nicht ganz so meins war).
In wunderbare neue Regionen und Themengebiete bin ich dank dir vorgestoßen.
Dafür meinen tiefstempfundenen Dank.
Ich jedenfalls werde hier sitzen und warten und mich von Herzen freuen, wenn ich eines Tages wieder etwas von dir höre, Harry.
Bis dahin, alles Gute für dich, dein treuer Freund und Lesensgenosse(hehe),


SNEAK

Harry hat gesagt…

@SNEAK. Ich hätte diese "Unterhaltung" (ein Bekannter von mir hat zufällig gerade - um DIE Uhrzeit, er sollte doch arbeiten müssen - meinen Frustbeitrag gelesen und prompt beantwortet) besser nicht im Kommentarbereich geführt. War nicht ganz so schlau. Zudem hat mich ja noch keiner attackiert (liest wohl - bis auf Ausnahmen - keiner das Zeug) , mich nerven diese überschlauen Anonymen halt nur. Dazu kommt, dass ich momentan nur Mittelmaß an Thrillern oder so vorliegen habe. Da mache ich lieber ne längere Pause und sortier mich erst einmal neu, bevor ich mich und andere langweile. kommt schon noch was, Du treuer Buchgefährte (zu denen natürlich auch DIE SANDY oder Doc Holiday und mit einigen Abstrichen der leseungewohnte Doc Savage zählen - und falls ich jemanden vergessen habe, nicht böse sein, jede Seele zählt.). Abschließender Tipp: ist erst auf der Einkaufsliste für Ende des Monats - Mochinski: Eden. Ein Zombieroman.

Anonym hat gesagt…

Danke Harry, hört sich gut an dein Tipp!
Alles klar, dann machs gut und pass auf dich auf!


Dein Gefährte

SNEAK

Harry hat gesagt…

@ SNEAK.Frag meine Gattin, ich mach's immer gut (*hüstel*, musste jetzt sein, bei dieser Vorlage). Du kannst versichert sein, sobald ich das erste Buch in meinem Stapel von fast hundert ungelesenen Werken finde (liegen teilweise schon seit Mitte 2008 rum), stelle ich sie eh wieder ein. Kann mich da schlecht beherrschen. Und jetzt schick ich dem lieben Shane Bildmaterial von meinem ersten Massenkinoeinsatz. Es wird ihn bis ins Mark erschüttern, aber ich bin halt ein böse Seele.
Gruß
Harry

Anonym hat gesagt…

Wer soll denn die immer weiter verdummende und geistig verkrüppelt vor sich dahinvegetierende Menschheit vor dem intellektuellen Supergau bewahren, wenn nicht Du lieber Harry, mit der Waffe des geschriebenen Wortes in der Hand . . . Ich weiß, bei vielen Menschen ist das Nahebringen von gutem Lesestoff (oder das Bewahren vor dem genauen Gegenteil) "wie Perlen vor die Säue werfen" und eigentlich verschwendete Zeit, doch es gibt doch immer wieder Ausnahmen, für die es sich lohnt weiterzumachen. "Hör" Dir nur SNEAKS qualvolle Pein " beim Bekanntgeben einer längeren Schaffenspause Deineseits an . . . Und auch wenn ich nicht immer einen Kommentar auf Dich loslasse, lese ich doch jeder Deiner Rezensionen und erfreue mich daran.
Mein lieber Harry, Du wirst Dich doch wohl mitnichten von solch unbedeutenden, kleinkarierten Kommentarschreibern vergrätzen lassen . . . Das wäre doch genau das, worauf solche Leute noch mehr abgehen, als über fehlende Kommata.
Du magst eine Schaffenspause? Ich gönn sie Dir von Herzen . . . aber nur, wenn sie auf einer anderen Grundlage, als der von Dir zuerst geschriebenen fusst.
Bis bald - wir lesen uns :-)))!

Die Sandy