Freitag, 27. August 2010

Buchreview "Der Tourist"

Olen Steinhauer. Jahrelang hat Milo Weaver als Geheimagent der CIA gedient. Es gab keinen Auftrag, der ihm, als einem der Besten, nicht anvertraut wurde. Jetzt ist seine große Zeit vorbei, er plant den Ausstieg. Doch die Company lässt ihn nicht los, und so stimmt er einem letzten Auftrag zu, bei dem es bald ums nackte Überleben geht. Milo Weaver ist ein Tourist. Synonym für einen bestens ausgebildeten Geheimagenten, der überall auf der Welt mehr oder weniger legale Aufträge für die CIA ausführt. Bei einer Mission wird er schwer verletzt und plant als Rekonvaleszent seinen Abgang aus dem unrühmlichen Berufsleben der Staatskillers. Doch so einfach macht es ihm sein allmächtiger und nicht ganz so gesetzeskonformer Arbeitgeber denn nun auch wieder nicht. Da dem Geheimdienst mit dem blamablen Ruf der 11. September perfekt in die Hände gespielt hat und der Patriot Act ihnen nun sämtliche Möglichkeiten gibt, ungestraften Rechtsbruch zu begehen, jeden mit allen Mitteln zu bespitzeln (und das machen sich mittlerweile auch andere Regierungen mit Hang zur Bespitzelung auch in Europa zu Nutze. Überwachung allerorten. Hach, könnte man da jetzt ne schöne Verschwörungstheorie aufstellen.) und das alles noch im Rahmen der nationalen Sicherheit unterm öffentlichen radar zu halten, nötigen sie Weaver zu einem letzten Auftrag. Er soll einen killer namens Benjamin Harris - auch der Tiger genannt - finden und muss dann feststellen, dass dieser sterbend für ihn eine Fährte gelegt hat, die ihn automatisch an seinen Aufenthaltsort führen musste. Was ist das für ein Spiel? Weitere mysteriöse Todesfälle von Mitarbeitern bringen Weaver unter Verdacht und er wird - was Wunder - von seinen eigenen Kollegen gejagt. Um sein Leben zu retten, bleibt ihm nichts anders übrig, als die CIA als das zu entlarven was sie in Wirklichkeit ist. Diese Machenschaften aufzudecken, ist sein letzter Auftrag in ureigenstem Interesse. Und damit gerät er mit seiner Familie in ein perfides Spiel der Geheimdienste, das ihn, den mittlerweile ausgepowerten, tablettensüchtigen Enddreißiger, wie zwischen zwei Mühlsteinen zu zermalmen droht. Olen Steinhauer war für mich ein neuer Name im Thrillerbereich, obwohl er schon fünf Romane vor seinem "Der Tourist" veröffentlicht hat, die aber nie den Weg nach Deutschland fanden. "Der Tourist" war sein internationaler Durchbruch und sein erstes in Deutschland erschienenes Buch. Er beweist damit, dass der klassische Agententhriller alter Schule nach dem Ende des Kalten Krieges noch längst nicht ausgedient hat, sondern nur die Gegener haben gewechselt. Es ist ihm sogar so gut gelungen, dass George Clooney auf das Werk aufmerksam wurde und sich direkt die Rolle des Agenten auf der Flucht Milo Weaver gesichert hat, was übrigens durchaus die passende Besetzung für die Figur wäre. Laut IMDB soll der Film für 2012 anstehen und er hat sicherlich nichts mit dem gleichnamigen Werk des Duos Jolie/Depp zu tun, das eh nur eine der lästigen amerikanischen Aufbereitungen erfolgreicher ausländischer Filme für den eigenen, anspruchsloseren Markt ist, damit der Film auch dort vielleicht verstanden wird. Zudem wird in Amerika ja nicht synchronisiert, da steht man zur eigenen Sprache, erwaret aber aus reinem Selbstverständnis und Großmachtgefühl, dass andere gefälligst deren Sprache in ihren jeweiligen Ländern bevorzugen und ihre eigenen verleugnen. Hier trifft es das Original aus Frankreich - "Anthony Zimmer". Zurück zu Steinhauer. Ihm ist mit "Der Tourist" ein wirklich fast perfekter Agententhriller früheren Stils gelungen, wie man ihn vor allem John Le Carre zutraut (doch mit mehr Action und weniger Dialog), der mit einem unberechenbaren Katz- und Mausspiel eine ungewisse Spannung aufbaut, wie lange nicht vorgefunden. Nichts ist es damit, das Ende vorauszusehen, weil alles nach dem gleichen Schema abläuft und massig Klischees bedient werden. Diese Klippen umschifft der Autor durchaus gekonnt. Sauber skizzierte Figuren, Action, Verfolgungsjagden und wechselnde Schauplätze rund um den Globus prägen den Roman von Olen Steinhauer. Cliffhanger sorgen für die Zutaten, die ein Bestseller und Page Turner benötigt. Die Geschichte des Mannes, der am Anfang vor dem Nichts steht und am Ende wieder am Anfang, kam so gut an, dass eine Fortsetzung schon in Arbeit ist, eine ganze Reihe um Milo Weaver zumindest in Planung (wer das Ende liest, weiß warum). Auf meinem künftigen Einkaufszettel wird sich auf jeden Fall Olen Steinhauer befinden. Für Thrillerfreunde ein Genuss. Klarer Tipp.

Keine Kommentare: