Sonntag, 21. Februar 2010

Buchreview "Ein König für Deutschland"

Andreas Eschbach. Vincent Wayne Meritt, ein US-Amerikaner deutscher Abstammung, kann vielem widerstehen, aber keiner Herausforderung, seine Fähigkeit als Programmierer unter Beweis zu stellen. Auch nicht, als er im Herbst 2000 aufgefordert wird, mal eben ein Programm zu schreiben, mit dem man über Wahlcomputer abgegebene Stimmen fälschen könnte. Nur ein Prototyp, heißt es, zu Studienzwecken. Noch ahnt niemand, dass den USA die umstrittenste Präsidentenwahl aller Zeiten bevorsteht. Kommt Vincents Programm zum Einsatz, um George W. Bush an die Macht zu bringen? Vincent weiß es nicht, aber die Hinweise mehren sich. Acht Jahre später wird Vincent erpresst, noch einmal ein solches Programm zu schreiben. Um sich abzusichern, schickt er alles heikle Material nach Deutschland, zu seinem Vater Simon König,. Bloß versteht der nichts von Computern und begreift deshalb erst, als ein paar junge Computerfreaks ihm die Sachlage erklären, was das alles bedeutet. Gemeinsam entwickeln sie einen verwegenen Plan. Eingestiegen wird in die Story mit Vincent, wie er sich dazu verleiten lässt, das (Manipulations-) Programm für die Wahlcomputer zu schreiben und da er hinsichtlich Computerkriminalität eine Vergangenheit hat, ist er auch leicht erpressbar. So kommt es, dass er nicht nur Zweifel an der Wahl 2000 mit dem Florida-Chaos bekommt, sondern auch die weiteren Wahlen bis 2008 für ihn verdächtig wirken. Er will mit der ganzen Sache auch nichts mehr zu tun haben, bis jemand an ihn herantritt, ein neues, besseres Programm zu schreiben, mit dem man bei verschiedenen Parteien weltweit ordentlich abkassieren kann, wenn man ihnen den Wahlsieg verspricht, indem man die eingestzten Wahlcomputer manipuliert. Natürlich weiß die Rübe, dass er sich wieder in illegale Machenschaften verwickeln lässt, aber sein naiver Programmiererstolz lässt ein NEIN nicht zu und so macht er sich an die Arbeit, flüchtet aber nach getanem Werk, sendet das Material an Papi Unbekannt (er hat nur Namen und Adresse, kennt aber icht seine Fresse) in Deutschland, wird aber trotzdem geschnappt und verknackt, da das Auto, das er zur Flucht benutzt, leider geklaut war. Während er sich also in einem privaten Luxusknast amerikanischer Prägung (also gewinnorientiert), wie ich ihn noch nie gesehen habe, eine ungewollte Auszeit nimmt, wird sein deutscher Papi mit den Erpressern konfrontiert, von den jungen Computergenies auf die richtige Fährte gebracht und macht sich mit denen an die Ausführung eines aberwitzigen Plans, der den Betrug aufdecken soll. Zu eben dem Zweck gründet man eine eigene Partei, um in Deutschland die Monarchie wieder einzuführen. Und schon kommt jeder beim Austüfteln der Wahlpropaganda in den Genuß von königlichen Vorzügen. Leben in einem Schloß, umgeben von Hofstaat und Lakaien. Das ist so wirkungsvoll, dass sogar seine Frau, die Redakteurin für diverse Weiberklatschblätter ist, und seit zwanzig Jahren von ihm getrennt lebt, mit Freuden zu ihm zurückkehrt und versucht, ihren Sissi-Traum auszuleben. Bis zum Tag der Wahl läuft auch alles phantastisch. Andreas Eschbach wurde von verschiedenen Seiten für die flache Story und die banalen Charaktere kritisiert, aber meines Erachtens bilden die nur den einfachen Rahmen, um sein Gesamtanliegen, das viel wichtiger ist. Man kauft sich ja auch ein Bild nicht wegen der Fassung, sondern konzentriert sich auf das Wesentliche am Werk. Und das ist hier die Möglichkeit, Wahlcomputer zu manipulieren und der absoluten Modernisierungswille der Regierung, obwohl die Risiken der Wahlcomputer bekannt sind und das alte - jetzige - System doch noch das sicherste ist. Also abgesehen von den lächerlichen Eskapaden der Ex-Frau von Simon König mit ihrem Sissi-Tick und der leicht verständlichen Schreibe, die ihren Grund sicher darin hat, dass man auf diese Weise ein so brisantes Anliegen auch wirksam massenkompatibel verfasst, wird das Thema äußerst interessant aufbereitet und wer sich für weitergehende Informationen interessiert, kann dies anhand von rund einhundert Fußnoten gerne tun, die den Roman (und etwas anderes soll es ja nicht sein) dann wieder von der Masse abheben. Außerdem hat der Autor auch in einigen Nebensätzen durchaus noch die Zeit gefunden, seine Kritik an den TV-Sendern, der Bildung, Erziehung oder verblödende Werbung durch den Mund oder die Gedanken Simon Königs an den Leser zu bringen. Man muss nur aufmerksam dem geschriebenen Wort folgen, um dies zu sehen. Gutes Thema, einfach formuliert an den Leser gebracht, mit leichten Thrillerelementen versehen, lässt sich das Werk locker konsumieren. Leichte Abzüge für die kleinen Hänger, die mittig auftauchen, und manch doch zu schlichte Figur und der etwas hanebüchene Strang mit dem Schloß und der königlichen Auftritte, obwohl ich mir da nicht sicher bin, ob das vom Autor nicht so gewollt war, um das Kasperletheater um Könige in der heutigen Zeit ad absurdum zu führen, da sich ja kein "Blaublüter" den Finger in der Nase brechen kann, ohne dann groß auf die Titelseite der einschlägigen Blätter oder Boulevardrechtschreibungsverweigerer zu kommen. Kein Top-Buch wie es "Ausgebrannt" war (und natürlich auch nichts für die Horror- oder Actionfraktion), aber immer noch besser als das, was so manch anderer namhafter Autor in letzter Zeit unters (zahlende) Volk bachte. Werde demzufolge auch den nächsten Eschbach wieder erwerben.

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