Montag, 15. Februar 2010

Buchreview "Blut will fließen"

James Ellroy. USA, 1968. Nixon und Humphrey kandidieren für das Präsidentenamt.Der Wahlkampf ist hart und geprägt von Verleumdung und Korruption. Die Ermordung von Martin Luther King und Robert F. Kennedy, die Proteste von Schwarzen und Studenten wie auch der Vietnamkrieg bringen Unruhe in das Amerika jener Tage. In Los Angeles beschäftigt Scotty Bennett und Marshall Bowen vom LAPD der ungeklärte brutale Überfall auf einen Geldtransporter, bei dem mehrere Millionen Dollar und eine größere Menge Smaragde verschwanden. Je näher sie bei ihren Ermittlungen in die Nähe der Machtzentren geraten, desto gefährdeter ist ihre Mission - und auch ihr Leben. Steckte das FBI hinter dem Überfall? Flossen die Millionen in Nixons Wahlkampf? Was hat Howard Hughes Nixon versprochen? Nach "Ein amerikanischer Thriller" und "Ein amerikanischer Albtraum" nun mit "Blut will fließen" der Abschluss von James Ellroys Underworld-Trilogie. Und der Titel ist Programm. Das Blut bekommt seinen Willen. Es fließt beaucoup Blut. Nach der Einleitung mit dem Überfall im Jahre 1964 wendet sich die Geschichte den Geschehnissen ab dem Jahre 1968 zu und es geht gar heftig zur Sache. Polizeibrutalität allerorten (Sie haben das Recht zu antworten, was wir hören wollen. Sie haben das Recht auf körperlichen Schaden.), militante Schwarzenbewegungen, Angriffe auf Kuba, Teamsterverwicklungen, Schwulenhatz, Voodoozeremonien auf Haiti, Drogenschmuggel zur Finanzierung illegaler Operationen, Loyalityhopping par excellance, rote Umstürzler und ein LA, das nur aus Gewalt und Korruption besteht. FBI-Aktionen mit Undercover-Agenten gegen aufmüpfige Schwarze, Rassismus wird groß geschrieben, Rassentrennung absolut erwünscht. Wahlen stehen an, Tricky Dick als vergangsterter Mafiageldempfänger, der abgelöste LBJ als Gauner im Dienste seiner Gönner. M. "Luzifer" K. hinterrücks durch die Regierung beseitigt, JEH als verkappte Schwuchtel, die langsam den letzten Rest Verstand verliert. Bekannte Prominenz als sexuell anders orientiert, Duke Wayne steht auf Weiberklamotten und Baströckchen in Übergröße und Natalie Wood lesbelt, was das Zeug hält. Und mittendrin Wayne Tedrow, den man schon aus den beiden Vorgängerbüchern kennt, unterwegs als Manipulator, Strippenzieher und Todesschütze. Nun ermittelt er für's FBI, dealt mit Drogen, wechselt lustig die Seiten und sammelt Informationen zu dem Überfall, auf den auch Scotty Bennett und Marsh Bowen angesetzt sind. Zudem mischen Hoover, der seine Kommunisten- und Negerhatz strikt weiterverfolgt, sowie die Mafia mit Umsturzplänen für Kuba mit. Es dauert, bis sich sämtliche Handlungsstränge entwirren und zueinander finden. Größere Überraschungen bleiben aus. Protagonisten tauchen auf und verschwinden wieder, werden als Leichen auf Müllhalden entdeckt. Um der Handlung wirklich folgen zu können, wäre die Kenntnis der ersten beiden Bände, etwas Wissen um die damalige Epoche und einige Konzentration beim Lesen ob der Vielfalt der handelnden Figuren und Schauplätze durchaus nicht unangebracht, obwohl es einen kleinen Rückblick gibt, der aber wirklich äußerst minimalistisch gestaltet ist. Ansonsten ist das Buch schnell, blutig, hart, in kurzen, manchmal nicht vollständigen Sätzen verfasst, äußerst rüde im Ton und wirft einen düsteren Blick auf das Amerika jener Zeit. Freundliche Charaktere, Happy-Endings und ähnlich frohgesinnte Inhalte kann man sich gleich abschminken, hier haben alle Dreck am Stecken. Und etliche der historisch von Amerika mit Heiligenschein belegten Figuren aus dem öffentlichen Leben oder der Politikprominenz werden hier als korrumpierbare Gauner, Schmutzfinken und Egoisten dargestellt. Aber es ist ja nur ein Roman. ODER? Der Watergate-Skandal wird von Ellroy übrigens ausgeklammert bzw. dessen Vorbereitung nur am Rande erwähnt, da dieses Thema anderweitig schon bis zum Erbrechen behandelt wurde. Insgesamt absolut kein Roman, den man als pure Unterhaltung lesen sollte, sondern mit der ihm gebührenden Aufmerksamkeit. Wieder ein Klassebuch von Ellroy. Wie erwartet.

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