Samstag, 9. Januar 2010

Buchreview "Die Arena"

Stephen King. An einem ganz normalen schönen Herbsttag wird die Stadt Chester's Mill auf unerklärliche Weise durch ein unsichtbares Kraftfeld vom Rest der Welt abgeriegelt. Flugzeuge zerschellen daran und fallen als brennende Trümmer vom Himmel, einem Gärtner wird beim Herabsausen der Kuppel die Hand abgehauen, Tiere werden zweigeteilt, Menschen, die gerade in Nachbarorten unterwegs sind, werden von ihren Familien getrennt, und Autos explodieren, wenn sie auf die mysteriöse Wand prallen. Es ist allen ein Rätsel, worum es sich bei dieser unsichtbaren Wand handelt, wo sie herkommt und wann - falls überhaupt - sie wieder verschwindet. Es gibt kein Entrinnen - und je mehr die Vorräte zur Neige gehen, desto stärker tobt der bestialische Kampf ums Überleben in dieser unerwünschten Arena. Bevor ich mal wieder eine Bücherpause einlege, hier der neue King (und auch nicht der letzte, wie schon von vielen gemutmaßt wurde - er schreibt weiter. Möglicherweise eine Fortsetzung von "The Shining", doch das weiß er selber noch nicht so genau, kann auch ein anderes Thema werden.) Erstes Kapitel gleich erster Auftritt Kuppel, kein langes Vorgeplänkel, kein Warten. Da werden denn auch sogleich Tiere zerteilt, Menschen verstümmelt, ein Truckfahrer beim Aufprall auf die unsichtbare Mauer von seiner Ladung Baumstämme zermatscht und ein Flugzeug in der Luft plus Insassen in Einzelteile zerlegt sowie ganz nebenbei eingeflochten die handelnden Personen der noch folgenden 1200 Seiten (so sie diese denn auch erleben) vorgestellt. Schön getrennt nach Normalos und Arschgeigen. Vielleicht einer der Kritikpunkte - diese Schwarz-/Weißmalerei. Und da bei einem solchen Phänomen die Armee nicht fehlen darf, riegeln sie den Außenbereich um die Kuppel erst einmal weiträumig ab und rufen höchste Alarmstufe aus, während drinnen die ersten Planungen zum Überleben beginnen und so nach und nach die Volksseele köchelt. Gruppen rotten sich zusammen, Vergleiche mit Nazideutschland machen schnell die Runde, die bisherigen - auch kriminellen - Stadtoberhäupter wollen nun die endgültige Macht, ihr eigenes kleines Königreich innerhalb der Vereinigten Staaten und setzen dazu Dorfschläger und dorfdeppen als ihr Instrumentarium ein. Erste gewalttätige Übergriffe der neu eingesetzten Polizeibehörden werden bekannt. Das Gesetz des Stärkeren kommt zum Tragen. Rücksichtslos werden alle Außenseiter und Kritiker ins Abseits manövriert oder kaltzustellen versucht. Lebensnotwendige Ressourcen für die Mächtigen beiseite geschafft, den normalen Bürgern vorenthalten. Bleibt die Kuppel länger geschlossen, steht ein offener, blutiger Krieg zwischen den Parteien ums Überleben bevor. Ich habe beileibe nicht alle Bücher von Stephen King gelesen, aber diese ist eines der gelungensten, die ich konsumiert habe. Den Literaturnobelpreis wird er sicher nicht erhalten (was wohl auch nicht seine erklärte Absicht war/ist), aber er schafft es wie bei "The Stand-Das letzte Gefecht" den Leser über 1200 Seiten lang durch geschickt gesetzte Cliffhanger gespannt und erwartungsvoll am Lesen zu halten. Kritiker seines Stils sollten bedenken, dass die momentan so gehypten Frank Schätzing oder Dan Brown auch nur massenkompatible Ware anbieten und dass ein John Grisham sich ebenfalls der schlichten Schreibe unterworfen hat und dabei seit Jahren nur noch langweilt (was man von King nicht immer behaupten kann, der kann die Leute wenigstens unterhalten. ). Jaja, ich weiß, ich kaufe Grishams Zeug trotzdem immer wieder - genauso wie jeden neuen Seagal Film. In der Hoffnung auf Besserung. So manche "Begegnung" mit der Kuppel und diverse Kämpfe werden mit blutiger Härte gewürzt, die Action kommt trotz der Länge des Werkes nicht zu kurz und ein gewisses Maß an Sozialkritik ist in die Handlung eingewoben. Da hält er der Gesellschaft schön den Spiegel vor und verschont auch nicht die religiösen Spinner, die Armee und Regierung sowie Politiker ganz allgemein, manches gut in geschickt getimten Nebensätzen versteckt. Operation gelungen, gute Unterhaltung abgeliefert, obwohl statt echtem Horror viel mehr die Thrillerelemente überwiegen die das Böse im Menschen hervorheben, das immer dann zum Ausbruch kommt, wenn sich die Möglichkeit dazu bietet, der Schluß aber nochmal so richtig losgeht. Und als kleines Bonmot hat King noch die Figur des Jack Reacher aus den Romanen von Lee Child ins Spiel gebracht, da Stephen King nach eigenen Angaben die Romane dazu geradezu verschlingt.

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