Samstag, 5. Dezember 2009

Buchreview "Darkness-Wettlauf mit der Zeit"

Douglas Preston/Lincoln Child. In einem tibetischen Kloster will Aloysius Pendergast endlich Frieden finden, doch den Mönchen wird eine Reliquie gestohlen, die in den falschen Händen zu einer gefährlichen Waffe werden kann. Pendergasts Ermittlungen führen ihn nach London und auf das Kreuzfahrtschiff Britannia. Der Dieb ist mit der Reliquie an Bord - und kurz nach dem Auslaufen wird für die ahnungslosen Passagiere aus dem geplanten Luxusurlaub ein wahrer Höllentrip. Den Anfängen der Reihe um Special Agent Pendergast aus der Feder von Lincoln/Child mit den Titeln "Relic" und "Attic" konnte ich noch etwas abgewinnen, doch von Band zu Band entwickelte ich eine immer intensivere Abneigung gegen die Hauptfigur und dessen Mündel. Zu abgehoben seine Auftritte, zu allwissend und heldenhaft seine Schilderung (weiß alles, spricht etliche Sprachen perfekt - nicht nur die simplen wie Englisch, Deutsch, Französisch, Italienisch sondern auch Mandarin, tibetische Dialekte usw., ahnt jeden Schritt des Gegners, ermittelt in Speedtempo ohne Einschränkungen). Ein absoluter Gutmensch und Alleskönner mit perkten Manieren, natürlich gutaussehend und aristokratisch wirkend, mit überwältigender Bildung und schier unmenschlichen Fähigkeiten. Erinnerte mich irgendwie an die von mir ebenfalls wenig geschätzte Figur Tweed aus den Romanen von Colin Forbes, nur noch einen Tick vorteilhafter dargestellt. Ein Mensch ohne Makel oder Schwäche. Dazu noch das gezierte Getue, wenn es um sein Mündel geht und die verquasten Geschichten der letzten Geschichten hielten mich bisher davon ab, mich dem neuen Werk "Darkness" zuzuwenden (im Februar erscheint schon das nächste mit dem Titel "Cult"), so habe ich mich erst zum Kauf der Taschenbuchausgabe entschlossen und diese auch nicht sofort in Angriff genommen. Der Entschluss lag wohl auch im Vollständigkeitswahn begründet, sonst hätte ich es vielleicht ganz sein lassen und mich weiter den Einzelstorys oder den Soloauftritten der Autoren gewidmet. Da ist er nun auf der Jagd nach der tibetischen Reliquie, die aus einem Kloster gestohlen wurde, in welchem er Abstand von der materiellen Welt suchte (natürlich bekommt ein FBI-Agent für solche Unternehmungen alle Zeit der Welt zur Verfügung gestellt - ich sollte mal bei meinem Arbeitgeber nachfragen, ob ich bei vollem Lohnausgleich ein Jahr wegbleiben kann, solange es mir guttut), und die eine Gefahr für die gesamte Menschheit darstellt. Erfreulicherweise hat das Autorenduo die Verfolgung des Diebes - der trotz Klappentextangabe nicht den Weg an Bord der Britannia findet, da zuvor mit einem "indischen Schönheitsmal in Kugelform" aus dem Weg geräumt - und der unheimlichen Macht, welche die Welt von der untragbaren Last der Menschheit befreien will, im Vergleich zu den vorherigen Auswüchsen simpler gestaltet, obwohl einige Passagen enthalten sind, die eher als Füllsel denn als wichtiger Bestandteil zu sehen sind. Dies wird aber durch etliche Cliffhanger an den Kapitelenden vorteilhaft übertüncht, sodass der Lesefluss und das Interesse aufrecht erhalten bleiben. Pendergast ist zwar immer noch DER Mann - aber nicht mehr so überzogen - , und die Handlung wird gemischt mit Mobbing unter der Schiffscrew (eingebildeter Kapitän, zurückgestufter XO usw.), Panik a la Titanic, Jagd nach Falschspielern an Bord des Luxusliners (meines Erachtens überflüssiger Handlungsstrang), Monsterhatz und dem Versuch das Ende der Welt zu verhindern. Irgendwie bleiben die Autoren nicht nur ihrem Stil treu, sondern variieren auch das Grundthema ihres Erstlings "Relic" zum x-ten Mal (als Beispiel nehme man die filmischen "Stirb Langsam"-Klone), dehnen es durch mystische und esoterische Verbalakrobatik auf Länge und schaffen es, mit dieser Mixtur einen akzeptablen (und besseren als die Vorgänger) Thriller zu kreieren, der aufgrund der gschilderten Mängel aber kein absoluter Reißer ist. Kann man sich geben, muss man aber nicht. Fans der Reihe werden da wohl anderer Meinung sein. geschmackssache eben. Ich ziehe weiterhin die Einzelabenteuer oder Soloauftritte der Autoren vor. Von Lincoln Child kommt im Januar "Nullpunkt". Für mich dann wieder ein Pflichtkauf.

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