Sonntag, 22. März 2009

Buchreview "Henkerspiel"

Victor O'Reilly. 1981. Ein Mann wie Carlos. Unbekannt, unerkannt, der Henker genannt. Er tötet nicht aus Idealismus, sondern für Geld. Ob PLO oder IRA, wer bezahlt, in dessen Diensten verrichtet er sein Geschäft. Nun plant er seinen größten und letzten Coup, bevor er sich zur Ruhe setzen will. Doch er macht einen gravierenden Fehler.

Alles beginnt auf Fitzduanes Insel. Ein myteriöser Selbstmord eines Schülers aus dem auf der Insel per Erbverordnung ansässigen Internat für wohlbehütete Zöglinge aus reichem Elternhaus, dessen Folgen und ein altes Ritual - so wird Fitzduane, Ex-Söldner und nun Kriegsberichterstatter, der sich als Eigentümer der Insel und damit auch als Grundbesitzer des Geländes, auf dem das Internat unterhalten wird, für die Vorkommnise auf seiner seit Generationen im Familienbesitz befindlichen Insel verantwortlich fühlt, in die gewalttätigen Ereignisse hineingezogen. Er beginnt in eigener Regie zu ermitteln.
Sein Weg führt ihn in die Heimatstadt des ermordeten Schülers, Bern (CH). Die ansonsten eher betueliche Schweiz und deren Hauptstadt Bern werden plötzlich von einer Spirale der Gewalt, die sich immer schneller dreht, heimgesucht, denn der Henker ist nun dabei, sämtliche Wege, die zu ihm führen könnten, hinter sich zu versperren. Da werden Menschen am hellichten Tage auf Marktplätzen von Kugeln durchsiebt, in der Aare verstümmelte Leichen gefunden und falsche Spuren zu Unbeteiligten gelegt, um die eigene Fährte zu verwischen. Bei der Gelegenheit werden nicht nur Attentate auf Fitzduane, der dem Henker mutmaßlich immer näher kommt, verübt, sondern im Zuge der Ermittlungen auch mal schnell ein Eingang per Panzer in ein verbarrikadiertes und mit Sprengfallen ausgestattetes Haus gerammt, um die dortigen Killer zu eliminieren. Gefangene werden keine gemacht. Danach wird dem Henker der Boden in der Schweiz zu heiß und ermacht sich auf und davon, da es seinen Plan auszuführen gilt. Bis dahin ein sehr guter, flüssiger Thriller, in dem ordentlich die Post abgeht.
Im letzten Drittel des Buches, das sich auf ca. 200 Seiten erstreckt, wird die letzte Konfrontation eingeläutet und die überbietet alles bis dato Gelesene. Im ausklingenden 20. Jahrhundert sieht sich Fitzduane dazu gezwungen, seine alte Inselburg mit den vorhandenen Waffen wie Hellebarden, Säbeln, Armbrüsten, vorsintflutlichen Kanonen sowie einigen wenigen aus seiner Zeit als Söldner illegal gebunkerten automatischen Waffen gegen eine Armee aus nicht ganz 100 Terroristen zu verteidigen, deren eigentliches vorhaben es war, die Schüler des Internats zu entführen, um Lösegeld zur Finanzierung weiterer Operationen gegen ihre jeweiligen Unterdrücker zu erpressen. Allein die Vorstellung dieser Belagerung einer Burg im Jahre 1981 bringt einen schon mal zum Schmunzeln, das aber schnell von der Sapnnung und der Action verdrängt wird. Es werden alle Mittel angewandt, um die Gegenseite mit ihrer modernen Ausrüstung von der Burg bzw. dem Burginneren, wohin die Internatsschüler geflüchtet sind, fern zu halten, was auch bei den Verteidigern etliche Opfer fordert. Ein fantastisches Actionfeuerwerk in Buchform, bei dem keine Wünsche offen bleiben und auch die eingangs erwähnten Ereignisse aufgelöst werden. Und glücklicherweise mal keine islamischen Fundamentalisten, die von einem heldenhaften amerikanischen Übermenschen im Alleingang zur Strecke gebracht werden.
Der Autor hat glücklicherweise auf zu dick aufgetragenen Patriotismus und unbeugsamen Heldenmut verzichtet, die Charaktere nicht zu einseitig ausgearbeitet und als weiteren Pluspunkt eine sehr gute Recherche zu Ländern, Städten und Organisationen erarbeitet, die wirkliche Informationen beinhalten (Waffenrecht der Schweiz, Unterschiede bei Bund, Kantonen und Kommunen aufgezeigt), das Tempo auf über 600 Seiten ständig angezogen und mit seinem auch hin und wieder etwas humorvollen Stil (besonders bezüglich der klischees über Iren und Schweizer) das Werk dauernd auf Betriebstemperatur gehalten, sodass keine Sekunde Langeweile aufkommt. Mittlerweile wird ja mit dem neuen Modebegriff "Pageturner" nur so um sich geworfen. Dieses Buch hätte das Prädikat 100% verdient, aber hier wurde es natürlich nicht verwendet. Ein echter Killer-Thriller. Mehr davon.

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