Sonntag, 15. März 2009

Buchreview "Die Gruft"

F. Paul Wilson. Eigentlich hat Handyman Jack gar keine Zeit, für den Inder Kusuk Bakhti eine geraubte Halskette wiederzubeschaffen. Schließlich muss er sich um das Verschwinden der Tante seiner Freundin kümmern und das ist vielleicht auch die letzte Chance, ihre Beziehung zu retten, denn Gia hält nicht viel von einem Mann, der "Dinge in Ordnung bringt" und sich dabei meist außerhalb des Gesetzes bewegt. Aber dann stellt sich heraus, dass es um vielmehr als nur eine Halskette geht und plötzlich hat es Jack mit einem jahrhundertealten Fluch und einer Brut höllischer Wesen zu tun, die es auf Vicky abgesehen haben: Gias kleine Tochter.

Diese Story war ursprünglich als Konstrukt innerhalb einer anderen Serie gedacht und daher auch mit einem Ende versehen, das Handyman Jack (im Original Repairman Jack) seinem Tod entgegensehen lässt. Doch Erfolg und Fanproteste nötigten den Autor fast, die Story um Jack fortzusetzen, sodass er den Roman umschrieb und als Reihenbeginn wieder auflegen ließ, sowie er einige dann unverständliche Passagen, die zur früheren Fassung zwar nötig waren, hier aber nun nur für Verwirrung gesorgt hätten, gestrichen hat. Ich selbst habe auch nicht direkt dieses Buch lesen können (damals noch out of print), sondern begann mit einer anderen Story um Jack, die mich aber so faszinierte, dass ich alles Verfügbare über diese Figur nachkaufte und mittlerweile die 10 ins Deutsche transferierten Bücher alle mein Eigen nennen kann.
Da dieses Werk ehemals als "Stand-Alone" gedacht war, wurden auch die zwischenmenschlichen Probleme Jacks mit seiner Freundin, die nicht nur seinen Lebensstil ja so gar nicht zu schätzen wusste, sondern auch sein Geheimnis entdeckte, dass er außerhalb jeglichen Rasters lebt, thematisiert. Unser Held hat sich nämlich gesagt, dass in Zeiten der ständigen Überwachung ein kleines bißchen Paranoia gar nicht so übel sei und besitzt aus diesem Grunde auch keinen (regulären) Ausweis, ebensowenig wie Führerschein oder Sozialversicherungsnummer oder gar ein Bankkonto - jedenfalls keine echten Dokumente. Natürlich darf er dabei keinesfalls in allzu nahen Kontakt mit irgendwelchen Behörden kommen. Doch er hat auch überall Hilfe von Personen, denen er früher einmal etwas "repariert" hat. Trotzdem ist er dadurch irgendwie ein Phantom, das vor allen Dingen keine Steuern zahlt, aber nicht unbeträchtliche Honorare von seinen Kunden in cash (Bankkonto fehlt ja) einzieht.
Diese Fälle wie den hier vorliegenden mit der Halskette, die eine Bedeutung erhält, die anfangs niemand ahnt und die auf seine Freundin und deren Familie nicht unerheblichen Einfluss haben wird, löst er immer am Rande der Legalität und kann dann seiner manchmal ungezügelten Wut freien Lauf lassen, da die Gegner den Weg zur Polizei eher scheuen. Wie hier auch reichen seine Fälle in den Bereich des Mystischen, aber auch ins Horrorgenre hinein - gemischt mit Crime, Action und einer guten Prise trockenen Humors. Man lernt in diesem Erstlingswerk um den späteren Serienhelden die Figur näher kennen, die dann in folgenden Büchern weitere ungewöhnliche Aufgaben und Abenteuer zu überstehen hat, wie er seine Aufträge an Land zieht, wo er seine Arrangements mit den Kunden trifft, seinen Waffenlieferanten und seine Methoden, den Behörden ein Schnippchen zu schlagen.
Bei "Die Gruft" haben wir es nun mit einer Version mit Horrorelementen zu tun, da Jack eine Bande durch Beschwörungszeremonien wiedererweckter Monster, die auch noch seine Freundin und ihre kleine Tochter bedrohen, in die Schranken weisen muss. Wie er dies tut, ist spektakulär und spätestens ab diesem Teil des Buches wird der Humoranteil merklich zurückgeschraubt und es geht härter zur Sache. Unheimliche Ereignisse, vermeintliche Albträume und brutale Kampfsequenzen wechseln sich ab, bis der Fall gelöst ist. Was nun wirklich dahinter steckt und wer die Drahtzieher sind, wird hier natürlich nicht verraten, aber dass alles einen Einfluss auf die künftigen Geschichten haben wird, sei schon erlaubt.
Die Figur des Handyman Jack wird einem schnell sympathisch, was wohl am flüssigen und humorigen Schreibstil des Autors liegen mag, aber auch an den Charaktereigenschaften, die dieser seinem Helden mit auf den Weg gegeben hat sowie vielen Weggefährten, wie sie skurriler nicht sein könnten. Dadurch, dass der Leser nie weiß, was ihn nun bei einem neuen Handyman Jack erwartet, ist das Interesse von Beginn an groß, ob es nun eine Detektivstory wird oder ob Horrorelemente sich mit Mystik mischen und die Jack zu unkonventionellem Handeln zwingen, wenn er Geisterbeschwörer mit ihren eigenen Waffen schlägt, nur um dann höchstselbst eine Überraschung zu erleben. All dies liest sich so zügig, dass man durchaus die Zeit vergessen kann. Es werden zwar keine Splatterorgien abgefeiert, doch als sanftes Lüftchen im Horrorsturm kann man F. Paul Wilsons Werke nun auch nicht deklarieren. Eine etwas andere Reihe im Sammelbecken der Horror- und Spannungsliteratur, die gerade deswegen - und wegen ihrer Hauptfigur - so ungemein lesenswert ist und deshalb von mir uneingeschränkt empfohlen werden kann. Zum besseren Verständnis sollte der geneigte Leser mit diesem Buch beginnen, wenn er sich mit der Welt des Repairman Jack anfreunden will und dann mit den Kurzgeschichten in dem Buch "Handyman Jack" fortfahren. Da sich durch alle Geschichten so etwas wie ein roter Faden zieht, wäre auch darauf zu achten, dass man die anderen Werke in Reihenfolge ihres Erscheinens liest. Ich habe es (mit Ausnahme von "Die Gruft" und "Handyman Jack", die erst nach meinem Kennenlernen der Romane wieder auf deutsch erschienen sind) so gehandhabt und bin es äußerst zufrieden. Schnell, schräg, actionreich, fesselnd, faszinierend und humorvoll. Vom Feinsten.
Unterdessen haben sich wohl anscheinend die deutschen Verlage entschlossen, Wilson zu boykottieren (ob es nun an Honorarforderungen liegt oder aus anderen Gründen geschieht, entzieht sich meiner Kenntnis), denn mittlerweile hat der Autor in den USA 4 weitere Bücher um seinen sympathischen Helden sowie eine neue Reihe um "Young Handyman Jack" vorgelegt, die bis dato nicht unsere Sphären erreicht haben (leider sind meine Englischkenntnisee eher marginal). Nachfragen bei den Verlagen erbrachten nur die lapidare Antwort, auf ihre Homepages zu achten, da weiteres nicht bekannt sei. Als ob ich das nicht getan hätte, hab ja das dortige Kontaktformular genutzt. Ach ja, der liebe Dienst am Kunden. Enttäuschend das Alles. Aber ich habe ja die bisherigen 10 Bücher, zu denen ich immer wieder einmal greifen kann.

Keine Kommentare: